Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten
vertrauen?«
»Teg«, erwiderte Burzmali. »Und ich.« Er sah die alte Frau an. »Du kannst es ihnen sagen, Sirafa. Wir haben genug Zeit.«
»Sie werden dieses Gewand tragen, während Sie Burzmali nach Ysai begleiten«, sagte Sirafa.
Sirafa, dachte Lucilla. Der Name klang beinahe Bene Gesserit-verwandt.
Sirafa schaute Duncan an. »Ja, er ist noch klein genug. Wir werden ihn verkleiden und einen separaten Weg nehmen lassen.«
»Nein!« sagte Lucilla. »Ich habe Befehl, ihn zu bewachen!«
»Seien Sie nicht kindisch!« sagte Sirafa. »Man wird nach einer Frau Ausschau halten, deren Äußeres dem Ihren entspricht, und die von einem Jungen begleitet wird, der aussieht wie er. Niemand wird auf eine Spielfrau der Geehrten Matres achten, die jemanden für die Nacht bei sich hat. Das gleiche gilt für einen Tleilaxu-Meister mit seinem Gefolge.«
Lucilla befeuchtete mit der Zunge ihre Lippen. Sirafa drückte sich mit der beruhigenden Zuversicht einer Haus-Prokuratorin aus.
Sirafa legte das Drachengewand über eine Sofalehne. Sie stand jetzt in einem enganliegenden, schwarzen Trikot da, das nichts von ihrem gelenkigen und biegsamen – ja, sogar wohlgeformten – Körper verbarg. Ihr Leib sah viel jünger aus als ihr Gesicht. Als Lucilla sie ansah, legte Sirafa beide Handflächen über ihre Stirn und ihre Wangen und glättete sie. Ihre Altersrunzeln schwanden, ein jüngeres Gesicht kam zum Vorschein.
Ein Gestaltwandler?
Lucilla starrte die Frau an. Sonst wies sie keinerlei Anzeichen eines Gestaltwandlers auf. Aber dennoch ...
»Ziehen Sie das Gewand aus!« befahl Sirafa. Auch ihre Stimme war nun jünger – und klang befehlender.
»Sie müssen es tun«, bat Burzmali. »Sirafa wird Ihre Stelle einnehmen. Ein weiteres Täuschungsmanöver. Sonst kommen wir nicht durch.«
»Durch?« fragte Duncan. »Wohin?«
»Zu einem Nicht-Schiff«, sagte Burzmali.
»Und wohin wird es uns bringen?« wollte Lucilla wissen.
»In Sicherheit«, sagte Burzmali. »Man wird uns mit Shere vollpumpen, mehr kann ich nicht sagen. Selbst die Wirkung von Shere vergeht mit der Zeit.«
»Wie will man mich denn wie einen Tleilaxu maskieren?« fragte Duncan.
»Vertraut uns, es geht«, sagte Burzmali. Er wandte sich wieder Lucilla zu. »Ehrwürdige Mutter?«
»Sie lassen mir keine andere Wahl«, sagte Lucilla. Sie öffnete die Verschlüsse ihres Gewandes und ließ es zu Boden fallen. Dann entnahm sie ihrem Mieder die kleine Handwaffe und warf sie auf das Sofa. Das Trikot, das sie trug, war hellgrau. Sie sah, daß Sirafa es zur Kenntnis nahm – und ebenso die Messer in den Scheiden ihrer Beinkleider.
»Manchmal tragen wir schwarze Unterkleider«, sagte Lucilla, während sie in das Drachengewand schlüpfte. Der Stoff sah zwar schwer aus, trug sich aber leicht. Sie drehte sich darin, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie es sich ihren Körperformen anpaßte, wenn sie sich bewegte. Es schien, als hätte man das Gewand eigens für sie gemacht. Am Hals fand sie eine rauhe Stelle. Sie hob den Arm und betastete sie mit einem Finger.
»Die Stelle, an der sie der Pfeil getroffen hat«, sagte Sirafa. »Wir waren zwar schnell, aber die Säure hat das Gewebe etwas angegriffen. Mit bloßem Auge kann man jedoch nichts davon sehen.«
»Trägt sie es so richtig?« fragte Burzmali Sirafa.
»Sehr gut. Aber ich muß sie instruieren. Sie darf keinen Fehler machen, sonst ist es mit euch beiden aus.« Sie schlug beide Handflächen gegeneinander, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen.
Wo habe ich diese Geste schon einmal gesehen? fragte sich Lucilla.
Duncan berührte die Unterseite ihres rechten Arms und morste ihr mit flinken Fingern zu: »Der Handschlag! Eine Sitte auf Giedi Primus.«
Lucillas Weitergehende Erinnerungen bestätigten seine Antwort. Gehörte diese Frau einer zurückgezogen lebenden Gemeinschaft an, die die archaischen Traditionen bewahrte?
»Der Bursche muß jetzt gehen«, sagte Sirafa. Sie deutete auf die beiden zurückgebliebenen Mitglieder der Eskorte. »Bringt ihn hin!«
»Das gefällt mir nicht«, sagte Lucilla.
»Wir haben keine andere Wahl!« fuhr Burzmali sie an.
Lucilla hatte keine andere Möglichkeit, als ihm zuzustimmen. Sie wußte, sie verließ sich auf den Eid, den Burzmali vor der Schwesternschaft abgelegt hatte. Und sie erinnerte sich daran, daß Duncan keineswegs ein Kind war. Sie und der alte Bashar hatten seine Prana-Bindu-Reaktionen persönlich konditioniert. Der Ghola verfügte über Fähigkeiten, gegen die außerhalb
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