Dune 04: Der Gottkaiser des Wüstenplaneten
die Frage, für die dies die Vorbereitung war. Er sagte, daß er sich frage, welche Rolle wir dabei spielen, diese Unterschiedlichkeit in Euch hervorzurufen.«
»Das ist interessant.«
»Ich halte es für eine wahre Einsicht«, sagte Hwi. »Warum habt Ihr mich rufen lassen?«
»Deine Herren auf Ix haben einmal ...«
»Es sind nicht mehr meine Herren, Herr.«
»Entschuldige. Von nun an werde ich sie nur noch ›die Ixianer‹ nennen.«
Hwi nickte ernst und fragte: »Was haben sie getan?«
»Die Ixianer hatten vor, eine Waffe zu konstruieren – eine Art Jäger-Sucher mit Eigenantrieb und einem maschinellen Bewußtsein. Sie haben diese Waffe erschaffen, damit sie unabhängig auf ein lebendes Ziel zusteuern und dieses auf seine anorganische Materie reduzieren sollte.«
»Davon habe ich nie gehört, Herr.«
»Das weiß ich. Die Ixianer erkennen einfach nicht, daß die Konstrukteure von Maschinen ständig in der Gefahr leben, selbst zu Maschinen zu werden. Dies ist die äußerste Sterilität. Maschinen versagen immer – nach gewisser Zeit. Und als diese Maschinen scheiterten, blieb nichts übrig, nicht das geringste Leben.«
»Manchmal glaube ich, sie sind verrückt«, sagte Hwi.
»Das meint auch Anteac. Das ist das dringendste Problem. Die Ixianer haben sich neuerdings auf ein Unternehmen eingelassen, das sie geheimhalten.«
»Sogar vor Euch?«
»Sogar vor mir. Ich werde die Ehrwürdige Mutter Anteac beauftragen, in dieser Sache für mich zu ermitteln. Und um ihr zu helfen, möchte ich, daß du ihr alles über den Ort erzählst, an dem du deine Kindheit verbrachtest. Laß kein Detail aus, so geringfügig es auch erscheinen mag. Anteac wird dir beim Erinnern helfen. Wir wollen über alles informiert werden: über jeden Laut, jeden Geruch, das Aussehen und die Namen aller Besucher und ihre Hautfarbe. Sogar ob sie dir sympathisch waren oder nicht. Die kleinste Kleinigkeit kann lebenswichtig sein.«
»Glaubt Ihr, das ist der Ort, an dem sie im geheimen tätig sind?«
»Ich weiß es.«
»Und Ihr glaubt, sie bauen an dieser Waffe?«
»Nein, aber das wird uns das Alibi liefern, das wir brauchen, um uns dort umzusehen, wo du geboren wurdest.«
Hwi öffnete den Mund und lächelte zögernd. Dann sagte sie: »Ihr seid ein Schlitzohr, Herr. Ich werde sofort mit der Ehrwürdigen Mutter sprechen.« Sie wollte aufstehen, aber Leto hielt sie mit einer Geste davon ab.
»Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, daß wir es eilig haben«, sagte er.
Hwi sank auf das Kissen zurück.
»Laut Moneos Beobachtung unterscheidet sich jeder von uns vom anderen«, sagte Leto. »Die Genese hört nicht auf. Euer Gott erschafft euch fortwährend.«
»Was wird Anteac finden? Ihr wißt es, nicht wahr?«
»Wollen wir es so ausdrücken: Ich bin mir ziemlich sicher. Aber du hast noch nicht einmal das Thema erwähnt, das ich vorher angeschnitten habe. Hast du keine Fragen?«
»Ihr werdet mir die Antworten geben, wenn es erforderlich ist.« Diese Aussage enthielt so viel Vertrauen, daß es Leto die Sprache verschlug. Er konnte sie nur ansehen und sich klarmachen, wie außergewöhnlich dieses vollendete Werk der Ixianer – dieses Menschenwesen – war. Hwi blieb dem Diktat ihrer selbstgewählten Moral absolut treu. Sie war gutaussehend, liebevoll und ehrlich und von einem emphatischen Wahrnehmungssinn geleitet, der sie dazu zwang, jedwede Qual mit jenen zu teilen, mit denen sie sich identifizierte. Er konnte sich vorstellen, mit welcher Bestürzung ihre Bene-Gesserit-Lehrerinnen reagiert hatten, als sie mit diesem unbeweglichen Kern schonungsloser Aufrichtigkeit konfrontiert worden waren. Es war ihnen wahrscheinlich nichts anderes übriggeblieben, als ihre Fähigkeiten da und dort um eine Kleinigkeit zu vervollkommnen und jene Kräfte in ihr zu bestärken, die verhinderten, daß aus Hwi eine der ihren werden konnte. Wie mußte das an ihnen genagt haben!
»Herr«, sagte Hwi, »ich würde gerne wissen, welches Eure Beweggründe waren, dieses Leben zu wählen.«
»Zuerst mußt du verstehen, wie es ist, unsere Zukunft zu sehen.«
»Mit Eurer Hilfe will ich es gern versuchen.«
»Nichts ist je von seinem Ursprung abgeschnitten«, sagte Leto. »Zukünfte zu sehen, ist die Vision eines Kontinuums, in dem alle Dinge die Form von Blasen annehmen, die sich unter einem Wasserfall bilden. Man sieht sie, und dann verschmelzen sie mit dem Strom. Wenn der Strom seine Mündung erreicht, ist es, als hätten die Blasen nie existiert. Der Strom ist
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