Dune 01: Der Wüstenplanet
seinen Fremen-Leibwächter, zurückzubleiben. Er näherte sich dem Eingang des Gebäudes, ein finsteres Loch, das wie in einen Felsen hineingeschnitten wirkte. Und dennoch ist dieses monolithische Ding verwundbar. Und weniger geeignet als eine richtige Höhle.
Bewegungen innerhalb des Eingangs erweckten seine Aufmerksamkeit. Er blieb stehen und benutzte die Pause dazu, seine Robe zurechtzuziehen, die den Destillanzug verdeckte.
Die Eingangstür schwang auf. Die Wachen der Atreides erschienen vor ihm, alle schwer bewaffnet. Kynes sah Lähmer, Schwerter und Schilde. Hinter ihnen tauchte ein hochgewachsener Mann mit einem Raubvogelgesicht auf. Er war dunkelhäutig und schwarzhaarig. Die Art, wie er den Djubba-Umhang mit dem Signum der Atreides trug, wies deutlich darauf hin, daß er Kleidung dieser Machart nicht zu tragen gewohnt war. An einer Seite hatte der Umhang sich mit dem Destillanzug verfangen und verhinderte so, daß er frei schwingen konnte.
Neben dem Mann ging ein Junge mit der gleichen Haarfarbe, aber einem rundlicheren Gesicht. Für sein Alter sah er ziemlich klein aus. Trotzdem erweckte seine Haltung in Kynes den Eindruck, als höre und sehe der Junge mehr Dinge als all die anderen um ihn herum. Er trug die gleiche Kleidung wie sein Vater, allerdings mit einer lässigen Eleganz, als habe er sie seit Ewigkeiten getragen.
»Der Mahdi wird erkennen, was die anderen nicht sehen«, lautete die Prophezeiung.
Kynes schüttelte den Kopf und dachte: Sie sind genauso gewöhnliche Menschen wie wir alle.
Mit ihnen kam ein Mann, der ebenfalls darauf vorbereitet zu sein schien, in die Wüste zu gehen. Kynes erkannte in ihm Gurney Halleck. Er atmete tief ein und versuchte die Ressentiments gegen den Mann, der ihn angewiesen hatte, wie er sich in Gegenwart des Herzogs und seines Erben zu verhalten hatte, nicht offensichtlich werden zu lassen.
»Sie dürfen den Herzog mit ›Mylord‹ oder ›Sire‹ anreden. Es wäre ebenfalls richtig, wenn Sie mit ihm als einem ›Hochwohlgeborenen‹ sprechen, obwohl dies meist eine Anrede ist, die man nur bei hochoffiziellen Anlässen verwendet. Für seinen Sohn gelten die Anreden ›junger Herr‹ oder auch ›Mylord‹. Der Herzog legt an sich keinen sehr großen Wert auf diese Formalismen, aber ist ebenso gegen plumpe Vertraulichkeiten.«
Und als die Gruppe auf ihn zukam, dachte Kynes: Sie werden noch früh genug herausbekommen, wer wirklich auf Arrakis herrscht. Dieser Mentat wird mich die halbe Nacht lang verhören. Und sie bilden sich ein, mich dazu zu kriegen, auf Arrakis ihren Führer zu spielen und ihnen die Kunst der Gewürzgewinnung zu veranschaulichen.
Kynes hatte recht bald gemerkt, auf was Hawats Fragen abzielten. Sie wollten an die kaiserlichen Stützpunkte heran. Und es stand ganz außer Frage, daß sie durch Idaho von ihrer Existenz erfahren hatten.
Ich werde Stilgar veranlassen, diesem Herzog Idahos Kopf zu schicken, nahm er sich vor.
Der Herzog und seine Begleiter waren nun nur noch wenige Schritte von ihm entfernt. Kynes sah, daß sie schwere Wüstenstiefel trugen, unter denen der Sand knirschte.
Er verbeugte sich. »Mylord?«
Während sie sich dem wartenden Ornithopter genähert hatten, hatte Leto den Mann eingehend betrachtet: Kynes war groß, mager, trug wüstenfeste Kleidung unter der Robe – einen Destillanzug und hohe Stiefel. Er hatte die Kapuze zurückgezogen und zeigte das sandfarbene Haar und einen schütteren Bart. Seine Augen waren Blau in Blau, seine Brauen stark. Die Rückstände einer dunklen Schminke bedeckten noch sein Gesicht.
»Sie sind der Ökologe«, stellte der Herzog fest.
»Wir bevorzugen den alten Titel, Mylord«, erwiderte Kynes. »Planetologe.«
»Wie Sie wünschen«, sagte der Herzog und sah auf Paul hinunter. »Dies, mein Sohn, ist der Schiedsmann, der Streitschlichter, der Mann, dessen Aufgabe es ist, darüber zu wachen, daß die Formen gewahrt werden und wir auf unserem Lehen nicht die Bestimmungen verletzen.« Er schaute Kynes an. »Und dies ist mein Sohn.«
»Mylord«, nickte Kynes.
»Sie sind ein Fremen?« fragte Paul.
Kynes lächelte. »Ich bin im Dorf und im Sietch gleichermaßen zu Hause, junger Herr. Aber ich bin ein Bediensteter Seiner Majestät, der Kaiserliche Planetologe.«
Paul nickte. Die Ausstrahlung des Mannes beeindruckte ihn. Halleck hatte bereits, als sie noch am Fenster des Administrationsgebäudes gestanden hatten, auf Kynes hingewiesen: »Es ist der Mann in der Fremen-Kleidung neben dem
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