Dune 01: Der Wüstenplanet
mondbeschienenes Tal.
Paul sagte überrascht: »Welch ein herrlicher Ort.«
Jessica, die einen Schritt hinter ihm stand, nickte in stummer Übereinkunft.
Angesichts der Schwäche, die sich in ihren Körpern ausbreitete, und der Muskelschmerzen, die ihnen zu schaffen machten, erfüllte das Tal sie mit einem tiefen Gefühl der Ruhe und Rast.
»Es ist wie ein Märchenland«, flüsterte Paul.
Jessica nickte.
Direkt vor ihnen breitete sich eine große Ansammlung von Wüstengewächsen aus: Büsche, Kakteen und Gewächse, die kleine Äste in den Himmel reckten. Der Wall, der all dies umgab, war dunkel zu ihrer Linken, während seine rechte Seite vom Mondlicht überschüttet wurde.
»Es muß sich um einen Platz der Fremen handeln«, vermutete Paul.
»Es erfordert eine Menge Leute, diese Pflanzen am Leben zu erhalten«, nickte Jessica. Sie griff nach dem Wasserschlauch und gestattete sich einen tiefen Schluck. Warme Feuchtigkeit glitt ihre Kehle hinab, und sie stellte fest, daß es sie wirklich erfrischte.
Eine Bewegung zu ihrer Rechten zog Pauls Aufmerksamkeit an. Irgend etwas huschte dort über den Boden, eilte zwischen den Büschen dahin und erzeugte dabei leise Geräusche.
»Springmäuse«, flüsterte er.
Hopp, hopp, hopp, ging es. Hin und her.
Vor ihren Augen glitt etwas Dunkles aus der Luft heran und stürzte sich nieder. Ein feines Fiepen erklang, dann war das Rascheln schlagender Schwingen zu hören. Ein geisterhaft aussehender, grauer Vogel erhob sich in die Luft und schoß über das Tal hinweg. In seinen Klauen trug er einen unkenntlichen kleinen Körper.
Gut, daß er uns daran erinnert, dachte Jessica, daß wir nicht in einem Paradies leben.
Paul, der immer noch die sie umgebende Landschaft anstarrte, nahm einen tiefen Atemzug und sagte: »Wir sollten uns einen Platz suchen, an dem wir unser Zelt aufschlagen können. Morgen können wir dann versuchen, mit den Fremen Kontakt aufzunehmen, die ...«
»Die meisten Eindringlinge vermeiden es allerdings, den Fremen zu begegnen!«
Es war eine tiefe Männerstimme, die die Nacht durchdrang und diese Worte sprach. Sie kam von rechts aus den Felsen.
»Lauft bitte nicht weg, Eindringlinge«, fuhr die Stimme fort, als Paul einen Schritt rückwärts tat. »Damit vergeudet ihr nur eure Körperflüssigkeit.«
Sie wollen uns wegen des Wassers in unseren Körpern! durchfuhr es Jessica entsetzt. Ihre Muskelschwäche war sofort vergessen, als sich ihre Kräfte konzentrierten. Sie versuchte den Standort des Mannes auszumachen und dachte: Wie leise er sich genähert hat! Ich habe überhaupt nichts gehört! Und sie erkannte, daß der Fremen alle auffälligen Geräusche vermieden hatte, so daß seine Annäherung in den natürlichen der nächtlichen Umgebung untergegangen war.
Eine andere, diesmal von links kommende Stimme sagte: »Mach es schnell, Stil. Nimm ihr Wasser und dann gehen wir weiter. Bis zum Tagesanbruch haben wir nicht mehr viel Zeit.«
Paul, der weniger konditioniert war als seine Mutter, registrierte, daß er drauf und dran war zu fliehen; daß er wie gelähmt dastand und gegen eine plötzliche Panik anzukämpfen hatte. Er zwang sich dazu, die Verhaltensweisen auszuführen, die sie ihn einst gelehrt hatte: die Muskulatur zu entkrampfen, die Situation zu entwirren, in der er sich befand, und schließlich alle Kräfte auf den Gegner zu konzentrieren.
Aber immer noch war Furcht in ihm. Und er wußte auch, worauf sie zurückzuführen war. Hier war jene dunkle Stelle der Zukunft, die er noch nie gesehen hatte ... und sie waren umgeben von wilden Fremen, für die nichts anderes an ihnen von Interesse war als das Wasser ihrer ungeschützten Körper.
8
Die religiöse Adaption der Fremen ist der Ursprung dessen, was wir jetzt als ›die Säulen des Universums‹ erkennen, deren Qizara Tafwid mit all ihren Zeichen, Prüfungen und Prophezeiungen unter uns sind. Und sie sind es, die uns die mystische, arrakisische Verbindung nahebringen, deren profunde Schönheit sich mit der ergreifenden Musik, die aus einer Synthese aus alten Formen und dem Neuen Erwachen besteht, ausdrückt. Wer hat des ›Alten Mannes Lied‹ noch nicht gehört, ohne davon tief bewegt zu werden?
Meine Füße bewegten den Wüstensand,
Am Horizont verheißendes Spiegeln.
Begierig nach Ruhm, der Gefahr wohl bewußt,
Durchstreifte ich das Land al-Kulab.
Behielt im Auge die unendlichen Berge,
Die suchten nach mir und hungerten.
Die Sperlinge kamen ganz plötzlich heran,
Mutiger als der
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