Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten
Imperium.«
Paymon nannte eine Summe, für die er bereit wäre, in ihre Dienste zu treten, aber Alia lachte nur und konterte ihrerseits mit einer Zahl, die ihr gerechtfertigter erschien und trotzdem um ein Vielfaches höher lag als jede Summe, die der Mann bisher erhalten hatte. Und sie fügte hinzu: »Dazu kommt natürlich noch, daß ich Ihnen Ihr Leben schenke, das Sie zweifellos, wie ich annehme, höher einstufen als jeden anderen in Zahlen ausdrückbaren Wert.«
»Der Handel ist perfekt!« rief Paymon aus. Auf ein Zeichen von Alia hin wurde er von ihrem priesterlichen Zeremonienmeister Ziarenko Jarvid höchstpersönlich hinausgeleitet.
Weniger als eine Stunde später, als Alia sich bereits darauf vorbereitete, den Gerichtshof zu verlassen, erschien Jarvid erneut. Er war in Eile und berichtete, daß Paymon gehört worden war, wie er die schicksalhaften Worte aus der Orange-Katholischen-Bibel vor sich hin gemurmelt hatte: »Maleficos non patieris vivere.«
»Du sollst das Leben einer Hexe nicht erdulden«, übersetzte Alia. Also, das war sein Dank! Auch er gehörte zu jenen, die sich gegen sie verschworen hatten und ihr nach dem Leben trachteten. In einem plötzlichen, nie zuvor erlebten Wutanfall befahl sie, Paymon auf der Stelle hinzurichten und seinen Körper zur Tempeldestille zu bringen. Dort konnte man wenigstens noch seine Körperflüssigkeit einem guten Zweck zuführen.
Aber die ganze Nacht über verfolgte sie das Gesicht des Delinquenten im Schlaf.
Alia bekämpfte die Erscheinung mit allen Tricks, derer sie habhaft werden konnte. Schließlich rezitierte sie das Bu Ji aus dem fremenitischen Buch von Kreos: »Nichts wird geschehen! Nichts wird geschehen!« Dessen ungeachtet hatte Paymons Gesicht sie durch die ganze Nacht begleitet, bis in den hellen Tag hinein. Und auch jetzt noch schienen seine Züge sie aus den Reihen derjenigen, die sie mittels ihrer Schritte im taubenetzten Gras zurückließ, anzustarren.
Von einer niedrigen Mimosenhecke, hinter der sich die Tür befand, welche in die unter dem Dachgarten liegenden Räumlichkeiten führte, wurde Alia von einer Angehörigen des weiblichen Wachpersonals zugerufen, daß es Zeit für das Frühstück sei. Sie seufzte. Es schien ihr, als habe sie im Moment nur die Wahl zwischen zwei Höllen: entweder folgte sie den drängenden Stimmen der Anderen in ihrem Innern – oder denen ihres Gefolges. Die Stimmen, die auf sie eindrangen, waren alle in der gleichen Weise körperlos und hartnäckig in ihrem Verlangen. Und sie würden alle nur mit der Klinge eines Messers zum Schweigen zu bringen sein.
Die Wächterin ignorierend, starrte Alia über den sich ihr darbietenden Dachgarten auf den Schildwall. Mitten in der steinernen Wand lag ein Bahada, ein gewaltiger Durchbruch, der einen Zugang zu ihrer Domäne bildete. Der leichte Wind wehte Sandwolken durch den Spalt, der sich auf dem Boden absetzte und im Licht der Morgensonne glitzerte. Das Auge eines Uneingeweihten mochte den Durchbruch für das Relikt eines nicht mehr existierenden Flusses halten, der sich einst seinen Weg durch den Schildwall gewaschen hatte, aber in Wahrheit stellte er nicht mehr als einen künstlich erzeugten Gang dar, den ihr Bruder mit Atomwaffen in das Gestein gesprengt hatte, um einen Weg für die Sandwürmer zu schaffen, auf deren Rücken seine Frementruppen einst hier eingedrungen waren, um einen unerwarteten Sieg über die imperialen Eindringlinge zu erzielen, die unter der Führung Shaddams IV. sich Arrakis hatten einverleiben wollen. Jetzt floß vor dieser Stelle ein Qanat, dessen Funktion es war, Sandwürmer vom Durchqueren des Durchbruchs abzuhalten. Sandwürmer waren nicht in der Lage, offenes Wasser zu überwinden; es vergiftete sie.
Ich wünschte, eine solche Barriere befände sich in meinem Bewußtsein, dachte Alia.
Der Gedanke machte ihr plötzlich klar, wie sehr sie von der Realität abgeschlossen war.
Sandwürmer! Sandwürmer!
Die Erinnerung spiegelte die Eindrücke verschiedener Sandwurmtypen wider: das war der mächtige Shai-Hulud, ein Halbgott der Fremen, ein tödliches Ungeheuer, das in den Tiefen der Wüste lebte und dessen Ausscheidung das vielbegehrte Gewürz enthielt. Welch seltsamen Weg der Entwicklung er doch nahm, wurde ihr bewußt. Er entwickelte sich aus einem kleinen, flachen Wesen, das allgemein unter dem Begriff Sandforelle bekannt war. Die Sandforellen wiederum formten lebende Zisternen: sie hielten das Wasser zurück, damit ihre weiterentwickelten
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