Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten
voranzutreiben!«
»Tatsächlich? Ich glaube, ihr habt dabei ein wenig übertrieben. Nein! Unterbrich mich jetzt nicht. Wenn ich wirklich die Stellung eines Imperators einnehmen soll, ist es besser für dich, zu lernen, mir zuzuhören. Glaubst du etwa, ich sei nicht in der Lage, zwischen den Zeilen zu lesen? Wozu wurden diese Tiger ausgebildet?«
Die plötzliche Zurschaustellung seiner zweifellos vorhandenen Fähigkeiten machten Wensicia sprachlos.
»Ich verstehe«, sagte Farad'n. »Ich werde Tyek verschonen, weil ich weiß, daß du ihn soweit gebracht hast. Er ist unter den meisten Umständen ein guter Offizier, aber für seine eigenen Prinzipien würde er lediglich in einer fairen Arena antreten.«
»Seine ... Prinzipien? «
»Der Unterschied zwischen einem guten und einem schlechten Offizier liegt in der Stärke des Charakters«, sagte Farad'n. »Er hat bei seinen Prinzipien zu bleiben, ganz egal, wer ihn herausfordert.«
»Die Tiger waren absolut notwendig«, sagte Wensicia.
»Ich werde das erst dann glauben, wenn sie erfolgreich waren«, erwiderte Farad'n. »Aber ich werde dennoch nicht gutheißen können, auf was man sie dressiert hat. Du brauchst gar nicht erst zu einem Protest anzusetzen. Es ist offensichtlich. Man hat sie konditioniert. Du hast es selbst gesagt.«
»Was wirst du jetzt tun?« fragte Wensicia.
»Ich werde zunächst einmal abwarten«, erwiderte Farad'n. »Vielleicht werde ich doch noch zu einem Imperator.«
Wensicia legte eine Handfläche auf ihre Brust und seufzte. Einen Augenblick lang hatte sein Verhalten sie wirklich mit Schrecken erfüllt. Sie war nahe daran, zu glauben, daß er sie bloßstellen würde. Prinzipien! Doch nun hatte er sich ihr ausgeliefert; das war unübersehbar.
Farad'n stand auf, ging zur Tür und klingelte nach den Bediensteten. Dann sah er seine Mutter noch einmal an und meinte: »Das war alles für heute, nicht wahr?«
»Ja.« Als er Anstalten machte zu gehen, hob sie die Hand. »Wohin willst du?«
»In die Bibliothek. Ich bin in letzter Zeit ziemlich von der Geschichte der Corrinos fasziniert.« Er ging hinaus und wurde sich im gleichen Augenblick darüber klar, daß er im Begriff war, sich mitschuldig zu machen.
Verdammt soll sie sein!
Aber er wußte, daß auch er jetzt in dieser Sache drinhing. Ihm wurde plötzlich klar, wie sehr sich doch die Historie, die auf Shigadraht aufgezeichnet war oder die man während irgendwelcher Vorlesungen vermittelt bekam, sich von derjenigen, die man selbst miterlebte, unterschied. Die Geschichte, die im Begriff war, sich in seiner Umgebung abzuspielen, erweckte in ihm das Gefühl, auf eine Zukunft zuzusteuern, die niemand mehr würde rückgängig machen können. Die Hoffnungen all jener, die auf ihn vertrauten, waren wie ein Strom, auf dem er hilflos dahintrieb. Er fand es seltsam, daß sich in ihm nicht eine befand, die von ihm selbst stammte.
27
Man sagt, daß Muad'dib, als er sah, daß ein Unkrautgewächs den Versuch unternahm, zwischen zwei Felsen Wurzeln zu schlagen, einen der beiden Steine beiseite schob. Später, nachdem das Gewächs angefangen hatte zu blühen, schob er sie wieder zusammen und erklärte: »Das war sein Schicksal.«
Die Kommentare
»Jetzt!« schrie Ghanima.
Leto, der zwei Schritte vor ihr herlief, erreichte den engen Felsspalt und zögerte keine Sekunde. Er warf sich hinein und kroch vorwärts, bis die Finsternis ihn umfing. Er hörte Ghanima hinter sich, dann eine plötzliche Stille. Ghanima sagte gelassen und ohne jegliche Furcht: »Ich hänge fest.«
Er stand auf, obwohl er wußte, daß er damit seinen Kopf in die Nähe der möglicherweise bald suchend herabfahrenden Klauen bringen konnte, drehte sich um und lief gebückt zurück, bis er die ausgestreckte Hand des Mädchens spürte.
»Meine Robe«, sagte Ghanima. »Sie ist hängengeblieben.«
Steine fielen auf sie hinab. Leto zog an ihrer Hand. Sie hing mit den Beinen in der Luft.
Über ihnen war bereits Hecheln und Knurren zu hören.
Leto spannte die Muskeln an, drückte die Hüften gegen die Felswand und ergriff Ghanimas Arm. Der Stoff zerriß. Er fühlte, wie das Mädchen ihm näher kam. Sie schnappte plötzlich nach Luft, und ihm wurde klar, daß sie Schmerzen empfand. Dennoch zerrte er weiter. Sie kam immer näher, fiel schließlich in seine Arme und sank zu Boden. Leto duckte sich, ließ sich auf alle viere hinab und bemühte sich, weiter in das Loch hineinzukriechen, während Ghanima ihm folgte. Sie keuchte, aber
Weitere Kostenlose Bücher