Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
Das ixianische Haus Vernius war einst ein industrieller Konkurrent von Richese gewesen und hatte als treibende Kraft der technischen Entwicklung überlebt. Die gräfliche Familie von Ix gehörte zu den reichsten des ganzen Imperiums – und dort sollte er nun studieren!
Seine Gedanken wurden von den nächsten Worten seines Vaters verdrängt. »Dein Mitschüler wird Prinz Rhombur sein, der Erbe des Adelstitels von Vernius. Ich hoffe, ihr zwei kommt miteinander zurecht. Ihr seid etwa im gleichen Alter.«
Der Prinz von Ix, dachte Leto ehrfürchtig. Er hoffte, dass der junge Mann nicht genauso verzogen war wie die meisten Kinder aus mächtigen Familien des Landsraads. Warum hätte es nicht wenigstens eine Prinzessin sein können, zum Beispiel mit dem Gesicht und der Figur der Tochter des Gildebankers, die er letzten Monat beim Gezeitenwendfest kennen gelernt hatte?
»Und ... wie ist dieser Prinz Rhombur?«, fragte Leto.
Paulus lachte, ein stürmischer Gefühlsausbruch, in dem ein Leben voller Festlichkeiten und derber Geschichten zum Ausdruck kam. »Nun, ich habe keine Ahnung. Es ist schon lange her, seit ich Dominic und seine Frau Shando zum letzten Mal besucht habe.« Er grinste über eine amüsante Erinnerung. »Ach ja, Shando – sie war einst eine Konkubine des Imperators, aber dann hat Dominic sie Elrood vor der Nase weggeschnappt.« Er lachte laut und unverschämt. »Jetzt haben sie einen Sohn ... und eine Tochter. Ihr Name ist Kailea.«
Mit einem geheimnisvollen Lächeln fuhr der alte Herzog fort: »Es gibt noch Vieles, was du lernen musst, Junge. In einem Jahr werdet ihr beide im Zuge des Austauschstudiums nach Caladan kommen. Man wird dich und Rhombur auf die Pundi-Reisfarmen im Tiefland des südlichen Kontinents bringen, wo ihr in Hütten wohnen und auf den Reisfeldern arbeiten werdet. Ihr werdet in einer Nells-Kapsel unter die Meeresoberfläche tauchen und nach Korallenjuwelen suchen.« Er klopfte seinem Sohn lächelnd auf die Schulter. »Manche Dinge kann man nicht aus Filmbüchern oder im Klassenzimmer lernen.«
»Jawohl, Vater.« Er roch den süßen Jodduft des Tang-Tabaks. Er runzelte die Stirn und hoffte, dass der Rauch seinen Gesichtsausdruck verbarg. Diese drastische und unerwartete Veränderung in seinem Leben war gar nicht nach seinem Geschmack, aber er respektierte die Entscheidungen seines Vaters. Leto hatte in vielen harten Lektionen erfahren, dass der alte Herzog genau wusste, wovon er sprach, und dass er nur vom Wunsch beseelt war, dafür zu sorgen, dass sein Sohn eines Tages in seine Fußstapfen treten konnte.
Der Herzog lehnte sich in seinem Suspensorsessel zurück, der daraufhin in der Luft auf und ab wippte. »Junge, ich weiß, dass du nicht uneingeschränkt begeistert bist, aber es wird eine wichtige Erfahrung für dich und Dominics Sohn sein. Hier auf Caladan werdet ihr beide unser größtes Geheimnis kennen lernen – wie wir die zuverlässige Loyalität unserer Untertanen gewährleisten, warum wir unserem Volk stillschweigend vertrauen, wie es die Ixianer nie gelernt haben.«
Jetzt wurde Paulus sehr ernst, und aus seinen Augen war das amüsierte Funkeln verschwunden. »Das ist viel bedeutender als alles, was du auf einem Industrieplaneten lernen kannst, mein Junge. Menschen sind stets wichtiger als Maschinen.«
Leto hatte diesen Spruch schon häufig gehört; diese Weisheit war ihm längst genauso selbstverständlich wie das Atmen geworden. »Deshalb kämpfen unsere Soldaten so gut.«
Paulus beugte sich vor und tauchte in die wirbelnde Rauchwolke seines letzten Zuges ein. »Eines Tages wirst du Herzog sein, Junge, der Patriarch des Hauses Atreides und ein angesehener Repräsentant im Landsraad. Deine Stimme wird dasselbe Gewicht wie die aller anderen Oberhäupter der Großen Häuser haben. Das ist eine schwere Verantwortung.«
»Ich werde sie bewältigen.«
»Davon bin ich überzeugt, Leto ... aber du solltest etwas entspannter werden. Das Volk wird es sofort bemerken, wenn du unglücklich bist – und wenn der Herzog unglücklich ist, kann auch das Volk nicht glücklich sein. Lass dich nicht von äußeren Zwängen vereinnahmen, lass sie an dir abgleiten.« Er reckte mahnend einen Finger. »Hab mehr Spaß im Leben!«
Spaß. Leto dachte erneut an die Tochter des Gildebankers, stellte sich die Fülle ihrer Brüste und Hüften vor, ihren feuchten Schmollmund und die verlockenden Blicke, die sie ihm zugeworfen hatte.
Vielleicht war er gar nicht so verkrampft, wie sein Vater
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