Dune 04: Der Gottkaiser des Wüstenplaneten
Aktivitäten lege, statt auf deren Qualität.«
»Ist sie nicht wunderbar, Moneo? Hat sie die Unruhe unter den Fischrednern wahrgenommen?«
»Ich glaube schon, Herr.«
»Der Gedanke an meine Hochzeit verwirrt sie.«
»Deswegen habe ich den Duncan fortgeschickt, Herr.«
»Verständlich. Und Siona gleich mit, um ...«
»Herr, ich weiß, daß du sie geprüft hast und sie ...«
»Sie nimmt den Goldenen Pfad ebenso wahr wie du, Moneo.«
»Warum fürchte ich sie dann, Herr?«
»Weil dir die Vernunft über alles geht.«
»Aber ich kenne nicht den Grund meiner Angst!«
Leto lächelte. Ein Spiel mit runden Würfeln konnte kaum andere Ergebnisse bringen. Moneos Emotionen waren ein wundersames Schauspiel, das nur auf dieser Bühne gespielt wurde. Wie nahe er sich doch stets am Bühnenrand bewegte, ohne es zu merken!
»Moneo, warum bestehst du darauf, dem Kontinuum Einzelstücke zu entnehmen?« fragte Leto. »Wenn du in ein Spektrum schaust, verlangt es dich dann nach einer Farbe ganz besonders?«
»Herr, ich verstehe dich nicht!«
Leto schloß die Augen und dachte an die zahllosen Gelegenheiten, bei denen er diesen Ausruf schon gehört hatte. Die Gesichter wurden zu einer Wand. Um sie auszuradieren, machte er die Augen wieder auf.
»Solange es noch einen lebenden Menschen gibt, der sie sehen kann, werden die Farben keine lineare Mortis erleiden, selbst wenn du stirbst, Moneo.«
»Was ist dieses Farbding, Herr?«
»Das Kontinuum, das Nichtendende, der Goldene Pfad.«
»Aber du siehst Dinge, die wir nicht sehen, Herr!«
»Weil ihr euch weigert!«
Moneo ließ das Kinn auf die Brust sinken. »Herr, du weißt, daß ich den anderen vieles voraushabe. Deswegen vergöttern wir dich, und ...«
»Verdammt noch mal, Moneo!«
Moneo riß den Kopf hoch und starrte Leto voller Entsetzen an.
»Zivilisationen brechen zusammen, wenn ihre Kräfte über ihre Religionen hinauswachsen!« sagte Leto. »Warum kannst du das nicht einsehen? Hwi kann es.«
»Sie ist eine Ixianerin, Herr. Vielleicht ...«
»Sie ist ein Fischredner! Sie ist es seit ihrer Geburt gewesen. Sie wurde geboren, um mir zu dienen. Nein!« Als Moneo zum Sprechen ansetzte, hob Leto eine seiner winzigen Hände. »Die Fischredner sind verstört, weil ich sie meine Bräute nannte und sie nun einer Fremden gegenüberstehen, die, obwohl sie keinen Siaynoq kennt, mehr weiß als sie.«
»Wie kann es sein, Herr, daß deine Fisch...?«
»Was sagst du? Jeder von uns kommt in die Welt und weiß, wer er ist und was man von ihm erwartet.«
Moneo öffnete den Mund, aber er schloß ihn wieder, ohne ein Wort zu sagen.
»Kleinkinder wissen das«, sagte Leto. »Erst nachdem die Erwachsenen sie durcheinandergebracht haben, fangen die Kinder an, dies vor sich selbst zu verbergen. Moneo! Gib dich zu erkennen!«
»Herr, ich kann nicht!« Die Worte wurden Moneo förmlich entrissen. Er zitterte vor Qual. »Ich habe nicht deine Kräfte und dein Wissen ...«
»Genug!«
Moneo verstummte. Sein Leib bebte.
Leto sagte mit beruhigender Stimme: »Es ist in Ordnung, Moneo. Ich habe zuviel von dir verlangt und sehe, daß du erschöpft bist.«
Langsam ebbte Moneos Zittern ab. Gierig rang er nach Atem.
Leto sagte: »Wir werden an der Zeremonie etwas ändern. Wir werden nicht die Wasserringe meiner Schwester Ghanima verwenden. Wir werden statt dessen die meiner Mutter nehmen.«
»Die von Lady Chani, Herr? Aber wo sind ihre Ringe?«
Leto verdrehte seinen auf dem Wagen liegenden Rumpf und deutete auf die Schnittlinie zweier links von ihm liegender höhlenartiger Nischen, wo das matte Licht eine der ältesten Grabdecken der Atreides auf Arrakis freigab. »In ihrem Grab, in der ersten Nische. Du wirst die Ringe herausholen und sie zur Zeremonie mitbringen, Moneo.«
Moneo warf einen Blick in die Dunkelheit der Krypta. »Herr ... ist es nicht – eine Entweihung, wenn man ...?«
»Du vergißt, wer in mir lebt, Moneo.« Und dann sagte Leto mit Chanis Stimme: »Mit meinen Wasserringen kann ich tun, was ich will.«
Moneo duckte sich. »Ja, Herr. Ich werde sie mit nach Tabur nehmen, wenn ...«
»Tabur?« fragte Leto mit seiner eigenen Stimme. »Aber ich habe es mir anders überlegt. Wir werden in Tuono heiraten!«
44
Ein Großteil der Zivilisation baut auf Feigheit auf. Indem man Feigheit lehrt, wird es leicht, Kultur zu betreiben. Man verwässert die Kriterien, die zum Mutigsein herausfordern. Man setzt dem Willen Grenzen. Man reguliert den Appetit. Man zäunt den Horizont ein. Man
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