Dune 04: Der Gottkaiser des Wüstenplaneten
verlorenen Realität weiter und weiter durch die Finger. Was hatte Leto hier angerichtet? Diese Museumsfremen hatten außer ihrer nackten Existenz und ein paar murmelnd dahergesagten Sprüchen, die sie weder verstehen noch richtig aussprechen konnten, alles verloren.
Als er zu Siona zurückkehrte und sich vorbeugte, um den Schnitt von Garuns brauner Robe zu studieren, sah er, daß sie zu eng war. Und das lag daran, daß man Stoff sparen mußte. Darunter konnte man die graue glatte Haut eines Destillanzugs erkennen. Er war dem Sonnenlicht ausgesetzt. Ein echter Fremen hätte so etwas niemals zugelassen. Idaho sah sich den Rest der Delegation an und registrierte, daß sich die anderen Männer in ihrer Kleidung kaum von Garun unterschieden. Die Knappheit ihrer Roben ließ keinen Platz für Emotionen. Gewänder dieser Art gestatteten keine großzügigen Gesten und beschnitten die Freiheit der Bewegung. Ihre Roben waren eng und hinderlich. Sie sperrten das Volk ein!
Von Verärgerung übermannt, stürzte Idaho plötzlich vor und riß Garuns Robe auf, um sich den Destillanzug anzusehen. Genau wie er es erwartet hatte! Der Anzug war die nächste Schande – er hatte weder Ärmel noch Stiefelpumpen.
Garun wich zurück und legte seine Hand auf den Knauf des Messers, das Idaho freigelegt hatte. »He! Was soll das?« fragte Garun mit nörgelnder Stimme. »Man faßt einen Fremen nicht so an!«
»Du willst ein Fremen sein?« herrschte Idaho ihn aufgebracht an. »Ich habe bei den Fremen gelebt! Ich habe an ihrer Seite gegen die Harkonnens gekämpft! Ich bin mit ihnen gestorben! Eine Schande bist du!«
Die Fingerknöchel Garuns, die noch immer das Messer umklammerten, traten weiß hervor. Er wandte sich Siona zu und fragte: »Wer ist dieser Mann?«
Nayla sagte: »Dies ist Duncan Idaho.«
»Der Ghola?« Garun warf einen Blick auf Idahos Gesicht. »Sie sind der erste, der hierher kommt.«
Idaho hatte plötzlich das unbändige Verlangen, in diesem Ort aufzuräumen, selbst wenn es ihn das Leben kosten sollte – sein sinnloses Leben, das Menschen, die nicht das geringste Interesse an ihm hatten, fortwährend von vorne beginnen lassen konnten. Ein älteres Modell, ja! Das war er. – Aber dies war kein Fremen.
»Entweder ziehst du dein Messer oder du läßt es los«, sagte Idaho.
Garun riß die Hand vom Griff. »Es ist kein echtes Messer«, sagte er. »Nur eine Attrappe.« Seine Stimme nahm einen eifrigen Ausdruck an. »Aber wir haben richtige Messer, sogar Crysmesser! Wir haben sie in Glasbehälter gestellt, damit sie erhalten bleiben und man sie ansehen kann.«
Idaho konnte nicht mehr an sich halten. Er warf den Kopf in den Nacken und fing an zu lachen. Siona lächelte, aber Nayla schaute nachdenklich drein, und die anderen Fischredner bildeten einen engen, wachsamen Kreis um sie.
Das Gelächter übte eine eigenartige Wirkung auf Garun aus. Er beugte den Kopf und faltete die Hände – aber nicht rechtzeitig genug, um Idahos Blick zu verbergen, daß sie zitterten. Als Garun wieder aufschaute, tat er das, um Idaho unter dichten Brauen hervor zu mustern. Idaho fühlte sich schlagartig ernüchtert. Es war, als hätte ein schrecklicher Stiefeltritt Garuns Ich zerschmettert und ihm furchtsame Unterwürfigkeit eingebleut. In den Augen des Mannes war ein aufmerksames Warten. Und ohne daß er den Grund dafür hätte erklären können, fiel Idaho ein Abschnitt aus der Orange-Katholischen Bibel ein, so daß er sich fragte: Sind dies die Sanftmütigen, die uns alle überleben und das Universum erben werden?
Garun räusperte sich und sagte: »Möchte der Ghola Duncan Idaho vielleicht an unseren Sitten und Gebräuchen teilnehmen und sie beurteilen?«
Die ohne Hintersinn geäußerte Frage beschämte Idaho. Ohne nachzudenken sagte er: »Ich will euch alles über die Fremen lehren, was ich weiß.« Als er aufschaute, sah er, daß Nayla finster die Stirn runzelte. »Es wird dazu beitragen, die Zeit totzuschlagen«, sagte er. »Und – wer weiß? Vielleicht gibt es diesem Land sogar etwas von seiner Originalität wieder.«
Siona sagte: »Wir sind nicht hier, um kultische Spielchen zu betreiben! Bringt uns in unser Quartier.«
Nayla beugte sich verlegen zu ihr herab und sagte zögernd, ohne Siona anzusehen: »Kommandantin, ich wagte Ihnen gegenüber nicht zu erwähnen, daß ...«
»... du dafür sorgen mußt, daß wir auch in diesem Drecknest bleiben«, fiel Siona ihr ins Wort.
Nayla sah Siona unbehaglich an. »Wo sollten Sie schon
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