Duncans Lady
hat Jamies Geschichte gehört. In Perthshire scheint es eine Legende zu geben, die von einem Geist wie dem unseren handelt. Ein hübsches Mädel mit wehenden Haaren und grüner Kleidung, das die Menschen vor drohender Gefahr warnt. Sie nennen sie My Lady Greensleeves. Jetzt behaupten manche aus dem Ort, die Lady sei umgezogen.“
Duncan schaute zu, wie April mit Primrose und Poppy herumtobte. Noch nie hatte es Hunde gegeben, die ihre Namen weniger verdient hätten. Schlüsselblumen und Mohnblumen waren sie nun wirklich nicht, und die Namen wirkten einfach nur lächerlich. Alle drei Welpen waren mausbraun und sahen aus wie der erste Versuch eines Bäckers, einen ordentlichen Laib Brot hinzubekommen. April hatte die Namen für alle drei ausgesucht. Iains Hund hatte sie auf den Namen Hollyhock, Herbstrose, getauft. Andrew hatte sein Schicksal mit großer Nachsicht akzeptiert, aber Duncan fürchtete, dass Hollyhock eines Tages praktischerweise im See verschwinden würde. Selbst Primrose, Aprils Welpe, hatte den Anstand, verärgert auszusehen, wann immer jemand seinen Namen rief.
April warf sich der Länge nach auf den schmalen Strand des Loch Ceo und wurde von den Höllenhunden abgeschleckt. Sie quietschte glücklich, und Duncan wandte seine Aufmerksamkeit wieder Andrew zu. „Aber das meinen die doch nicht ernst mit dieser Geistergeschichte, oder? Jamie Gordon hatte an dem Abend zu viel getrunken, genau wie sein Bruder. Das geben beide offen zu. Sicherlich schenkt niemand dem albernen Geschwätz von zwei besoffenen Kerlen Glauben.“
„Es gibt noch andere Geschichten. Es fing vor etwa zwei Jahren an, lange bevor du zurückgekommen bist. Und Jamies Geschichte erinnert mich ein bisschen an die Lichter, die du an dem Abend gesehen hast, als du beinahe mit dem LKW zusammengestoßen wärst“, sagte Andrew. „Du hast doch auch eine Frau gesehen, oder zumindest etwas, das aussah wie eine Frau.“
„Etwas zu sehen, das aussieht wie eine Frau ist etwas ganz anderes, als zu behaupten, einen Geist gesehen zu haben.“ Duncan blickte an April und den Hunden vorbei auf den See. „Aber ein Mann, der an Ungeheuer in Seen glaubt, ist natürlich schwer zu überzeugen.“
„Ich bin für vieles offen, das stimmt. Ich mache nicht den Fehler zu glauben, ich wüsste alles.“
„Das tue ich auch nicht. Aber einige Dinge weiß ich sicher. Wie zum Beispiel, dass es keine Geister und Ungeheuer gibt.“
„Manche Leute sagen, dass der Geist das erste Mal aufgetaucht sei, kurz nachdem Mara das Stückchen Land von Iain gekauft hat. Und davor hat sie in Perthshire gewohnt.“
Duncan hatte Mara in den letzten Wochen immer nur kurz gesehen. Sie hatte ihn gebeten, ihr Zeit zu lassen, und er wollte sie nicht drängen. Aber er vermisste sie stärker, als ihm lieb war. Gestern hatte er sie gesehen, wie sie zu Cameron’s gegangen war. Also hatte er rasch eine Einkaufsliste zusammengestellt, nur damit er ein paar Minuten mit ihr zusammen sein konnte. Sie hatte seine Einladung zu einem Drink im Hotel abgelehnt, aber sie hatte ihm vorgeschlagen, sie heute mit April zusammen zu besuchen. Sobald April keine Lust mehr hatte, mit Poppy zu spielen, würden sie zu ihr hochfahren.
„Aber sie sagen doch nicht, dass Mara irgendetwas mit diesen Geistererscheinungen zu tun hat, oder?“, fragte er. „Merken sie denn nicht, dass das alles nur Zufälle sind?“
„Es gibt sogar manche, die sagen, Mara sei der Geist.“
„Ich fahre sofort zum Hotel und packe meine Sachen.“
„Sie sagen es wohlwollend, Dunc. Aber es ist nicht gerade hilfreich, dass Mara sich auf ihrem Croft versteckt und sich von den Leuten im Dorf fernhält. Sie misstrauen ihr. Das Wohlwollen könnte rasch ins Gegenteil umschlagen.“
„Weißt du, warum Mara sich so von den Menschen fernhält?“
„Aye. Aber soll ich das den Leuten in Druidheachd erzählen? Dass sie kein Geist ist, sondern nur eine Seherin?“
„Meiner Meinung nach ist sie keines von beiden.“
„Und was hat es dann mit ihren Visionen auf sich?“
Da Duncan es nicht wusste, konnte er auch keine Antwort geben. „Ich sehe sie heute noch und werde ihr erzählen, was man sich über sie erzählt. Und ich werde mir etwas überlegen, wie man das Misstrauen zerstreuen kann.“
Als er die kurvenreiche Straße zu Maras Cottage hochfuhr, dachte Duncan über Andrews Warnung nach – denn genau das war es gewesen. Sie lebten im einundzwanzigsten Jahrhundert, und selbst die Menschen in Druidheachd konnten diese
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