Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten
und rief: »Achlan, wasachlan!« Willkommen, doppelt willkommen!
Der blinde Mann stand auf dem Wurmrücken und hatte eine Hand auf die Schulter seines jungen Führers gelegt. Er hielt den Kopf hochaufgereckt, als versuchte er mit der Nase herauszufinden, wer dieser Störenfried sei. Die Sonnenstrahlen färbten sein Gesicht orange. »Wer ist das?« fragte der blinde Mann und rüttelte an der Schulter seines Führers. »Warum haben wir angehalten?« Durch die Filterstopfen klang seine Stimme näselnd.
Der Junge starrte ängstlich auf Leto hinunter und sagte: »Es ist nur jemand, der sich allein in der Wüste aufhält. Dem Aussehen nach ein Kind. Ich habe versucht, den Wurm über ihn hinwegzusteuern, aber er gehorchte nicht.«
»Warum hast du mir davon nichts gesagt?« verlangte der blinde Mann zu wissen.
»Ich dachte, es sei nur jemand, der sich allein in der Wüste aufhält«, protestierte der Junge. »Aber es ist ein Dämon!«
»Das Wort eines echten Sohnes Jacurutus«, sagte Leto. »Und Sie, Sir, sind der Prediger.«
»Ja, der bin ich.« Und es war Angst in der Stimme des Predigers, weil er nun seiner Vergangenheit gegenüberstand.
»Dies hier ist zwar kein Garten«, sagte Leto, »aber ihr seid willkommen, diesen Platz über Nacht mit mir zu teilen.«
»Wer bist du?« verlangte der Prediger zu wissen. »Wie hast du unseren Wurm angehalten?« Ein gewisser Ton der Erkenntnis lag in der Stimme des Predigers. Sicher rief er im Moment die Erinnerungen seiner Alternativvision in sich herauf ... wissend, daß er sich ihrem Ende näherte.
»Es ist ein Dämon!« protestierte der junge Fremen. »Wir müssen von diesem Ort verschwinden, oder unsere Seelen ...«
»Ruhe!« brüllte der Prediger.
»Ich bin Leto Atreides«, sagte Leto. »Und euer Wurm blieb deswegen stehen, weil ich es ihm befahl.«
Der Prediger stand wie erstarrt und schwieg.
»Komm, Vater«, sagte Leto. »Steig ab und verbring die Nacht mit mir. Ich gebe dir süßen Sirup zu trinken. Ich sehe, daß ihr Überlebenspacken und Wasserflaschen bei euch habt. Laßt uns unsere gemeinsamen Reichtümer hier auf dem Sand teilen.«
»Leto ist noch ein Kind«, erwiderte der Prediger. »Und man sagt, er sei dem Verrat der Corrinos zum Opfer gefallen. In deiner Stimme vermag ich nichts Kindhaftes zu erkennen.«
»Und dennoch kennst du mich«, sagte Leto. »Ich bin klein für mein Alter, genau wie du es einmal warst, aber meine Erfahrungen sind uralt, und meine Stimme hat von ihnen gelernt.«
»Was tust du hier in der inneren Wüste?« fragte der Prediger.
»Bu ji«, erwiderte Leto. Es war die Antwort eines Zensunni-Wanderers, eines Menschen, der lediglich von einem Platz der Ruhe aus operierte, umherging, im Einklang mit der Natur lebte, ohne irgendwelche Ziele zu haben.
Der Prediger rüttelte erneut an der Schulter seines Führers.
»Und es ist wirklich ein Kind?«
»Aiya«, sagte der Junge und warf Leto einen ängstlichen Blick zu.
Ein lauter, schaudernder Seufzer entfuhr dem Prediger. »Nein«, sagte er.
»Es ist ein Dämon in Kindergestalt«, sagte sein Führer.
»Ihr werdet die Nacht hier verbringen«, sagte Leto.
»Wir werden tun, was er sagt«, meinte der Prediger. Er ließ den Jungen los, rutschte über die Flanke des Wurmrückens hinab und ließ sich in den Sand fallen. Kaum hatten seine Füße den Boden berührt, stand er auch schon wieder auf. Er wandte sich um und sagte. »Lös die Haken und laß den Wurm ziehen. Er ist ohnehin zu müde, um uns noch etwas zu tun.«
»Aber er gehorcht mir nicht«, protestierte der Junge.
»Er wird dir gehorchen«, sagte Leto. »Aber wenn du versuchst, mit ihm zu fliehen, werde ich dafür sorgen, daß er dich auffrißt.« Er ging aus dem Weg und deutete in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Nimm diesen Weg.«
Der Junge berührte mit einem Stachelstock einen hinter ihm liegenden Segmentring und placierte einen Haken. Langsam begann der Wurm über den Sand hinwegzugleiten und änderte seine Richtung.
Der Prediger, der dem Klang von Letos Stimme folgte, kletterte auf einen Dünenausläufer und blieb zwei Schritte von ihm entfernt stehen. Er bewegte sich mit einer solchen Sicherheit, daß Leto klar wurde, sich auf keine leichte Aufgabe eingelassen zu haben.
Hier teilten sich die Visionen.
Leto sagte: »Nimm deine Maske ab, Vater.«
Der Prediger gehorchte, löste die Bänder seiner Kapuze und zog die Maske des Destillanzuges beiseite.
Leto studierte sein Gesicht. Die Züge glichen den seinen und
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