Duncans Lady
warmherzige, humorvolle Rentnerin, die jeden Mittwoch und Samstag zum Tee ins Hotel kam, kein Jahr mehr zu leben hatte. Er lernte zu erkennen, wann sie von ihren Visionen überwältigt wurde, ebenso wie er lernte, ihr dabei zu helfen, solche Momente zu vermeiden. Er hatte ruhige Plätzchen für sie gefunden, an die sie sich zurückziehen konnte, und ging oft gemeinsam mit ihr dorthin. Er fuhr sie jeden Abend zu ihrem Cottage hoch, damit sie sich mit eigenen Augen davon überzeugen konnte, dass alles in Ordnung war.
Und er hatte sie noch nie um etwas gebeten, das sie ihm nicht geben konnte.
Das änderte sich an dem Freitagnachmittag, der ihr letzter im Hotel werden sollte. Ihr Arm lag nicht länger in der Schlinge, aber er war immer noch schmerzempfindlich. Sie hatte begonnen, den Arm wieder öfter zu benutzen. Gelegentlich hatte sie noch Kopfschmerzen, aber sie wurden langsam schwächer. Wie der Zufall es wollte, war sie gerade wiederhergestellt, als Nancys Mann aus London zurückkam. Ab nächster Woche würde Nancy auch die Nachmittagsschichten wieder übernehmen können.
„Ich wollte gerade gehen“, sagte Nancy, als Mara nach dem Mittagessen kam, um sie abzulösen. „Aber vorher muss ich dir noch etwas sagen.“ Sie senkte verschwörerisch die Stimme. Während der letzten zwei Wochen hatten sich Nancys Gefühle von zögerlicher Dankbarkeit in aufrichtige Zuneigung verwandelt. „Aprils Mum hat heute morgen angerufen. Sie versuchte mich zu überreden, sie mit April zu verbinden, aber natürlich habe ich es nicht getan. Ich habe strikte Anweisung, sie zu Mr. Sinclair durchzustellen, wenn sie anruft.“
Mara kannte diese Anweisung. Nancy hatte sie an jenem Morgen, als sie Mara alles erklärte, mehrmals darauf hingewiesen.
„Sie wird noch einmal anrufen“, fuhr Nancy fort. „Mr. Sinclair war heute Morgen nicht im Haus. Und wenn sie eine fremde Stimme am Telefon hört, wird sie dich bitten, sie mit April zu verbinden. Das garantiere ich dir.“
Mara fröstelte plötzlich. „Danke für die Warnung.“
Nancy plapperte weiter. Ihrer Großmutter ging es wieder besser. Mara sollte einmal vorbeikommen und ihren Harry kennenlernen, jetzt, wo er wieder zu Hause war. Ob Mara glaubte, dass Mr. Sinclair ihr gestatten würde, die Lobby umzugestalten?
Mara gab die richtigen Antworten, aber in Gedanken war sie immer noch bei Lisa. Nachdem Nancy gegangen war, setzte sie sich hinter den Schreibtisch und beendete den Papierkram, zu dem Nancy nicht gekommen war, aber ihre Sorge wuchs. Als um halb drei das Telefon klingelte, wusste sie bereits, wer auf der anderen Seite des Atlantiks ungeduldig wartete.
Sie nahm den Hörer auf. „Hier ist das Sinclair Hotel. Was kann ich für Sie tun?“
Es gab eine kurze Pause. „Entschuldigen Sie! Sagten Sie, das sei das Sinclair Hotel?“
„Das ist richtig. Womit kann ich Ihnen dienen?“
„Äh … ja. Ich würde gerne mit April Sinclair sprechen, wenn sie da ist. Ich bin … eine Freundin der Familie. Aus den Vereinigten Staaten.“
Mara wusste, dass Duncan wieder zurück war. Sie hatte mit ihm zusammen zu Mittag gegessen. Im dämmrigen Korridor hatten sie ein paar hastige Küsse getauscht und einander mehr versprochen. Jetzt war er in seinem Büro, und April spielte mit Primrose im Garten, den Mara von ihrem Zimmer aus sehen konnte.
„Hallo?“ Lisa klang verwirrt, weil sie keine Antwort bekam.
„Ich werde Sie verbinden. Es wird einen Moment dauern, weil sie draußen ist. Bitte legen Sie nicht auf.“
„Ganz bestimmt nicht, das verspreche ich Ihnen.“
Tränen füllten Maras Augen, aber sie wusste nicht genau, wem sie galten. Sie legte den Anruf in die Warteschleife und ging in den Flur, der zu ihrem Zimmer führte. Sie winkte April herein, und als das Mädchen im Zimmer war, schloss sie die Tür. „Da ist ein Anruf für dich. Von jemandem, von dem ich weiß, dass du mit ihr reden willst. Telefonier von hier aus mit ihr, April“, sagte Mara. „Leg einfach auf, wenn du fertig bist. Und dann kommst du zu mir. Ich bin vorne an der Rezeption.“
Als April durch die Lobby gerannt kam, hatte Angst ihre Tränen verdrängt. Mara breitete die Arme aus, und April warf sich hinein. Mara hielt das kleine Mädchen fest an sich gedrückt.
„Das war meine Mommy!“
„Ich weiß, Liebes.“
„Sie wollte mit mir sprechen!“
„Natürlich wollte sie das.“
„Sie sagt, dass sie mich vermisst.“
„Natürlich tut sie das.“ Mara wiegte sie auf dem Stuhl hin und her. „Ich
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