Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
in der Forschung – erfüllten ihn mit Ehrfurcht. Die Gilde war überall präsent. Er wollte ein Teil davon sein. Wozu brauchten sie nutzlosen Schmuck, wenn sie über solche Mengen von Melange verfügten?
Er spürte, wie er von zahllosen Möglichkeiten umschwirrt wurde; sie bildeten eine Landschaft aus Wellen und Wegen, die in die Leere und wieder hinaus führten. Er öffnete seinen Geist, damit das Gewürz ihn an jeden beliebigen Ort im Universum transportieren konnte. Es kam ihm wie die natürlichste Sache der Welt vor.
Als der orangefarbene Nebel D'murr einhüllte, konnte er die schlichten Wände des Prüfungsraums nicht mehr erkennen. Er spürte, wie die Melange in jede Pore und Zelle seines Körpers drang. Es war ein unglaubliches Gefühl! Er sah sich als von allen bewunderter Navigator, dessen Geist bis in die fernsten Regionen des Imperiums reichte, der den gesamten Raum umfasste ...
D'murr ließ sich davontreiben, ohne den Prüfungsraum zu verlassen – oder zumindest dachte er das.
* * *
Der Test war viel schlimmer, als C'tair es sich vorgestellt hatte.
Niemand hatte ihm gesagt, was von ihm erwartet wurde. Er hatte überhaupt keine Chance. Er glaubte, am Gewürzgas ersticken zu müssen, ihm wurde schwindlig, er kämpfte um Selbstbeherrschung. Die Melange-Überdosis betäubte ihn, so dass er sich nicht mehr erinnern konnte, wer er war oder warum er hier war. Er bemühte sich, sein Bewusstsein zu konzentrieren, aber er verlor sich immer mehr.
Als er schließlich wieder zu sich kam, war seine Kleidung gereinigt und sein Körper frisch gewaschen. (Damit die Gilde sowenig Melange wie möglich verschwendete?) Die gut aussehende Angestellte blickte auf ihn herab. Sie bedachte C'tair mit einem bedauernden Lächeln und schüttelte den Kopf. »Sie haben Ihren Geist vor dem Gewürzgas verschlossen und sich zu sehr an die normale Welt geklammert.« Ihre folgenden Worte waren wie ein Todesurteil. »Die Gilde hat keine Verwendung für Sie.«
C'tair setzte sich hustend auf. In seiner Nase brannte immer noch der kräftige Zimtgestank. »Es tut mir Leid. Niemand hat mir vorher erklärt, was ich tun sollte ...«
Sie half ihm beim Aufstehen und schien darauf zu drängen, dass er möglichst schnell das Botschaftsgebäude verließ.
Sein Herz fühlte sich wie geschmolzenes Blei an. Die Angestellte hielt es nicht für nötig, weitere Erklärungen abzugeben, während sie ihn durch den Empfangsbereich führte. C'tair sah sich um und suchte nach seinem Bruder, doch der Wartesaal war leer.
Dann wurde ihm bewusst, dass sein Versagen gar nicht das Schlimmste war.
»Wo ist D'murr? Hat er es geschafft?« In C'tairs Stimme schwang neue Hoffnung.
Die Angestellte nickte. »Ein bemerkenswertes Talent.« Sie wies in Richtung Ausgang, aber er drängte sich an ihr vorbei. C'tair blickte in den Korridor zurück auf den verschlossenen Prüfungsraum, in dem sein Bruder verschwunden war. Er musste D'murr gratulieren, obwohl es ein bittersüßer Sieg geworden war. Wenigstens würde einer von ihnen zum Navigator werden.
»Sie werden Ihren Bruder nie wiedersehen«, erklärte die Angestellte kühl und trat vor, um ihm den Weg zu versperren. »D'murr Pilru gehört jetzt zu uns.«
Nachdem C'tair sich von diesem Schock erholt hatte, stürmte er an der Frau vorbei zur verschlossenen Tür. Er hämmerte dagegen und schrie, aber niemand antwortete ihm. Innerhalb weniger Minuten war er von Wachen der Gilde umringt, die ihn mit Nachdruck entfernten.
C'tair fühlte sich infolge der Melange-Überdosis immer noch etwas benommen und registrierte nicht, wohin er gebracht wurde. Schließlich fand er sich blinzelnd und desorientiert auf dem kristallenen Gehweg außerhalb des klobigen grauen Gebäudes wieder. Unter sich sah er weitere Gehwege und Straßen, auf denen Fahrzeuge und Fußgänger von einem Turmgebäude zum anderen unterwegs waren.
Jetzt war er einsamer als je zuvor.
Die Angestellte stand auf den Stufen zur Botschaft, um C'tair daran zu hindern, noch einmal ins Gebäude vorzudringen. Obwohl seine Mutter darin arbeitete, irgendwo in der Bankabteilung, wusste C'tair, dass ihm die Türen dieses Hauses nun für immer verschlossen waren, genauso wie die Türen zu der Zukunft, die er sich erhofft hatte.
»Freuen Sie sich für Ihren Bruder«, rief die Frau ihm zu, während ihre Stimme erstmals Anzeichen von Anteilnahme zeigte. »Er ist in eine andere Welt eingetreten. Er kann zu Orten reisen, die Sie sich niemals vorstellen
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