Duncans Lady
dem Hotel einbog. „Ich weiß nicht, was ich glauben soll“, sagte er, als er den Motor ausmachte. „Aber ich kann dir versichern, dass ich dich nicht für verrückt halte. Und ich glaube auch nicht, dass du dir irgendetwas ausdenkst. Du hast den Kindern auf dem Johnsman-Fest das Leben gerettet, weil du etwas wahrgenommen hat, das der Rest von uns überhaupt nicht bemerkt hat. Ich wäre verrückt, nicht du, wenn ich das nicht erkennen würde. Wenn du mir jetzt also erzählst, dass es für dich im Krankenhaus schwer auszuhalten war, weil du irgendwelche Schwingungen gespürt hast oder Visionen hattest oder was auch immer, dann glaube ich dir. Ich verstehe es nicht, aber ich glaube dir.“
„Duncan …“
Er umfasste ihr Kinn und drehte ihr Gesicht zu sich. Ihre Augen waren feucht. „Ich glaube an dich.“
Er fügte nicht hinzu, dass er begann, an sie beide zu glauben. An sie zusammen, in den Armen des anderen. Daran, dass sie einander Lust und Freude schenken könnten. Er glaubte es seit dem Moment, in dem er festgestellt hatte, dass er sie nicht für immer verloren hatte.
Er berührte ihre Lippen mit dem Daumen und streichelte sie sanft. „Und jetzt ist es wohl besser, hineinzugehen, damit April sich mit eigenen Augen davon überzeugen kann, dass es dir gut geht.“
Sie lächelte. Etwas, was verdächtig nach Hoffnung aussah, schimmerte in ihren Augen auf. Er spürte es tief in seinem Inneren.
Mara war noch nie untätig gewesen, in ihrem ganzen Leben nicht. Genau zwei Stunden lang ließ sie zu, dass Duncan, Frances und April einen Riesenwirbel um sie veranstalteten. Doch sobald sie sie allein ließen, damit sie sich ausruhen konnten, streifte sie im Hotel herum.
Rasch fand sie das Zimmer, in dem Duncans Schwester durch das Feuer schwer verletzt worden war. Sie konnte die Vergangenheit nicht deutlich erkennen – nicht annähernd so klar, wie sie manchmal die Zukunft sah – aber sie spürte die Reste einer tiefen Traurigkeit. Wahre Tragödien hallten jahrhundertelang an den Orten wider, an denen sie sich zugetragen hatten. Je tragischer ein Ereignis, desto deutlicher spürte sie den Nachhall.
Ihr Zimmer in dem kleinen Krankenhaus hatte sie fast bis zur Grenze des Ertragbaren bedrückt. Zuerst hatte sie versucht, diese Eindrücke auszublenden. Sie sagte sich, dass natürlich Menschen hier gestorben waren, aber dass der Tod so selbstverständlich war wie das Leben und dass es keinen Grund für sie gab, sich deswegen zu beunruhigen. Trotzdem hatte sie nur wenig geschlafen, und als ihr Aufenthalt sich dem Ende näherte, konnte sie ihr eigenes Leiden nicht länger ignorieren. Etwas Traurigeres als der Tod hatte sich im selben Bett ereignet, in dem sie schlief. Es war noch nicht lange her, doch weder Jeanne noch Angus Sutherland hatten es bemerkt.
Sie war auf beinahe hysterische Weise dankbar gewesen, als sie endlich gehen konnte.
Ihr Eindruck von dem Raum, in dem Fiona fast verbrannt war, war sehr viel klarer. Als sie in der Tür stand, spürte sie Angst und entsetzlichen Schmerz. Die Tür stand weit offen, damit Sally das Zimmer später reinigen konnte, und als sie über die Schwelle schritt, konnte sie fast die Schreie eines Kindes hören. Sie drehte sich um und stand vor Duncan.
„Du solltest im Bett liegen“, sagte er.
„Ich habe schon viel zu lange im Bett gelegen.“ Aber noch als sie die Worte aussprach, wusste sie, dass er recht hatte. Mit einem Mal fühlte sie sich erschöpft.
„Warum bist du ausgerechnet hierher gekommen?“
„Ich habe mich nur etwas umgesehen.“
„Das war mein Zimmer, als ich klein war.“
„Ich weiß.“
Fragend legte er den Kopf schräg. Sie hob die Schultern.
„Soll ich dich ins Bett zurückbringen?“
„Aye.“ Sie war steif vor Anspannung. Sie konnte immer noch das Kind schreien hören.
Er runzelte die Stirn. „Soll ich dich tragen?“
„Natürlich nicht!“ Sie hatte den Satz kaum zu Ende gebracht, als er sie hochhob und mit ihr über den Flur ging. „Duncan, man wird im Dorf über uns reden. Setz mich ab!“
„Sei nicht albern. Im Dorf reden sie ohnehin schon über uns.“
Die Gefühle verschwanden, je weiter sie sich von dem Raum entfernten. „Du hast eine kleine Tochter, die sich wundern wird, wenn sie das hier sieht.“
„Meine kleine Tochter ist bei Jessie und spielt mit Lolly.“
Duncan bog in den Korridor ab, in dem Maras Zimmer lag. Er stieß die Tür mit dem Knie auf und ging auf ihr Bett zu. Dann beugte er sich vor und legte sie
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