Dune 06: Die Ordensburg des Wüstenplaneten
anreden«, sagte sie überheblich.
»Standpunktsache, Bell. Sie sind nicht mehr die Ehrwürdige Mutter, und ich bin nicht mehr ›der Ghola‹. Zwei menschliche Wesen mit einem gemeinsamen Problem. Sagen Sie nicht, dies sei Ihnen nicht bewußt!«
Sie sah sich in seinem Arbeitszimmer um. »Wenn Sie mich erwartet haben, warum ist dann Murbella nicht bei Ihnen?«
»Um sie zu zwingen, Sie zu töten, wenn sie mich verteidigt?«
Bellonda dachte darüber nach. Diese verfluchte Geehrte Mater könnte mich wahrscheinlich umbringen, aber dann ... »Sie haben sie fortgeschickt, um sie zu schützen.«
»Ich habe einen besseren Beschützer.« Idaho deutete auf das Kind.
Teg? Ein Beschützer? Auf Gammu hatte man sich gewisse Dinge über ihn erzählt ... Weiß Idaho etwas?
Sie wollte ihn fragen, aber konnte sie es wagen, das Risiko einzugehen, vom Thema abzuweichen? Die Wachhunde mußten eine klare Vorstellung von der drohenden Gefahr haben.
»Er?«
»Würde er den Bene Gesserit dienen, wenn er sähe, daß Sie mich umbringen?«
Da sie keine Antwort gab, sagte Idaho: »Nehmen Sie meine Stelle ein, Bell. Ich bin ein Mentat, der sich nicht nur in Ihrer Falle gefangen hat, sondern auch in der der Geehrten Matres.«
»Ist das alles, was Sie sind: ein Mentat?«
»Nein. Ich bin ein Tleilaxu-Experiment, aber ich sehe die Zukunft nicht vorher. Ich bin kein Kwisatz Haderach. Ich bin ein Mentat mit den Erinnerungen meiner vielen Leben. Sie sollten mit Ihren eigenen Erinnerungen darüber nachdenken, welche Hebelkraft mir dies verleiht.«
Während er dies sagte, lehnte sich Teg gegen die Konsole an Idahos Ellbogen. Der Ausdruck des Jungen zeigte Neugier, aber sie sah, daß er keine Angst vor ihr hatte.
Idaho deutete auf den über seinem Kopf befindlichen Projektionsfokus. Silberne Punkte tanzten dort, bereit, sich in ein Bild zu verwandeln. »Ein Mentat sieht, daß seine Verstärker Diskrepanzen hervorrufen ... Winterszenen im Sommer, Sonnenschein, wenn seine Besucher durch den Regen gekommen sind. Haben Sie nicht damit gerechnet, daß ich Ihre Spielchen miteinberechnen kann?«
Bellonda witterte den Geist eines Mentaten. Bis hierher teilten sie eine gemeinsame Lehre. Sie sagte: »Natürlich haben Sie sich gesagt, geringschätze nicht das Tao.«
»Ich habe unterschiedliche Fragen gestellt. Dinge, die zusammen geschehen, können untergründige Verbindungen haben. Was ist Ursache und Wirkung, wenn man sie mit der Simultaneität konfrontiert?«
»Sie hatten gute Lehrer.«
»Und nicht nur einen in einem Leben.«
Teg beugte sich zu ihr vor. »Sind Sie wirklich gekommen, um ihn umzubringen?«
Es hatte keinen Zweck, zu lügen. »Ich halte ihn immer noch für zu gefährlich.« Sollten die Wachhunde sich damit herumschlagen!
»Aber er will mir meine Erinnerungen zurückgeben!«
»Tänzer auf gleichem Boden, Bell«, sagte Idaho. »Tao. Wir erwecken vielleicht nicht den Anschein, zusammen zu tanzen. Wir machen vielleicht nicht die gleichen Schritte oder bewegen uns im gleichen Rhythmus, aber man sieht uns zusammen.«
Allmählich vermutete sie, auf was er hinauswollte. Sie fragte sich, ob es einen anderen Weg gab, um ihn zu vernichten.
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, sagte Teg.
»Über interessante Übereinstimmungen«, sagte Idaho.
Teg wandte sich zu Bellonda um. »Könnten Sie mir das bitte erklären?«
»Er will mir klarmachen, daß wir einander brauchen.«
»Warum sagt er es dann nicht?«
»Weil es so einfach auch nicht ist, Junge.« Und sie dachte: Die Aufzeichnung muß zeigen, daß ich Idaho warne. »Die Nase des Esels ist nicht die Ursache seines Schwanzes, Duncan, egal wie oft man dieses Tier auch durch eine Lücke im Bretterzaun vorbeigehen sieht.«
Idahos Blick traf den Bellondas. »Einst kam Dar zu mir und hatte einen blühenden Apfelbaumzweig bei sich, aber meine Projektion zeigte die Erntezeit an.«
»Ein Rätsel, nicht wahr?« sagte Teg und klatschte in die Hände.
Bellonda erinnerte sich an die Aufzeichnung dieses Besuches. Präzise Bewegungen der Mutter Oberin. »An ein Treibhaus haben Sie nicht gedacht?«
»Oder daran, daß sie mir nur eine Freude machen wollte?«
»Darf ich auch mal raten?« fragte Teg.
Nach langem Schweigen trafen sich die Blicke der beiden Mentaten, und Idaho sagte: »Hinter meiner Festsetzung brodelt die Anarchie, Bell. Man ist sich selbst im höchsten Rat uneinig.«
»Es kann auch in der Anarchie Verhandlungen und Entscheidungen geben«, erwiderte sie.
»Sie sind eine
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