Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
Kein besonders kräftiges Zuchtmaterial.
Am Eingang versuchte Mohiam, sich auf ihrem Bett aufzurichten, und blickte mit strahlenden Augen auf das Neugeborene. Als sie dann den missgebildeten und schwachen Körperbau bemerkte, stöhnte sie und ließ sich zurück in die Kissen fallen.
Mutter Oberin Harishka kam zu ihr und versuchte sie zu trösten. »Wir brauchen jetzt deine ganze Kraft, Schwester, nicht deine Verzweiflung. Wir werden dafür sorgen, dass du eine zweite Chance mit dem Baron erhältst.« Sie verschränkte die Arme über der Brust und verließ mit raschelnden Gewändern den Gebärraum, gefolgt von ihren Assistentinnen.
* * *
In seinem Balkonzimmer auf Burg Harkonnen bewunderte der Baron sich nackt im Spiegel, wie er es häufig tat. Es gab ausreichend Spiegel und Licht in seinem weitläufigen Wohnflügel, so dass er sich ständig an der vollkommenen Gestalt erfreuen konnte, mit der die Natur ihn ausgestattet hatte. Er war schlank und muskulös und hatte eine gesunde Hautfarbe – vor allem, wenn seine männlichen Liebhaber sich die Zeit nahmen, ihm parfümiertes Öl in jede Pore zu massieren. Er spreizte die Finger über dem Waschbrettmuster seines Bauches. Großartig.
Kein Wunder, dass die Hexen verlangt hatten, sich ein zweites Mal mit ihm zu paaren. Schließlich war er eine außergewöhnliche Schönheit. Für ihre Zuchtprogramme wünschten sie sich natürlich nur das beste Material. Sein erstes Kind von diesem Warzenschwein namens Mohiam musste so vollkommen geraten sein, dass sie unbedingt noch eins wollten. Obwohl ihn die bloße Vorstellung schaudern machte, fragte er sich, ob es denn wirklich so furchtbar war.
Er hätte gerne gewusst, welche Rolle sein Kind in den langfristigen Plänen dieser intriganten Geheimniskrämerinnen spielte. Sie verfolgten mehrere Zuchtprogramme, und nur die Bene Gesserit schienen zu verstehen, worum es dabei ging. Konnte er diesen Umstand irgendwie zu seinem Vorteil nutzen ... oder hatten sie vor, seine Tochter eines Tages gegen ihn einzusetzen? Sie hatten sorgsam darauf geachtet, keine Bastarde in die Welt zu setzen, um dynastische Konflikte zu vermeiden – was ihn ohnehin nicht interessiert hätte. Aber was sprang für ihn heraus? Selbst Piter de Vries hatte ihm keine Erklärung anbieten können.
»Sie haben uns noch keine Antwort gegeben, Baron«, sagte Schwester Margot Rashino-Zea hinter seinem Rücken. Sie schien sich durch seine Nacktheit nicht im Geringsten irritiert zu fühlen.
Im Spiegel sah er die hübsche Schwester mit dem goldenen Haar. Glaubten sie, ihre Schönheit, ihre Rundungen, ihr feines Gesicht könnten ihn in Versuchung führen? Würde er sich lieber mit ihr als mit der anderen paaren? Keine dieser beiden Aussichten war für ihn besonders reizvoll.
Als Vertreterin der durchtriebenen Schwesternschaft hatte Margot soeben von der »Notwendigkeit« einer zweiten Kopulation mit der Hexe Mohiam gesprochen. Dabei war seit dem ersten Mal noch kein ganzes Jahr vergangen. Diese Unverschämtheit! Margot drückte sich zumindest geschickt und gewunden aus, während Mohiam in jener Nacht einfach nur knallharte Forderungen gestellt hatte. Wenigstens hatten die Hexen diesmal ein besseres Sprachrohr geschickt.
Er weigerte sich, vor dieser hübschen Frau irgendwelche Kleidung anzulegen, und schon gar nicht, nachdem sie ihre Forderung ausgesprochen hatte. Er stellte sich ihr nackt zur Schau, tat aber so, als wäre es ihm gar nicht bewusst. Diese gepflegte Schönheit würde sich bestimmt liebend gerne von jemandem wie mir vögeln lassen.
»Mohiam war für meinen Geschmack etwas zu schlicht«, sagte er und drehte sich endlich ganz zur Vertreterin der Schwesternschaft um. »Sagen Sie mir, Hexe, war mein erstes Kind eine Tochter, wie mir versprochen wurde?«
»Diese Frage dürfte für Sie doch völlig ohne Belang sein.« Margots graugrüne Augen blickten fest in seine, aber er spürte, dass sie gerne mit ihrem Blick seinen ganzen Körper gemustert hätte, seine Muskeln und seine goldene Haut.
»Ich habe nicht behauptet, dass diese Frage von Belang sei, Sie dumme Frau – aber ich bin eine hochgestellte Persönlichkeit, und ich habe Ihnen eine Frage gestellt. Antworten Sie mir – oder Sie werden sterben.«
»Die Bene Gesserit fürchten den Tod nicht, Baron«, sagte Margot völlig ruhig. Ihre Gelassenheit ärgerte und faszinierte ihn gleichzeitig. »Ja, Ihr erstes Kind war ein Mädchen«, fuhr sie fort. »Wir Bene Gesserit können diese Dinge
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