Dune 06: Die Ordensburg des Wüstenplaneten
einer derart bewußten Langsamkeit, daß niemand ihre Absicht fehlinterpretieren konnte.
Ist eine unter euch, die ›Vetternwirtschaft‹ zu schreien wagt? Dann seht euch noch einmal die Akte an, die wir während seiner Dienstzeit geführt haben!
Die Geräusche, die die Synode von sich gab, wurden wieder jenen ähnlich, die man von einer Versammlung erwartete. Kein vulgärer Zusammenprall fordernder Stimmen mehr, die Aufmerksamkeit heischten. Jetzt paßte man seine Sprache einem vorgegebenen Muster an, das zwar recht ebenmäßig, aber noch lange kein Chor war. Die Stimmen bewegten sich und flossen zusammen. Odrade hatte dies immer für bemerkenswert gehalten. Niemand dirigierte diese Harmonie. Sie entstand, weil man Bene Gesserit war. Natürlich. Dies war die einzige Erklärung, derer man bedurfte. Es geschah, weil man es geübt hatte, sich aufeinander abzustimmen. Der Tanz ihrer täglichen Bewegungen fand seine Fortsetzung in ihren Stimmen. Sie waren Partner, auch wenn sie vorübergehend nicht übereinstimmten.
Ich werde es vermissen.
»Es reicht nie aus, akkurate Voraussetzungen qualvoller Ereignisse zu machen«, sagte sie. »Wer weiß das besser als wir? Ist auch nur eine unter uns, die die Lektion des Kwisatz Haderach nicht gelernt hat?«
Es gab keinen Grund, dies weiter auszuführen. Eine böse Voraussage durfte ihren Kurs nicht beeinflussen. Das brachte Bellonda zum Schweigen. Die Bene Gesserit waren erleuchtet. Keine Dummköpfe, die dem Überbringer schlechter Nachrichten zusetzten. Den Kurier degradieren? (Was konnte man von Leuten dieser Art schon an Nützlichem erwarten?) Eine Verhaltensweise, die man um jeden Preis vermeiden mußte. Bringen wir Kuriere mit unangenehmen Nachrichten zum Schweigen, glauben wir, das tiefe Schweigen des Todes könne die Nachricht unhörbar machen? Oder gar das, was sie uns übermittelt, ungeschehen? Die Bene Gesserit wären niemals so vorgegangen! Der Tod macht die Stimme des Propheten noch lauter. Märtyrer sind wahrhaft gefährlich.
Odrade registrierte, daß sich dieses Bewußtsein unter den Anwesenden verbreitete – bis hinauf in die höchsten Sitzreihen.
Wir treten in schwere Zeiten ein, Schwestern, und wir müssen sie hinnehmen. Selbst Murbella weiß es. Und sie hat keine Ahnung, warum ich Angst davor hatte, eine Schwester aus ihr zu machen. Wir sind uns dessen alle bewußt – auf die eine oder andere Weise.
Odrade wandte sich um und blickte Bellonda an. Sie sah keine Enttäuschung in ihr. Bell wußte, warum sie nicht unter den Auserwählten war. Einen besseren Kurs gibt es nicht für uns, Bell. Infiltrieren. Wir übernehmen sie, bevor sie auch nur ahnen, was wir vorhaben.
Als ihr Blick zu Murbella überwechselte, stellte sie respektvolle Bewußtheit fest. Murbella erhielt allmählich die ersten verwertbaren Ratschläge von ihren Weitergehenden Erinnerungen. Sie hatte das manische Stadium überwunden und war sogar schon wieder dabei, so etwas wie Zärtlichkeit für Duncan zu empfinden. Irgendwann vielleicht ... Die Bene Gesserit-Ausbildung war eine Versicherung, daß sie ihre Weitergehenden Erinnerungen allein beurteilen würde. Nichts an Murbellas intellektuellem Verhalten sagte: »Behalt deine lausigen Ratschläge für dich!« Sie hatte historische Vergleichsmöglichkeiten und konnte deren offensichtlicher Botschaft nicht entgehen.
Marschiere nicht mit jenen durch die Straßen, die deine Vorurteile teilen. Laute Ausrufe sind meist am leichtesten zu ignorieren. »Na, ich meine, guck sie dir doch an, wie sie sich ihre dämlichen Lungen aus dem Leib schreien! Und mit denen willst du gemeinsame Sache machen?«
Ich habe es dir gesagt, Murbella. Nun urteile für dich selbst. »Um Veränderungen durchzusetzen, sucht man sich Ansatzpunkte und bringt sie in Bewegung. Von Sackgassen hält man sich fern. Angebote, hohe Positionen einzunehmen, werden den Marschierern als Ablenkungsmanöver regelmäßig unterbreitet, aber man findet Ansatzpunkte nicht unbedingt in den Chefetagen. Sie finden sich hauptsächlich in wirtschaftlichen oder kommunikativen Zentren, und wenn man davon nichts weiß, nützt einem auch die hohe Position nichts. Sogar Unterführer können unseren Kurs ändern. Nicht indem sie Berichte fälschen, sondern indem sie unerwünschte Anordnungen irgendwo versanden lassen. Bell behält alle Befehle so lange für sich, bis sie glaubt, daß sie nichts mehr taugen. Hin und wieder erteile ich ihr nur aus diesem Grund Anweisungen: damit sie ihr
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