Dune 06: Die Ordensburg des Wüstenplaneten
Erwachsenen über mich ergehen?« Humor lenkt sie manchmal ab.
Prester, Sheeanas Akoluthen-Adjutantin, erschien an der Tür und klopfte leise an die Wand, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. »Ich sollte sofort Bescheid sagen, wenn die Forschungsteams zurückkehren.«
»Wie lautet ihr Bericht?«
War da Erleichterung in Sheeanas Stimme?
»Team acht möchte, daß Sie einen Blick auf seine Aufnahmen werfen.«
»Das wollen sie doch immer!«
Sheeana sagte mit erzwungener Frustration: »Wollen Sie sich die Aufnahmen mit mir zusammen ansehen, Mutter Oberin?«
»Ich werde hier warten.«
»Es wird nicht lange dauern.«
Nachdem sie gegangen waren, begab sich Odrade an das Westfenster. Sie hatte einen klaren Ausblick über die Dächer auf die neue Wüste. Da waren kleine Dünen. Die Sonne würde bald untergehen; die trockene Hitze erinnerte sie an den Wüstenplaneten.
Was verheimlicht mir Sheeana?
Ein junger Mann, kaum mehr als ein Junge, lag nackt auf einem Nachbardach in der Sonne, mit dem Gesicht nach oben auf einer meeresgrünen Matratze. Er hatte ein goldfarbenes Handtuch über dem Gesicht. Seine Hautfarbe war ein sonnenwarmes Gold, das zu seinem Handtuch und seinem Schamhaar paßte. Eine leichte Brise zerrte an einem Ende des Handtuchs und hob es an. Ein träger Arm langte nach oben und zog es an seinen Platz zurück.
Wie kann er so untätig sein? Ein Nachtarbeiter? Schon möglich.
Untätigkeit wurde nicht gefördert, und der hier protzte damit. Odrade lächelte vor sich hin. Wer für einen Nachtarbeiter gehalten wurde, war praktisch immer entschuldigt. Vielleicht ließ er es einfach darauf ankommen, daß man ihn für einen solchen hielt. Allerdings durften jene, die es besser wußten, von diesem Trick nichts erfahren.
Ich werde nicht fragen. Intelligenz muß auch mal belohnt werden. Und davon abgesehen: Er könnte tatsächlich ein Nachtarbeiter sein.
Sie hob den Blick. Da bildete sich ein neues Muster – ein exotischer Sonnenuntergang. Über den Horizont zog sich ein schmales, rotes Band. Dort, wo die Sonne gerade in den Sand getaucht war, blähte es sich auf. Das silberne Blau oberhalb des Rots wurde dunkler. Odrade hatte dergleichen schon oft auf dem Wüstenplaneten gesehen. Die meteorologische Erklärung interessierte sie zu wenig, als daß sie sie erforscht hätte. Es war besser, man ließ die Augen diese vergängliche Schönheit in sich aufnehmen; und besser war es, den Ohren und der Haut zu erlauben, die plötzliche Stille zu fühlen, die sich über das Land legte, wenn das Rot sich auflöste und die schnelle Dunkelheit herniedersank.
Sie nahm nur mit einem halben Auge wahr, daß der junge Mann die Matratze und das Handtuch nahm und hinter einem Ventilatorauslaß verschwand.
Auf dem Korridor hinter ihr erklangen eilige Schritte. Sheeana trat – fast außer Atem – ein. »Man hat dreißig Klicks nordöstlich von hier Gewürzmasse gefunden! Klein – aber kompakt!«
Odrade wagte es nicht zu hoffen. »Könnte es sich um eine Windakkumulation handeln?«
»Unwahrscheinlich. Ich habe eine Wache darauf angesetzt. Rund um die Uhr.« Sheeana sah auf das Fenster, an dem Odrade stand. Sie hat Trebo gesehen. Vielleicht ...
»Ich habe dich vorhin gefragt, Sheeana, ob du mit Bell zusammenarbeiten könntest. Es war eine wichtige Frage. Tam wird allmählich alt und muß bald ersetzt werden. Natürlich muß es eine Abstimmung geben.«
»Ich?« Es kam total unerwartet.
»Meine erste Wahl.« Jetzt zwingend. Ich will dich in der Nähe haben, damit ich auf dich aufpassen kann.
»Aber ich dachte ... Ich meine, der Missionaria-Plan ...«
»Der kann warten. Und es muß jemanden geben, der die Würmer beobachten kann ... falls die Gewürzmasse das ist, was wir hoffen.«
»Wie? Ja ... mehrere unserer Leute, aber niemand, der ... Soll ich nicht erst prüfen, ob die Würmer noch auf mich reagieren?«
»Die Arbeit im Rat würde dies nicht verhindern.«
»Ich ... Sie sehen mich überrascht.«
»Ich hätte schockiert gesagt. Sag, Sheeana, was interessiert dich momentan wirklich?«
Sie sondiert immer noch. Trebo, hilf mir doch! »Dafür zu sorgen, daß die Wüste weiterwächst.« Die Wahrheit! »Und natürlich mein Sexualleben. Hast du den jungen Mann auf dem Nachbardach gesehen? Es war Trebo, ein Neuer, den Duncan geschickt hat, damit ich ihm den letzten Schliff gebe.«
Selbst nachdem Odrade gegangen war, fragte Sheeana sich noch, warum diese Worte eine solche Ausgelassenheit hervorgerufen hatten. Die Mutter
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