Dune 04: Der Gottkaiser des Wüstenplaneten
mein Goldener Pfad, und ich sah ihn münden.«
»Und Eure Wahl ...« – Hwi deutete auf seinen Körper – »hat das geändert?«
»Es ändert sich. Und diese Veränderung resultiert nicht nur aufgrund meines Seins, sondern auch aufgrund meines Todes.«
»Ihr wißt, wie Ihr sterben werdet?«
»Nicht wie. Ich kenne nur den Goldenen Pfad, auf dem es geschehen wird.«
»Herr, ich verstehe nicht ...«
»Es ist schwer zu verstehen, ich weiß. Ich werde vier Tode sterben: den Tod des Fleisches, den Tod der Seele, den Tod meines Mythos' und den Tod der Vernunft. Und alle diese Tode enthalten die Saat der Wiederauferstehung.«
»Ihr werdet zurückkehren von ...«
»Die Saat wird zurückkehren.«
»Wenn Ihr nicht mehr seid – was wird dann mit Eurer Religion geschehen?«
»Alle Religionen sind eine einzige Gemeinschaft. Innerhalb des Goldenen Pfades bleibt das Spektrum ungebrochen. Es ist nur so, daß die Menschen erst einen und dann den anderen Teil sehen. Irreführungen kann man als Unglücksfälle der Sinne bezeichnen.«
»Man wird Euch weiterhin verehren.«
»Ja.«
»Aber wenn die Ewigkeit endet, wird es Ärger geben«, sagte Hwi. »Man wird Euch verleumden. Manche werden sagen, Ihr wäret ein gewöhnlicher Tyrann gewesen.«
»Irreführungen«, stimmte er ihr zu.
Ein Kloß, der in ihrer Kehle festsaß, hinderte Hwi einen Augenblick lang am Sprechen, dann sagte sie: »Wie verändert Euer Leben und Euer Tod die ...?« Sie schüttelte den Kopf.
»Das Leben wird weitergehen.«
»Ich glaube es, Herr – aber wie?«
»Jeder Zyklus ist eine Reaktion auf den vorhergehenden. Wenn du einmal über die äußere Erscheinung meines Imperiums nachdenkst, wirst du auch die Umrisse des nächsten Zyklus' erkennen.«
Hwi wandte den Blick ab. »Alles, was ich über Eure Familie erfuhr, lehrte mich, daß Ihr all dies ...« – sie deutete vage in seine Richtung, ohne ihn wirklich anzusehen – »nur aufgrund uneigennütziger Motive tun würdet. Ich glaube allerdings nicht, daß ich die Umrisse Eures Imperiums wirklich kenne.«
»Letos Goldenen Frieden?«
»Es gibt weniger Frieden, als uns manche glauben machen wollen«, sagte Hwi und sah ihn wieder an.
Diese Ehrlichkeit! dachte Leto. Nichts kann sie abschrecken!
»Dies ist die Zeit des Magens«, sagte er. »Die Zeit, in der wir expandieren wie eine einzige Zelle.«
»Aber es fehlt irgend etwas«, sagte Hwi.
Sie ist wie die Duncans, dachte Leto. Etwas fehlt – und das merken sie auf der Stelle.
»Das Fleisch wächst, aber die Psyche nicht«, sagte er.
»Die Psyche?«
»Jene reflexive Gewißheit, die uns sagt, wie ausgesprochen lebendig wir doch werden können. Du kennst sie sehr gut, Hwi. Es ist jener Sinn, der einem sagt, wie man sich selbst gegenüber aufrichtig ist.«
»Eure Religion ist nicht genug«, sagte sie.
»Keine Religion kann jemals genug sein. Es ist eine Sache der Wahl, und jeder muß sie für sich alleine treffen. Verstehst du jetzt, warum deine Freundschaft und Gesellschaft mir so viel bedeuten?«
Mit zurückgehaltenen Tränen nickte sie und sagte: »Warum weiß niemand davon?«
»Weil die Umstände es nicht erlauben.«
»Die Umstände, die Ihr diktiert?«
»Genau. Sieh dich in meinem Imperium um. Kannst du seine Umrisse erkennen?«
Hwi schloß die Augen, dachte nach.
»Verspürt man den Wunsch, an einem Fluß zu sitzen und tagein, tagaus zu angeln?« fragte Leto. »Ausgezeichnet! Das ist das Leben. Sehnst du dich danach, in einem kleinen Boot auf einem Binnensee zu segeln und andere Menschen zu besuchen? Fein! Was muß man also tun?«
»Durch den Weltraum reisen?« fragte Hwi in einem leicht frechen Tonfall. Sie öffnete die Augen.
»Dir wird aufgefallen sein, daß die Gilde und ich dies nicht erlauben.«
» Ihr erlaubt es nicht.«
»Stimmt. Wenn die Gilde mir den Gehorsam verweigert, kriegt sie kein Gewürz.«
»Und wenn man die Menschen auf den Planeten festhält, verhindert man, daß sie Unheil anrichten.«
»Man erreicht damit noch etwas viel Wichtigeres. Ein solches Verhalten führt dazu, daß sie sich nach Reisen sehnen. Damit erzeugt man das Bedürfnis, weite Reisen zu machen und fremdartige Dinge zu sehen. Letztendlich wird Reisen zu einem Synonym für Freiheit.«
»Aber das Gewürz nimmt immer mehr ab«, sagte Hwi.
»Und damit wird die Freiheit von Tag zu Tag kostbarer.«
»Dies kann nur zu noch größerer Verzweiflung und Gewalttätigkeit führen«, sagte Hwi.
»Unter meinen Vorfahren war ein weiser Mann, der ... In
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