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Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten

Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten

Titel: Dune 03: Die Kinder des Wüstenplaneten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Herbert
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Artgenossen leben konnten. Alia fühlte deutlich eine Analogie: auch einige der Anderen hielten in sich Kräfte verborgen, die zu ihrer Vernichtung führen konnten.
    Erneut machte die Wache sie auf das bereitstehende Frühstück aufmerksam. Diesmal vermeinte Alia gar in ihrer Stimme einen ungeduldigen Ton zu hören. Sie wandte sich um und machte ein unwilliges Handzeichen.
    Die Wache gehorchte, schlug die Tür hinter sich zu und verschwand.
    Es war das Geräusch der zuschlagenden Tür, die den letzten Impuls auslöste. Ganz plötzlich stellte Alia fest, daß die in ihrem Bewußtsein eingeschlossenen Leben mit aller Macht an die Oberfläche drängten. Es war eine Flut von Gesichtern, die sich herausfordernd in ihr visionäres Denkzentrum drängte und dort breitmachte. Einige von ihnen erinnerten sie in ihrem Aussehen an räudige Hunde mit fleckigem Fell, andere hatten grobporige Züge, waren mit Schwielen bedeckt und verbreiteten furchterregende Schatten. Der Druck, den der Schwarm der Eindringlinge auf sie ausübte, forderte sie geradezu auf, sich vom eigenen Ich zu lösen, alles zu vergessen und sich in den schmutzigen Pfuhl hineinzustürzen.
    »Nein«, flüsterte Alia. »Nein ... nein ... nein ...«
    Wäre nicht der kleine Zaun zu ihrer Linken gewesen – nichts hätte sie aufgehalten, auf der Stelle zusammenzubrechen und in die Beete zu stürzen. Sie versuchte sich hinzusetzen, aber es gelang ihr nicht. Also streckte sich ihr Körper auf dem kalten Plastahl aus und wimmerte in ängstlicher Abwehr.
    Aber die Flut in ihr war nicht mehr einzudämmen.
    Sie begrenzte ihre Aufmerksamkeit auf die Vorstellung, unter keinen Umständen einer der verlangenden, aufmerksamkeitsheischenden Stimmen in ihrem Innern auch nur einen Blick zu gönnen, aber dennoch konnte sie nicht verhindern, daß sie jeden gierigen Ausruf der sich an sie klammernden Münder zumindest aufnahm. »Ich! Ich!« heulte es in ihr. »Nein, ich!« Ihr wurde klar, daß, sobald sie auf eine der fordernden Stimmen einging, ihr Schicksal besiegelt war. Sie würde verloren sein. Wenn sie auch nur einem dieser Charaktere aus ihrer Vergangenheit eine Sekunde des Interesses schenkte, würde sie von ihm beherrscht werden.
    »Die Vorsehung ist dafür verantwortlich«, flüsterte eine Stimme.
    Alia bedeckte beide Ohren mit den Händen und dachte: Ich besitze die Kraft der Vorsehung nicht. Die Trance funktioniert nicht bei mir!
    Aber die Stimme erwiderte: »Es könnte funktionieren, falls du jemanden hättest, der dir hilft.«
    »Nein, nein«, keuchte Alia.
    Andere Stimmen schalteten sich nun ein: »Ich, dein Vorfahr Agamemnon, verlange gehört zu werden!«
    »Nein ... nein.« Sie drückte die Hände so fest gegen die Ohren, daß ihr Körper zu schmerzen begann.
    Eine gackernde Stimme, aus der der nackte Wahnsinn sprach, sagte: »Was ist aus Ovid geworden? Ganz einfach. Er wurde in John Bartlett wiedergeboren!«
    Die Namen waren bedeutungslos für sie, und Alia hatte nichts als das Bedürfnis, laut zu schreien, um den Alptraum zu vertreiben. Aber ihre eigene Stimme schien verschüttet zu sein.
    Die Wächterin, die von einer ihrer Vorgesetzten erneut auf das Dach geschickt worden war, um nach Alia zu sehen, spähte erneut hinter der Mimosenhecke hervor, sah Alia auf einer Bank liegen und sagte zu ihrer Begleiterin: »Ah, sie ruht sich aus. Du hast sicher auch bemerkt, daß sie in der letzten Nacht nicht sonderlich gut geschlafen hat. Es kann ihr nur guttun, eine morgendliche Zaha einzulegen.«
    Alia hörte die Wächterin nicht, denn die Stimmen hatten sie nun völlig in ihren Bann gezogen. Irgendwo in ihrem Kopf kreischte jemand: »... bis alles in Scherben fällt!« Es war ein einziges, dröhnendes Gesumm, das ihre Schädeldecke zu sprengen drohte, und der einzige eigenständige Gedanke, zu dem sie fähig war, lautete: Ich bin dabei, den Verstand zu verlieren. Ich werde verrückt.
    Ihre auf der Bank liegenden Beine machten schwache Fluchtbewegungen, aber das war alles. Sie spürte genau, daß sie, wenn es ihr gelänge, dem Körper Befehle zu erteilen, dem Wahnsinn entkommen konnte. Und sie hatte das unbändige Gefühl, entkommen zu müssen, bevor die Stimmen ihre Seele umfingen. Aber der Körper gehorchte ihr nicht. Die mächtigsten Kräfte des Imperiums würden auf die kleinste Anweisung von ihr sofort zur Aktion übergehen – aber ihr Körper nicht.
    Eine der Stimmen kicherte plötzlich. Dann sagte sie: »Von einem gewissen Standpunkt aus gesehen, mein Kind, stellt

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