Dune 01: Der Wüstenplanet
Türen vorbei, bogen in einen Weg ein, der von Leuchtgloben beschienen wurde. Die Felswände waren ebenso wie die Decke in diesem Licht von gelber Farbe.
Paul sah, daß die Fremen um ihn herum die Kapuzen zurückzogen, die Nasenfilter entfernten und tief einatmeten. Jemand seufzte. Paul suchte Chani und fand sie links von sich. Er fühlte sich eingeengt von robenbekleideten Körpern, wurde angerempelt und hörte, wie jemand sagte: »Tut mir leid, Usul. Dieses Gedränge! Aber so ist es immer.«
Zu seiner Linken tauchte jetzt der Mann mit dem Namen Farok auf. Die geschwärzten Augenhöhlen und die tiefblauen Augen wirkten im Schein dieses Lichts noch unergründlicher. »Nimm die Kapuze ab, Usul«, sagte Farok. »Du bist jetzt zu Hause.« Er half Paul, indem er dafür sorgte, daß, die anderen ein wenig Platz machten.
Paul schob den Gesichtsschleier beiseite und entfernte die Filterstopfen aus der Nase. Der Gestank, der hier herrschte, warf ihn beinahe um: ungewaschene Körper, wiederverwertete Fäkalien und Urin; überall herrschte der Geruch konzentrierter menschlicher Ausdünstung vor und der charakteristische Duft, der auf dem Verzehr von Gewürz und gewürzähnlichen Substanzen basierte.
»Worauf warten wir, Farok?« fragte Paul.
»Auf die Ehrwürdige Mutter, glaube ich. Du hast die Nachricht gehört. Arme Chani.«
Arme Chani? fragte Paul sich. Er schaute sich um und suchte sie mit seinen Blicken. Aber nicht nur Chani, sondern auch seine Mutter war nirgendwo in diesem Gedränge zu erkennen.
Farok atmete tief ein. »Hier riecht es endlich wieder nach Zuhause«, sagte er.
Paul registrierte, daß in den Worten des Mannes nicht die kleinste Ironie mitschwang. Er meinte es ehrlich. Dann hörte er seine Mutter husten und sagen: »Wie reich die Düfte eures Sietchs sind, Stilgar. Ich stelle fest, daß ihr sehr viel mit Gewürz arbeitet ... ihr stellt Papier her ... Plastikerzeugnisse ... und sind das nicht auch chemische Sprengstoffe?«
»Erkennst du das alles anhand der Gerüche?« fragte einer der Männer erstaunt.
Und Paul verstand, daß sie nur deshalb so laut sprach, damit er sich so rasch wie möglich an diesen Gestank gewöhnte.
Die Fremen an der Spitze der Truppe begannen sich nervös zu bewegen. Paul hörte, wie die Männer aufgeregt die Luft ausstießen. Flüsternde Stimmen sorgten dafür, daß sich eine bestimmte Meldung rasch weiterverbreitete: »Es ist also wahr – Liet ist tot.«
Liet, dachte Paul. Und dann: Chani, die Tochter Liets. Er konnte jetzt zwei und zwei zusammenzählen. Liet war der fremenitische Name des Planetologen gewesen.
Er schaute Farok an und fragte: »Ist es der Liet, der auch als Kynes bekannt war?«
»Es gibt nur einen Liet«, erwiderte Farok.
Paul drehte sich um und starrte die Rücken der Fremen an, die vor ihm standen. Dann ist Liet-Kynes tot, dachte er.
»Es geschah durch einen Verrat der Harkonnens«, zischte eine Stimme. »Sie haben so getan, als sei er bei einem Unfall umgekommen ... verlorengegangen in der Wüste ... bei einem Thopter-Absturz ...«
Paul spürte, wie die Wut in ihm hochstieg. Der Mann, der ihm in Freundschaft zugetan gewesen war, der geholfen hatte, sie vor den Schergen der Harkonnens zu bewahren, der seine Leute ausgeschickt hatte, um nach zwei einsamen Flüchtlingen in der Wüste Ausschau zu halten. Nun war auch er zu einem Harkonnen-Opfer geworden.
»Dürstet Usul nach Rache?« fragte Farok.
Bevor Paul ihm eine Antwort geben konnte, ertönte ein leiser Ruf, die Truppe bewegte sich voran in eine größere Kammer und zog ihn mit sich. Er sah sich plötzlich Stilgar gegenüber, neben dem eine fremde Frau stand. Sie war mit einem bunten Wickelkleid bekleidet, und ihre Arme waren unbedeckt. Sie trug keinen Destillanzug. Die Hautfarbe der Frau erinnerte an Oliven. Dunkles Haar fiel ihr in die Stirn. Sie hatte hervorstehende Backenknochen und tiefblaue Augen.
Die Frau drehte sich herum. Goldene Ohrringe, an denen Wasserringe baumelten, bewegten sich. Sie schaute Paul an und sagte:
» Der da soll meinen Jamis bezwungen haben?«
»Schweig still, Harah«, gab Stilgar zurück. »Es war Jamis' eigene Schuld. Er hat die Tahaddi-al-Burhan ausgesprochen.«
»Aber er ist nicht mehr als ein Junge!« erwiderte die Frau. Sie schüttelte ungläubig den Kopf und brachte die Wasserringe zum Klingeln. »Soll das heißen, daß meine Kinder vaterlos wurden durch ein anderes Kind? Es kann nur ein Zufall gewesen sein!«
»Usul, wie alt bist du?« fragte
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