Dune 05: Die Ketzer des Wüstenplaneten
an ihrem Getränk und seufzte. »Jemineh – es war eine harte, aber gute Arbeit. Und es hätte nicht viel gefehlt, und ich wäre ziemlich ausfallend geworden.«
Ihre entspannte Art fand Teg beinahe rührend. Es war keine Pose, keine rasch aufgesetzte Maske, um den Unterschied zwischen ihnen zu verdeutlichen und ihre festgelegten Rollen in der Bene Gesserit-Hierarchie festzuschreiben. Sie war einfach offen freundlich – ohne den Hintergedanken, ihn irgendwie gefügig zu machen. Es war also das, was es zu sein schien – soviel, wie man über jede Begegnung mit einer Ehrwürdigen Mutter sagen konnte.
Mit zunehmender Freude machte Teg sich klar, daß er ziemlich geschickt darin war, Alma Mavis Taraza zu durchschauen, selbst wenn sie eine ihrer Masken anlegte.
»Deine Mutter hat dir mehr beigebracht, als sie dir hätte beibringen sollen«, sagte Taraza. »Eine Weise Frau, wenn auch eine Ketzerin. Es sieht so aus, als würden wir heutzutage nichts anderes mehr hervorbringen.«
»Ketzerin?« Verstimmung überkam ihn.
»Das ist ein interner Witz der Schwesternschaft«, sagte Taraza. »Wir sind angewiesen, den Befehlen einer Mutter Oberin mit absoluter Ehrerbietung zu folgen. Und das tun wir auch – wenn wir nicht gerade anderer Meinung sind.«
Teg lächelte und nahm einen weiteren großen Schluck.
»Es ist komisch«, sagte Taraza, »aber als wir uns dieser winzigkleinen Konfrontation gegenübersahen, habe ich festgestellt, daß ich mich dir gegenüber verhalte, als wärst du eine meiner Schwestern.«
Teg spürte, wie das Getränk seinen Magen erwärmte. In seinen Nasenflügeln kitzelte es. Er stellte das leere Glas auf einem Beistelltischchen ab und sagte, während er es ansah: »Meine älteste Tochter ...«
»Das müßte Dimela sein. Du hättest sie uns überlassen sollen, Miles.«
»Ich habe diese Entscheidung nicht getroffen.«
»Aber ein Wort von dir ...« Taraza zuckte die Achseln. »Nun, was soll's. Das ist Vergangenheit. Was ist mit ihr?«
»Sie ist der Meinung, ich wäre euch oft sehr ähnlich. Zu oft.«
»Zu oft?«
»Sie ist mir absolut ergeben, Mutter Oberin. Ich glaube nicht, daß sie unsere Beziehung ganz und gar versteht, und ...«
»Worin besteht unsere Beziehung denn?«
»Du befiehlst, ich gehorche.«
Taraza sah ihn über den Rand ihres Glases hinweg an. Als sie es abstellte, sagte sie: »Ja, du bist nie ein echter Ketzer gewesen, Miles. Vielleicht ... eines Tages ...«
Um sie von derartigen Gedankengängen abzubringen, fiel er ihr rasch ins Wort: »Dimela glaubt, daß man so wird wie ihr, wenn man über lange Zeiträume hinweg Melange zu sich nimmt.«
»Tatsächlich? Ist es nicht komisch, Miles, daß ein geriatrisches Mittel so viele Nebenwirkungen haben soll?«
»Ich finde es nicht komisch.«
»Nein, natürlich findest du es nicht komisch.« Sie nahm ihr Glas wieder auf, leerte es und stellte es beiseite. »Ich meinte an sich die Tatsache, daß eine sichtbare Lebensverlängerung in manchen Leuten – besonders in dir – zu einem wesentlichen Verständnis der menschlichen Natur geführt hat.«
»Wir leben länger, deswegen bekommen wir mehr mit«, sagte Teg.
»Ich glaube nicht, daß es so einfach ist. Manche Leute bekommen überhaupt nichts mit. Sie leben einfach vor sich hin. Ihre Existenz ist kaum mehr als eine Art dumpfen Fortbestehens, und sie widersetzen sich stur und verärgert allem, was sie möglicherweise aus ihrer falschen Gemütsruhe aufschrecken könnte.«
»Ich bin nie fähig gewesen, das rechte Gewürzmaß zu finden«, sagte Teg und bezog sich damit auf den alltäglichen Prozeß der Datensortierung eines Mentaten.
Taraza nickte. Offensichtlich sah sie darin auch ein Problem. »Wir von der Schwesternschaft neigen dazu, uns eher wie eingleisig denkende Mentaten zu verhalten«, sagte sie. »Zwar haben wir einen Mechanismus, der uns darauf hinweist, aber wir können es nicht abschütteln.«
»Unsere Vorfahren haben dieses Problem über eine lange Zeit hinweg gehabt«, sagte Teg.
»Bevor es das Gewürz gab, war es anders«, sagte sie.
»Aber damals war das Leben nur kurz.«
»Fünfzig, hundert Jahre; uns mag das nicht sehr lange vorkommen, aber ...«
»Hat man damals schneller gelebt?«
»Man hat sich geradezu überschlagen.«
Sie ließ ihn Einblick in ihre Weiterreichenden Erinnerungen nehmen, bemerkte er. Es war nicht das erste Mal, daß er ein solch altes Wissen teilte. Seine Mutter hatte gelegentlich ebenfalls Wissen dieser Art hervorgeholt, aber stets nur, um
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