Dune 02,5 - Stürme des Wüstenplaneten
dem gefallenen Mann. Er berührte ihn an der eingedrückten Schulter. »Vater ... Vater! Nicht jetzt ... Ich kann das Haus Vernius nicht ohne dich führen! Es steht zu viel auf dem Spiel, es gibt zu viel, was wir einander noch sagen müssen!«
Graf Rhombur Vernius öffnete die Augen, und ein unverständliches Krächzen drang aus seiner Kehle. Seine künstlichen Lungen arbeiteten schwer, und er bekam kaum noch Luft. Blut und Nährflüssigkeiten bedeckten sein Gesicht und liefen auf den Boden.
Bronso beugte sich über ihn und fuhr fort: »Ich liebe dich ... Ich vergebe dir! Es tut mir leid, was ich getan habe, dass ich dich verlassen habe, dass ich mich von dir losgesagt ...«
Rhombur zuckte, sammelte sich und mobilisierte seine letzten Energien. Er konnte keinen von ihnen sehen, und er schaffte es kaum, seine gebrochenen Gedanken zu Worten zu formen. Bronso beugte sich dicht über ihn, im verzweifelten Wunsch, die letzten Worte seines Vaters zu hören.
Rhombur flüsterte: »Ist Paul ... in Sicherheit?«
Dann erzitterte er und starb.
Bronso fuhr zurück, als hätte ihn ein Schlag getroffen. Paul trat einen Schritt näher, um ihm zu sagen, wie leid es ihm tat, doch Bronso schlug wild nach ihm. Dann brach er weinend neben dem zertrümmerten, leblosen Leib zusammen.
36
Eine schwere Tragödie kann Jahre der Freundschaft auslöschen.
Thufir Hawat,
Waffenmeister des Hauses Atreides
In den Tagen, die auf den Angriff folgten, brachte Gouverneurin Kio eine energische – oder übertriebene, wie manche fanden – Untersuchung ins Rollen. Bald gab es Hinweise darauf, dass die Erben dreier Adelsfamilien der alten Garde in das Komplott verwickelt waren, und obwohl die Beweislage dünn war, ließ man sie kurz entschlossen in finsterer Nacht hinrichten. Anschließend beschlagnahmte Kio die Güter der schuldigen Familien und heiratete gleich darauf Preto Heiron.
Paul interessierte sich nicht im Geringsten für die Lokalpolitik. Er hatte seit der schrecklichen Tragödie im Theater nicht schlafen können. Im kritischen Moment hatte Rhombur auch Bronso beiseitegestoßen, doch seine erste Reaktion hatte darin bestanden, Paul zu retten. In jenem Augenblick, als in einem Sekundenbruchteil seine Entscheidung gefallen war, hatte er nicht an seinen eigenen Sohn gedacht. Und Bronso erkannte es in vollem Ausmaß.
In den Tagen, in denen er auf einen Heighliner nach Ix wartete, zog sich Bronso Vernius allein und trauernd in seine Gemächer zurück. Er ignorierte jede Gesellschaft, weigerte sich, Paul zu sehen, und kehrte allen den Rücken zu. Die Ereignisse, deren Zeuge er gewesen war, hatten ihn am Boden zerstört, und er fühlte sich von Paul ebenso betrogen wie von seinem eigenen Vater. »Ist Paul in Sicherheit?« Die Worte waren wie ein Messer, das man tiefer in die Wunde bohrte. Bronso würde Balut so schnell wie möglich verlassen und Rhomburs zusammengeflickten und nun zertrümmerten Körper mit sich nehmen.
Herzog Leto schüttelte den Kopf, während er allein mit Paul dasaß. »Dieser junge Mann ist der einzige Überlebende des Hauses Vernius, der Herrscher von Ix, aber er ist weich und unerfahren. Ich fürchte, dass die Technokraten die Kontrolle übernehmen und ihn in eine bloße Marionette verwandeln werden.«
»Warum redet er nicht mit mir?«, fragte Paul. »Wir haben so viel gemeinsam erlebt. Ich dachte, wir würden alles füreinander tun.«
Leto, dessen Gedanken sich nach innen gekehrt hatten, wich kaum noch von Pauls Seite und erzählte wehmütig Geschichten, wie er und Rhombur einmal nach Korallenjuwelen getaucht hatten und wie die launischen Edelsteine ihr Boot in Brand gesetzt hatten. Er sprach davon, wie Rhombur einen Gildenheighliner gerettet hatte, als der Navigator durch verschmutztes Gewürzgas außer Gefecht gesetzt worden war ... wie die Armeen der Atreides und die treuen Streitkräfte von Vernius Seite an Seite gekämpft hatten, um Ix von den Tleilaxu-Besatzern zurückzuerobern. Paul hatte schon oft von diesen legendären Ereignissen gehört, doch er ließ seinen Vater reden, denn der Herzog musste die Erinnerungen herauslassen.
Gouverneurin Kio hielt eine improvisierte Ehrenfeier für Paul ab, bei der sie ihn für sein kluges und selbstloses Handeln auszeichnete, mit dem er sie vor dem Assassinenanschlag gerettet hatte. Paul interessierte sich nicht für Belohnungen und Auszeichnungen und empfand die demonstrative Würdigung nach dem Tod des armen Rhombur als unangemessen. Die Zeremonie war
Weitere Kostenlose Bücher