Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
bist? Kann er dir helfen?«
»Es ist mir gelungen, mehrere Nachrichten nach draußen zu schmuggeln. Er weiß, was mir widerfahren ist, aber was kann er schon tun? Inzwischen ist er auf Ix kaum mehr als eine Galionsfigur. Er hat keine echte Macht und könnte niemals gegen die Schwesternschaft bestehen. Er ist genauso gefangen wie ich.« Sie schüttelte den Kopf. »Das ist der Untergang des Hauses Vernius.«
Jessica umarmte die Frau und hielt sie lange und fest an sich gedrückt. »Ich wünschte, ich könnte dich hier herausholen, aber das liegt nicht in meiner Macht.«
Als Mutter Oberin wäre sie allerdings durchaus dazu in der Lage gewesen ...
Tessia lächelte geheimnisvoll. »Eines Tages werde ich einen Weg finden. Ich bin bereits aus dem geistigen Gefängnis entkommen, das sie mir aufgezwungen haben, und sie wüssten zu gerne, wie ich das angestellt habe. Jetzt testen sie ihre Techniken an mir und zeigen mir mal Mitgefühl, um mich dann wieder mit Schuld zu traktieren. Selbst ihre Schuldsprecherinnen begreifen es nicht.«
»Sie führen weiter Experimente an dir durch?«
»Die Ärztin Yohsa versucht ständig, meinen Geist zu zerlegen und ihn so wieder aufzubauen, wie die Schwesternschaft ihn haben will. Aber ich kenne Wege, um ihre Experimente abzuwehren. Diese geistigen Verteidigungsmittel gehören mir, und ich werde sie nicht aufgeben – nicht nach dem, was sie mir angetan haben.«
Tessia blickte sich um. Am Flüstern und Rauschen des Windes auf dem Hof und den abgehackten Schreien der aufgeschreckt auseinanderstiebenden Bene Gesserit hörte Jessica, dass ein weiterer sonderbarer Wirbelsturm aufgetaucht war. Offenbar war die psychische Residualenergie nicht ganz unter Kontrolle.
Tessia beugte sich dicht zu ihr und flüsterte: »Was wollen sie von dir, Jessica? Und wirst du es ihnen geben? Wenn nicht, könntest du selbst zum Ziel werden. Hast du dich ihnen widersetzt? Du wirst es tun – ich kenne dich. Dann werden die Schuldsprecherinnen dich holen.« Tessias Worte sprudelten in einem verzweifelten Strom hervor, während sie Jessica an den Schultern packte. »Hör auf mich! Du musst deine Gedanken blockieren und dich rechtzeitig vorbereiten. Errichte eine Festung aus machtvollen Erinnerungen, einen Schild aus guten Dingen. Halt ihn ganz vorn in deinem Geist bereit. Benutze ihn, um dich zu verteidigen. Sie werden nicht ahnen, dass du dich ihnen auch nur einen Moment lang widersetzen kannst. Das Schuldsprechen ist ein psychischer Sturm, doch man kann ihn überstehen.«
Jessica war klar, dass sie dieses Wissen vielleicht noch brauchen würde. »Bring mir bei, wie – bitte!«
Tessia berührte ihre Stirn, schloss die Augen und stieß einen langgezogenen Seufzer aus. »Lass mich dir zeigen, was du wissen musst.«
60
Allein das Atmen ist ein Wunder.
Lehre der Suk-Schule
Ein ungewöhnlicher warmer Wind wehte vom Meer her. Gurney hatte auf heftige Regenfälle gehofft, damit die zur Demonstration eintreffenden Massen entmutigt wurden, aber noch während er zu den blauen Stellen am Himmel hochschaute, schienen die Wolken sich zu zerstreuen.
Jessica hatte Recht gehabt, als sie ihn davor gewarnt hatte, was das Volk vielleicht tun würde. Bürgermeister Horvu und seine begeisterten Anhänger verstanden nicht einmal ansatzweise, mit was für einer gefährlichen Giftschlange sie spielten. In Herzog Letos Namen würde Gurney sich jedoch bemühen, mit einer mitfühlenden, väterlichen Note an die Sache heranzugehen. Hoffentlich funktionierte es ...
Gurney trug zu diesem Anlass seine edelste Kleidung und stand mit finsterer Miene und einer kleinen Gruppe örtlicher Sicherheitsbeamter auf einer hoch schwebenden Suspensorplattform am Rande des größten Parks in Cala City. Im Laufe der letzten Stunde hatte sich eine begeisterte und ungestüme Menge auf der mit sternförmigen Blumen bewachsenen Grasfläche versammelt.
Er wünschte, er hätte mehr darüber herausgefunden, was genau die unbeholfenen Rebellen im Sinn hatten. Mit seinem entwaffnenden und oftmals ahnungslosen Lächeln versprach Bürgermeister Horvu, dass es eine friedliche Demonstration werden sollte, und Gurney war sich nicht sicher, was er nun machen sollte. Er hatte Soldaten geholt, um die Ordnung aufrechtzuerhalten, falls ein Teil der Menge aufsässig wurde.
Nach Jessicas Beschwerden über den Schaden, der in den vergangenen Monaten von den Pilgern angerichtet worden war, hatte Paul imperiale Sicherheitskräfte auf Caladan stationiert.
Weitere Kostenlose Bücher