Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten
gab es Tormsa zurück. »Es wurde ›das Baronat‹ genannt.«
»Ysai«, sagte Tormsa.
»So heißt es heute«, sagte Duncan. »Ich kenne auch noch ein paar weitere Namen.«
Er holte tief Luft, um den alten Haß in sich zu verdrängen. Diese Leute waren jetzt alle tot. Nur das Gebäude war geblieben. Und die Erinnerungen. Er nahm die Stadt, die das gewaltige Bauwerk umgab, näher in Augenschein. Der Ort war eine ausgedehnte Masse von Ameisenhaufen. Da und dort gab es Grünflächen, die hinter hohen Mauern lagen. Einzelresidenzen mit Privatparks, hatte Teg gesagt. Das Fernrohr ließ Wächter erkennen, die auf den Mauern patrouillierten.
Tormsa spuckte vor sich auf den Boden. »Ein Harkonnen-Ort.«
»Gebaut, damit sich die Menschen klein fühlen«, sagte Duncan.
Tormsa nickte. »Klein, damit sie sich schwach vorkommen.«
Duncan fand, daß sein Führer beinahe redselig wurde. Während der Nacht hatte Duncan hin und wieder gegen das Redeverbot verstoßen und versucht, ein Gespräch anzufangen.
»Was ist das hier für ein Wildwechsel?«
Für jemanden, der ganz offensichtlich einem Wildwechsel folgte, der sogar nach Tieren roch, schien dies eine logische Frage zu sein.
»Seien Sie still!« hatte Tormsa gefaucht.
Später hatte Duncan gefragt, warum sie für ihre Flucht nicht irgendein Fahrzeug benutzten. Selbst ein Bodenfahrzeug wäre ihm lieber gewesen angesichts dieses schmerzenden Marsches durch eine Gegend, in der jeder Weg wie der andere auszusehen schien.
Auf diese Frage hin war Tormsa stehengeblieben. Sie standen nun beide im Mondlicht, und Tormsa schaute Duncan an, als sei er sich plötzlich dessen bewußt geworden, daß sein Schützling ein Recht darauf habe, daß man seine Fragen beantwortete.
»Fahrzeuge können uns folgen!«
»Und wenn wir zu Fuß gehen, geht das nicht?«
»Verfolger müssen auch zu Fuß gehen. Hier kostet es sie das Leben. Das wissen sie.«
Welch verrückte Umgebung! Welch primitiver Ort.
Als er noch in der Bene Gesserit-Festung gelebt hatte, war Duncan die Natur des ihn umgebenden Planeten überhaupt nicht klar geworden. Später, in der Nicht-Kugel, war er vom Kontakt mit der Außenwelt abgeschnitten gewesen. Zwar besaß er die Erinnerungen seines ursprünglichen Daseins und das Wissen, das er als Ghola gesammelt hatte – aber wie nutzlos beides war! Jetzt, als er darüber nachdachte, verstand er, daß er einige Hinweise übersehen hatte. Es war offensichtlich, daß Gammu über eine rudimentäre Wetterkontrolle verfügte. Und Teg hatte gesagt, daß die den Planeten umkreisenden Wacheinheiten, die Gammu vor einem Angriff bewahrten, zu den besten gehörten.
Für den Schutz tat man alles, aber für die Bequemlichkeit verdammt wenig! In dieser Hinsicht glich Gammu Arrakis.
Rakis, korrigierte er sich.
Teg. Hatte der alte Mann überlebt? Hatte man ihn gefangengenommen? Was bedeutete es, wenn man in diesem Alter gefangengenommen wurde? In der Harkonnen-Ära hatte es brutale Sklaverei bedeutet. Burzmali und Lucilla ... Er sah Tormsa an.
»Werden wir Lucilla und Burzmali in der Stadt finden?«
»Wenn sie durchkommen.«
Duncan musterte seine Kleider. Reichte diese Kostümierung überhaupt aus?
Ein Tleilaxu-Meister mit seinem Begleiter? Die Leute würden Tormsa natürlich für einen Gestaltwandler halten. Und Gestaltwandler waren gefährlich.
Die sackähnlichen Hosen waren aus einem Material, das Duncan nie zuvor gesehen hatte. Wenn er es mit der Hand berührte, fühlte es sich wie Wolle an, aber er spürte, daß es künstlichen Ursprungs war. Spuckte er darauf, blieb die Flüssigkeit nicht haften – und es roch auch nicht nach Wolle. Seine Finger entdeckten eine gewisse Einförmigkeit des Materials. Natürliches Gewebe wies diese Eigenschaft nicht auf. Die hohen, weichen Stiefel und die Kappe waren aus dem gleichen Gewebe. Seine Beinkleider waren lose und aufgebläht, außer an den Schenkeln. Aber nicht wattiert. Sie waren auf eine Weise isoliert, die die Luft mit einem Trick zwischen den Schichten festhielt. Die Farbe war ein marmoriertes Graugrün – in einer Umgebung wie dieser die beste Tarnung, die es gab. Tormsa trug ähnliche Kleider.
»Wie lange werden wir hier warten?« fragte Duncan.
Tormsa schüttelte den Kopf, damit Duncan schweigen sollte. Er saß nun auf dem Boden, hatte die Beine hochgezogen und umklammerte die Knie mit den Armen. Er legte den Kopf auf seine Knie und überblickte mit offenen Augen das Tal.
Während der nächtlichen Wanderung war die Kleidung
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