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Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten

Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten

Titel: Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Herbert
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bekundete zunehmendes Interesse an allem, was sie sagte.
    Vor zwei Stunden war die Sonne aufgegangen, und die Begrüßungszeremonien gehörten der Vergangenheit an. Jessica zwang ihren Puls in einen annehmbaren Schritt und richtete ihre Aufmerksamkeit auf den von Felswänden umgebenen Raum, der mit dunklen Vorhängen verkleidet war. Gelbe Kissen lagen auf dem Boden verstreut. Um die in sich angesammelte Spannung ertragen zu können, fiel ihr nichts anderes ein, als sich zum erstenmal seit Jahren wieder die Bene-Gesserit-Litanei gegen die Furcht ins Gedächtnis zu rufen.
    »Ich darf mich nicht fürchten. Die Furcht tötet das Bewußtsein. Sie ist der Kleine Tod, der die Vernichtung bringt. Ich werde der Furcht ins Angesicht sehen. Sie wird mich durchdringen und von mir gehen. Und wenn sie gegangen ist, werde ich ihren Weg mit dem inneren Auge verfolgen. Dort, wo die Furcht gegangen ist, wird nichts zurückbleiben. Außer mir.«
    Wortlos sagte sie den Spruch auf und atmete tief ein.
    »Manchmal hilft sie«, sagte Ghanima. »Die Litanei, meine ich.«
    Es blieb Jessica nichts anderes übrig, als die Augen zu schließen, um den Schock, der sie bei diesen Worten traf, zu verbergen. Die Feststellung, daß sie aus dem Munde eines Wesens kamen, das hinter der Maske eines neunjährigen Kindes agierte, machte es ihr nicht leichter.
    Aber die Tatsache, daß sie ihrer Furcht ins Angesicht gesehen hatte, zwang Jessica, die Augen wieder zu öffnen. Schlagartig wurde ihr die Quelle des Schmerzes klar: Ich fürchte um meine Enkelkinder. Obwohl beide nicht die Stigmen des Abscheulichen aufwiesen, zeigte Leto starke Anzeichen eines schreckenerregenden Geheimnisses. Das war der Hauptgrund, weshalb sie ihn bei diesem Treffen nicht dabeihaben wollte.
    Impulsiv schob Jessica ihre emotionale Maske beiseite. Es war ihr klar, daß es keinen Sinn hatte, sie hier zu tragen, da sie für eine entsprechende Kommunikation nur eine Barriere darstellte. Seit dem Tod ihres Herzogs hatte sie diese Mauern nicht mehr ins Abseits stellen können, und das, was sie jetzt tat, erfüllte sie gleichzeitig mit Erleichterung und Schmerz. Die Tatsachen, die in ihr zurückblieben, waren so gravierend, daß kein Zirkel, kein Prediger und keine Litanei sie aus ihrem Bewußtsein tilgen konnte. Selbst eine Flucht aus der Wirklichkeit würde sie davon nicht erlösen. Sie waren nicht ignorierbar. In ihnen spielten Teile von Pauls Visionen ebenso eine Rolle, wie jene Zeiten, in denen die Kinder aufgewachsen waren. Sie waren der Anziehungspunkt im Nichts, der das Böse ebenso anzog wie die Menschen, die auf einen Machtmißbrauch abzielten.
    Ghanima, die dem Spiel der Gefühle auf dem Gesicht ihrer Großmutter zusah, war über die Erkenntnis, daß sie zu offenen Emotionen fähig war, nicht wenig erstaunt. Mit beinahe synchronen Bewegungen wandten sie beide den Kopf. Ihre Blicke trafen sich, und sie sahen einander tief und durchdringend an. Ohne daß sie miteinander sprachen, verstanden beide, was der andere dachte.
    Jessica: Ich wünsche, daß du meine Furcht erkennst.
    Ghanima: Jetzt weiß ich, daß du mich liebst.
    Es war ein kurzer Augenblick völligen Vertrauens.
    Jessica sagte: »Als dein Vater noch ein kleiner Junge war, brachte ich eine Ehrwürdige Mutter nach Caladan, um ihn einer Prüfung zu unterziehen.«
    Ghanima nickte. Die Erinnerung daran war in ihr noch lebendig.
    »Wir Bene Gesserit haben stets darauf geachtet, daß die Kinder, die wir aufzogen, menschlicher und nicht tierischer Abstammung waren. Man kann sich nicht immer auf die Angaben der Leute verlassen, wenn sie von außerhalb kommen.«
    »Man hat dich so erzogen«, sagte Ghanima. Gleichzeitig überflutete eine Erinnerung ihr Bewußtsein: sie sah die alte Bene Gesserit vor sich. Gaius Helen Mohiam. Zusammen mit ihrem vergifteten Gom Jabbar und der Schachtel aus brennendem Schmerz war sie nach Caladan gekommen. Pauls Hand (und in der geteilten Erinnerung war es ihre eigene) hatte die schreckliche Agonie gespürt, während die alte Frau ihn mit kühler Stimme darüber informiert hatte, daß er auf der Stelle sterben würde, zöge er seine Hand aus ihr zurück. Und er hatte auch nicht daran gezweifelt, daß die Nadelspitze, die sie gegen seinen Hals gepreßt hielt, eine weitere Waffe war, um ihn vom Leben zum Tode zu befördern. Während der ganzen Prozedur hatte ihre Stimme in seinen Ohren gedröhnt.
    »Hast du schon von Tieren gehört, die sich ein Bein abbeißen, um einer Falle zu entrinnen? Das tun

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