Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten
»Er wird jeden Lebenssucher narren.«
Das Unerwartete.
Nicht ein einziges Mal während seiner Vorbereitungen war Burzmali davon ausgegangen, daß seine Handlungen unbemerkt bleiben würden. Er konnte seine Verwundbarkeit nur zur Schau stellen.
Als der Angriff dann kam, stellte er fest, daß er einem vorhersehbaren Muster zu folgen schien. Er hatte damit gerechnet, daß die Angreifer sich auf Nicht-Schiffe und einen großen Trupp verließen – so wie sie den Angriff auf die Gammu-Festung unternommen hatten. Die Analytikerinnen der Schwesternschaft hatten ihm versichert, daß die hauptsächliche Bedrohung von den Truppen der Diaspora drohte – Tleilaxu-Nachfahren, die unter der Fuchtel rücksichtsloser Frauen standen, die sich selbst ›Geehrte Matres‹ nannten. Burzmali hielt dies für ein zu großes Selbstvertrauen, weniger für Dreistigkeit. Wirkliche Dreistigkeit gab es nur in den Leuten, die der Bashar Miles Teg ausgebildet hatte. Außerdem half es ihm, daß man sich auf Teg verlassen konnte, wenn man innerhalb der Beschränkungen eines Vorhabens zum Improvisieren gezwungen war.
Mit Hilfe seiner Leute verfolgte Burzmali die wirre Flucht Duncans und Lucillas. Während Burzmali und seine ausgewählte Ersatzmannschaft die Angreifer im Auge behielten, ohne ihre Stellungen je zu verraten, erzeugten Soldaten mit Kom-Helmen und Nachtbrillen an den Scheinstellungen den Eindruck hektischer Aktivität. Daran, wie Teg gegen die Angreifer vorging, konnte man seinen Bewegungen leicht folgen.
Burzmali nahm billigend zur Kenntnis, daß Lucilla keine Pause einlegte, als sich der Schlachtenlärm in ihrem Rücken intensivierte. Duncan wollte jedoch stehenbleiben und hätte den Plan beinahe zunichte gemacht. Lucilla rettete den Augenblick, indem sie gegen einen empfindlichen Nerv stieß und ausrief: »Du kannst ihm nicht helfen!«
Burzmali, der ihre Stimme deutlich durch seinen Helmverstärker hörte, hielt fluchend die Luft an. Auch andere würden sie hören! Zweifellos hatte man schon jetzt ihre Fährte aufgenommen.
Burzmali gab durch das in seinen Hals implantierte Mikrofon einen Befehl und bereitete sich darauf vor, seinen Posten zu verlassen. Der größte Teil seiner Aufmerksamkeit galt Duncan und Lucilla, die sich weiter näherten. Wenn alles wie geplant verlief, würden seine Leute die beiden aus der Gefahrenzone bringen. Zwei helmlose und verkleidete Soldaten konnten dann die Flucht in Richtung auf die Scheinstellungen fortsetzen.
Inzwischen rief Teg einen Pfad der Zerstörung hervor, der breit genug war, einem großen Bodenfahrzeug Bahn zu brechen.
Einer von Burzmalis Adjutanten meldete: »Zwei Angreifer nähern sich dem Bashar von hinten!«
Burzmali winkte den Mann beiseite. Er konnte sich momentan so gut wie gar nicht mit Tegs Chancen befassen. Es galt, alle Kräfte auf die Rettung des Gholas zu konzentrieren. Seine Gedanken waren ganz im Banne dessen, was er sah.
Los! Renn! Renn doch, verflucht!
Lucilla hegte ähnliche Gedanken, als sie Duncan weiterdrängte und dicht hinter ihm blieb, um ihn mit ihrem Körper abzuschirmen. In ihrem Innern war alles auf äußersten Widerstand eingestellt. Ihre gesamte Konditionierung und Ausbildung kam in diesen Minuten zum Vorschein. Gib niemals auf! Aufgeben war gleichbedeutend mit der Weitergabe ihres gesamten Wissens an eine andere Schwester, und das tat man nur im Angesicht des Todes. Selbst Schwangyu hatte alles wieder gutgemacht – sie hatte sich dem totalen Widerstand verschrieben und war in der bewundernswürdigen Tradition der Bene Gesserit untergegangen – kämpfend bis zuletzt. Burzmali hatte sie dies über Teg wissen lassen. Und Lucilla, sich der zahllosen Leben in ihrem Innern bewußt, dachte: Es ist das mindeste, was man von mir verlangen kann!
Sie folgte Duncan in ein enges Loch neben dem Stamm eines gewaltigen Pilingitam, und als sich aus der Dunkelheit Männer erhoben, um sie und ihn zu Boden zu zerren, reagierte sie fast wie ein Berserker, ehe eine Stimme, die Chakobsa sprach, ihr ins Ohr flüsterte: »Freunde!« Dies verzögerte ihre Reaktion einen Herzschlag lang. Dann sah sie, daß zwei verkleidete Gestalten ihren ursprünglichen Fluchtweg fortsetzten. Dies enthüllte ihr den Plan und die Identität der Männer, die sie gegen den stark modrig riechenden Boden drückten, mehr als alles andere. Vor ihr wurde Duncan in einen Tunnel gezogen. Als die Männer, die Chakobsa sprachen, größere Schnelligkeit verlangten, verstand sie, daß es hier um
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