Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten
Wenn er sagt, wir trauen den neuen Verbündeten, dann trauen wir ihnen.
Burzmali hatte sich erfreut gezeigt, seinen alten Kommandanten sicher und lebend wiedergefunden zu haben.
Aber seit ihrer letzten Begegnung hatte es geschneit, und nun waren sie überall von Schnee umgeben: eine Tabula rasa, auf der man alle Spuren deutlich lesen konnte. Mit Schnee hatten sie nicht gerechnet. Ob es unter den Wettermachern Verräter gab?
Teg fröstelte. Die Luft war kalt. Sie fühlte sich an wie die leere Kälte des Weltraums und verhieß dem Sternenlicht freien Zutritt zum sie umgebenden Waldgebiet. Das magere Licht wurde deutlich vom schneebedeckten Boden und den weißen, das Gestein überziehenden Wächten zurückgeworfen. Die dunklen Umrisse der Koniferen und die blattlosen Äste der Laubbäume waren nur anhand weißlich verschwommener Ränder zu erkennen. Alles andere lag in tiefen Schatten.
Lucilla hauchte auf ihre Finger, beugte sich Teg entgegen und flüsterte: »Müßte er nicht schon hier sein?«
Teg wußte, daß sie in Wahrheit etwas ganz anderes meinte: »Ist Burzmali vertrauenswürdig?« Das war die Frage. Sie hatte sie ihm immer wieder gestellt, seit Teg ihr vor acht Tagen den Plan auseinandergelegt hatte.
Er konnte nichts anderes sagen als: »Ich gebe mein Leben dafür hin.«
»Und das unsere auch!«
Teg gefielen die zunehmenden Ungewißheiten ebenso wenig, aber im Endeffekt hing jeder Plan von den Fertigkeiten jener ab, die ihn ausgeheckt hatten.
»Du bist es gewesen, die darauf bestanden hat, daß wir hinausgehen und uns nach Rakis begeben«, erinnerte er sie. Er hoffte, daß sie sein Lächeln sehen konnte; eine Geste, die dazu dienen sollte, seinen Worten die Schärfe zu nehmen.
Lucilla zeigte jedoch nicht, daß sie besänftigt war. Teg war noch keiner Ehrwürdigen Mutter begegnet, die eine derartige Nervosität gezeigt hatte. Wenn sie von ihren neuen Verbündeten erfuhr, würde sie noch nervöser werden! Natürlich war da noch die Tatsache, daß sie es nicht geschafft hatte, den Auftrag auszuführen, den Taraza ihr gegeben hatte. Dies mußte sie ganz schön piesacken!
»Wir haben einen Eid darauf abgelegt, daß wir den Ghola beschützen«, erinnerte sie ihn.
»Burzmali hat den gleichen Eid abgelegt.«
Teg warf Duncan, der schweigend zwischen ihnen stand, einen Blick zu. Duncan ließ nicht erkennen, ob er ihren Wortwechsel gehört hatte oder ihre Nervosität teilte. Eine uralte Gelassenheit hielt seine Züge im Zaum. Teg wurde klar, daß er in die Nacht hineinlauschte, daß er das tat, was sie an sich alle drei hätten tun sollen. Auf seinem jungen Gesicht lag ein seltsamer Ausdruck von altersloser Reife.
Wenn ich je vertrauenswürdige Gefährten gebraucht habe, dachte Duncan, dann jetzt! Sein Geist hatte die Vergangenheit durchforscht – bis zurück in die Giedi-Primus-Ära, als er noch ein Mensch gewesen war. Nächte wie diese hatte man damals ›eine Harkonnen-Nacht‹ genannt. In Nächten wie dieser hatten die Harkonnens aus der warmen Sicherheit ihrer suspensorgetriebenen Panzer fröhliche Jagdzüge unternommen. Ein angeschossener Flüchtling konnte in der Kälte sterben. Die Harkonnens kannten sich aus! Verflucht seien ihre Seelen!
Wie zu erwarten gewesen war, zog Lucilla Duncans Aufmerksamkeit mit einem Blick auf sich, der besagte: »Wir beide haben noch etwas miteinander zu erledigen.«
Duncan wandte sein Gesicht dem Sternenlicht zu, um sicherzugehen, daß sie sein Lächeln auch sah. Sein Blick war angriffslustig und wissend, was dazu führte, daß Lucilla sich innerlich versteifte. Duncan ließ die schwere Lasgun von der Schulter gleiten und überprüfte sie. Lucilla fiel auf, daß die Schulterstütze der Waffe mit verschnörkelten Schnitzereien versehen war. Es war zwar eine Antiquität, aber der tödliche Sinn der Waffe war deutlich erkennbar. Duncan legte sie über den linken Arm. Seine Rechte umfaßte den Griff. Ein Finger lag auf dem Abzug. Jetzt trug er seine Waffe so wie Teg sein moderneres Modell.
Lucilla wandte ihren beiden Gefährten den Rücken zu und schickte ihre Sinne aus, um das über und unter ihnen liegende Hügelgebiet zu überprüfen. Sie hatte sich kaum bewegt, als es überall um sie herum laut wurde. Geräusche erfüllten die Nacht – rechts von ihnen ertönte ein mächtiges Gerumpel, dann war Stille. Jetzt kam es von unterhalb. Stille. Von oberhalb! Von allen Seiten zugleich!
Schon beim allerersten Geräusch hatten sie sich allesamt in die felsige Deckung vor dem
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