Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
Menschen zu Tode. Insgeheim habe ich dafür gesorgt, dass vierundsiebzig Frauen und Kinder entkommen konnten, bevor die Priester eintrafen. Auch den Herrschern der elf Zielplaneten hat man Gerüchte zukommen lassen, und Gildenschiffe führen eine inoffizielle Evakuierung durch, bei der zahlreiche Menschen fortgebracht werden – obwohl ich das natürlich vehement bestreiten würde.«
Jessica schnappte nach Luft und schluchzte beinahe, als sie fragte: »Aber warum? Warum willst du bis in alle Ewigkeit gehasst werden, und warum musst du das Haus Atreides mit in den Abgrund reißen? Warum müssen so viele Menschen im Namen Muad'dibs sterben? Wie kann das dein Schicksal oder ihres sein?«
»Ich habe viele Visionen, die mich leiten, manche davon nach Einnahme großer Mengen von Melange, andere durch Träume. Ich habe meinen Namen von der Wüstenmaus, der Muad'dib, der Form des Schattens auf dem zweiten Mond – und in vielen Visionen habe ich den Mond gesehen, und Schatten, die dunkler wurden ... ihn vielleicht völlig verdunkelten.« Seine Stimme wurde leiser, und dann schüttelte er den Kopf. »Aber das heißt nicht, dass jener Mond all sein Licht verloren hat oder dass mein Leben sinnlos wäre. Obwohl ich mich unentwirrbar in meiner Bestimmung verstrickt habe, werde ich allen kommenden Zeiten eine Lektion erteilen, indem ich durch mein Beispiel zeige, wie gefährlich es ist, dem Mythos des charismatischen Anführers anheimzufallen, dem irrtümlichen Glauben, dass die Menschheit nach Utopia gelangen wird, indem sie einer heldenhaften Führergestalt folgt. Ein solcher Mythos ist ein Massenwahn, und er muss zerstört werden. Das Vermächtnis, das ich hinterlasse, besteht darin, dass meine persönlichen, sehr menschlichen Schwächen durch die große Zahl von Menschen, die mein Banner in die Schlacht tragen, vervielfacht werden.«
Langsam wurden Jessica die immensen Ausmaße von Pauls Plänen klar. Seine Worte waren wie ein unerwarteter Guss kalten Wassers, der ihr die Augen öffnete. Er hatte so viele verwerfliche Dinge getan, dass sie bereits geglaubt hatte, seine eigenen Rechtfertigungen hätten ihn kopfüber von dem schmalen Grat stürzen lassen, auf dem er wandelte. Sie hatte angefangen, das Schlimmste von ihm zu denken, und unter Ausnutzung dieser Lücke in ihrer Panzerung hatten sowohl die Mutter Oberin Harishka als auch die Ehrwürdige Mutter Mohiam versucht, Jessica zum Mord an ihrem eigenen Sohn zu verleiten.
Mit großer Trauer sagte Paul: »Die Dinge, die ich tun muss, sind der schreckliche Sinn meiner Existenz, der mir in meinen Visionen enthüllt wurde – der alptraumhafte Weg, dem ich durch eine scheinbar nicht enden wollende Finsternis folgen muss, der aber letztlich ins Licht führt.« Sein Gesicht war eine grimmige Maske, die Jessica niemals vergessen würde. Obwohl er vierundzwanzig war, sah er viel älter aus.
Sie verspürte ein seltsames Gefühl der Ruhe. Paul hatte ihr mit seinem Geständnis die Augen geöffnet, mit seinem unermesslichen persönlichen Opfer. Trotz ihrer Ängste begriff sie, dass er letztlich doch wusste, was er tat, dass seine Pläne ein weit größeres Bild umfassten als jede für sich genommene Tragödie, dass er keine Abscheulichkeit war, die getötet werden musste, nur um eine gegenwärtige Krise zu beenden. Zahlreiche Menschen wurden von den Zielplaneten evakuiert, aber sein Anteil an ihrer Rettung musste ein Geheimnis bleiben. Er opferte sich selbst, und die verlorenen Leben waren der kleinste Preis, der sich dafür finden ließ.
Sie war entsetzt, als ihr klarwurde, wie kurz davor sie gestanden hatte, ihn zu töten. Wie wenig sie verstanden hatte!
Bronso brach das Schweigen. »Ich habe mich lange als Pauls Feind betrachtet, und ich habe viel Zeit gebraucht, um einen Platz für Vergebung in mir zu finden. Aber schließlich ist mir klargeworden, dass der Tod meines Vaters nicht Pauls Schuld war. Der größte Schlag für mich war, dass sich die letzten Worte meines Vaters um Paul drehten ... und nur um Paul.« Der ixianische Adlige holte tief Luft. »Aber dann ist mir noch etwas anderes klargeworden. Mein Vater hatte mich schwören lassen, dass ich auf Paul aufpasse, dass ich ihn vor Gefahren beschütze. Indem er mit seinem letzten Atemzug gefragt hat, ob Paul in Sicherheit ist, hat er mich gefragt, ob ich meine Pflicht erfüllt habe.«
Der junge Mann hob das Kinn, und seine Augen funkelten vor stolzem Edelmut. »Heute verstehe ich sehr viel mehr. Und das gibt mir selbst
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