Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
ihr Vater als Nächstes tun würde.
Sie ging durch einen Flur aus poliertem Stein und kam an unbezahlbaren Gemälden, Statuen und versiegelten Buchvitrinen vorbei, in denen uralte illuminierte Manuskripte aufbewahrt wurden. Da sie Zeit ihres Lebens mit zur Schau gestelltem Prunk vertraut war, sowohl auf Kaitain als auch hier, nahm sie all das kaum noch zur Kenntnis.
Doch in ihren eigenen Privatgemächern spürte sie, dass etwas nicht stimmte.
Sie ließ die Tür zum Gang offen und hielt inne, mit Sinnen, die in den Jahren ihrer Bene-Gesserit-Ausbildung geschärft worden waren. Sie nahm seltsame Gerüche wahr, Dinge, die nicht ganz am richtigen Fleck standen, schwere Tische, die ein Stück weit verschoben waren, einen Papierstapel, der anders lag, und das halb geöffnete Schmuckkästchen, das durch die Tür zu ihrem Schlafzimmer zu sehen war.
Die Vorstellung, ein Einbrecher könnte in ihre Gemächer tief im Innern der Zitadelle vorgedrungen sein, war lächerlich. Eine schnelle Untersuchung ergab, dass nichts fehlte. Aber mehrere Gegenstände waren bewegt worden. Warum? Hatte der Eindringling etwas gesucht?
Plötzlich verstand sie, warum die Regentin ihr für diesen Tag eine ungewöhnliche und sinnlose Aufgabe zugewiesen hatte. Alia wollte, dass ich nicht in meinen Gemächern bin.
Irulan überprüfte ein sorgfältig verborgenes Schubfach in der Wand und vergewisserte sich, dass niemand ihre privaten Tagebücher angerührt hatte. Aus einem Impuls heraus ging sie noch einmal zu ihrem Schmuckkästchen und holte eine Kette mit lackierten Riffperlen heraus, die sie bei einem Partyspiel am Imperialen Hof von Arrakeen als Geschenk erhalten hatte.
Sie erinnerte sich an den festlichen Abend, der bewusst an die frühen Jahre von Pauls Herrschaft angelehnt gewesen war. Die Landsraads-Mitglieder, die sich trotz der fortgesetzten Verwüstungen des Djihads an ihren alten Glanz klammerten, waren zu einer besonders üppigen Feier geladen worden, die an frühere, ähnliche Anlässe auf Kaitain erinnern sollte. Paul war für solche höfischen Spiele viel zu beschäftigt gewesen.
Als Höhepunkt des Abends hatten die Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip von der Veranstalterin vorbereitete Päckchen geöffnet – dabei handelte es sich um eine lebhafte Frau, die einst eine Gräfin gewesen war, den Großteil ihres Vermögens jedoch bei einem Skandal ohne jeden Bezug zum Djihad verloren hatte.
Beiläufig hatte Irulan einen Gegenstand aus dem über mehrere Tische verteilten Geschenkesortiment gewählt. Das Ganze war nur als zwangloses Vergnügen für alle Beteiligten gedacht gewesen, doch als Irulan ihr Päckchen öffnete, fiel ihr sofort auf, dass sie ein ungewöhnliches Geschenk erwischt hatte. Die Riffperlen schienen echt zu sein, eine Vermutung, die später von einem runzligen alten Juwelier bestätigt wurde. Ihm war noch etwas an der Halskette aufgefallen, und er zeigte es Irulan mit einem Vergrößerungsglas: In den goldenen Verschluss war unverkennbar ein Falkenwappen geätzt. »Es scheint sich um ein authentisches Atreides-Erbstück zu handeln, Hoheit.«
Später betrat Irulan Pauls privates Studierzimmer und unterbrach dabei ein Treffen mit Stilgar, der soeben von einer Militärmission auf einer abgelegenen Welt zurückgekehrt war. Während der Fremen-Kommandant sie mit der missmutigen Miene beobachtete, die er ihr gegenüber häufig an den Tag legte, übergab sie Paul die Riffperlen. »Ich glaube, dieses Andenken gehört dir, mein Gatte, und nicht mir.«
»Ich bin jetzt Muad'dib. Atreides-Erbstücke sind nicht mehr wichtig für mich.« Mit einer beiläufigen Bewegung warf Paul ihr die Riffperlen wieder zu. »Behalte sie, oder schick sie meiner Mutter auf Caladan, ganz wie du möchtest.« Die Prinzessin ging mit der Halskette davon, während Fragen in ihr rumorten ...
Als sie jetzt die Perlenkette ins Licht eines Leuchtglobus hielt, blickte Irulan durch ein Vergrößerungsglas und entdeckte wie erwartet das winzige Falkenwappen. Doch etwas stimmte nicht. Sie breitete die Riffperlen aus und schaute sie sich durch eine Fokuslinse an. Zuvor hatte sich die zweite Perle in der Reihe durch einen kaum wahrnehmbaren Kratzer abgehoben, auf den der Juwelier sie hingewiesen hatte. Jetzt konnte sie den Kratzer nicht wiederfinden. Mit klopfendem Herzen schaute Irulan erneut nach und verstärkte den Vergrößerungsfaktor, um ihren Verdacht zu bestätigen.
Nichts.
Mit den Perlen in der Hand marschierte sie zum großen Ballsaal, wo die
Weitere Kostenlose Bücher