Dune - Frühe Chroniken 03 - Das Haus Corrino
und wiederholte den scheinbaren Nonsens. Er ließ Feyd wieder auf dem Knie hüpfen und rief mit kindischer Stimme: »Schau mal, mein Kleiner! Jetzt bringen sie den Nachtisch. Das gefällt dir bestimmt, nicht wahr?«
Der Baron beugte sich vor und empfand eine gewisse Erleichterung, dass das Mahl bald vorbei war. Denn den Rest des Abends hatte er persönlich geplant, ungeachtet der Ratschläge des Anstandslehrers. Er fand seine Idee einfach genial und war überzeugt, dass sich auch seine Gäste prächtig amüsieren würden.
Sechs Diener trugen ein Tablett herein, auf dem mühelos ein menschlicher Körper Platz fand. Sie stellten den zwei Meter langen Kuchen in der Mitte des Tisches ab. Die Kreation war länglich und gekrümmt und wie ein Sandwurm geformt, den man kunstvoll mit Melange bestäubt hatte.
»Dieses Gebäck soll ein Symbol für die Arbeit des Hauses Harkonnen auf Arrakis sein. Feiern Sie mit mir die vielen Jahre der profitreichen Verwaltung der Wüstenschätze.« Der Baron strahlte, während Graf Richese genauso wie alle anderen applaudierte, obwohl ihm der Seitenhieb auf das Versagen seiner Familie nicht hätte entgehen dürfen.
Der Zuckerguss schimmerte verlockend, und der Baron freute sich bereits auf die Überraschung, die sich darunter verbarg.
»Schau dir nur diesen Kuchen an, mein Kleiner!« Ilban setzte Feyd vor sich auf den Tisch – eine Tat, die Mephistis Cru zweifellos entsetzt hätte.
Einer der Küchenhelfer schnitt den süßen Sandwurm mit einem Drahtmesser der Länge nach auf, als würde er eine Autopsie durchführen. Die Gäste beugten sich vor, um einen besseren Blick zu haben.
Als der Kuchen geöffnet wurde, wanden sich plötzlich lange, glatte Kreaturen heraus, die Sandwürmer von Arrakis darstellen sollten. Man hatte die harmlosen Schlangen betäubt und in den Kuchen gestopft, sodass sie sich nun wie ein Nest aus Tentakeln durch den Zuckerguss schlängelten. Ein wunderbarer kleiner Scherz.
Feyd schien vom Anblick fasziniert zu sein, doch Graf Richese stieß einen erstickten Schrei aus. Die Gäste waren während des ganzen Abends angespannt und misstrauisch geblieben, und nun bewahrheitete sich ihr unbestimmter Verdacht. Der Graf zerrte Feyd-Rautha heldenhaft vom Tisch und stieß dabei seinen Stuhl um.
Feyd, der keine Angst vor den Schlangen gehabt hatte, heulte nun erschrocken los. Als die Leibwächter sein Geschrei hörten, stürmten sie zu ihren Herren und machten sich bereit, sie zu verteidigen.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches stand Graf Moritani. In seinen schwarzen Augen glitzerte eine seltsame Mischung aus Zorn und Belustigung. Schwertmeister Hiih Resser war bereit, seinen Herrn zu beschützen, aber Moritani schien keineswegs um seine Sicherheit besorgt zu sein. Gelassen brachte der Graf seinen Armreif in Stellung und aktivierte einen grellweißen Strahl aus einer versteckten Lasgun, die die Schlangen verkohlte. Auf dem Tisch zerplatzte schuppiges Fleisch und verschmorte mit Teig und Zucker zu schwarzen Klumpen.
Die Gäste schrien. Die meisten stürmten zu den Türen des Bankettsaals. Mephistis Cru stolperte herein, wedelte mit den Armen und ermahnte die Anwesenden, die Ruhe zu bewahren.
Von da an wurde das Chaos nur noch schlimmer.
33
Je fester eine Gruppe zusammengeschmiedet ist, desto größer ist das Bedürfnis nach einer strikten sozialen Ordnung und Hierarchie.
Lehre der Bene Gesserit
Liet-Kynes trug einen traditionellen Djubba-Umhang mit zurückgeworfener Kapuze, als er erneut auf einem hohen Balkon über der Versammlungshöhle des Sietches stand. Hier fühlte er sich viel mehr zu Hause als in den Hallen Kaitains – und gleichzeitig verunsicherter. Hier würde er über Dinge sprechen, die Einfluss auf die Zukunft jedes freien Mannes auf dem Wüstenplaneten hatten.
Die Besprechungen waren recht gut verlaufen, mit Ausnahme einer Störung durch Pemaq, den alten Naib des Loch-im-Fels-Sietches. Der konservative Führer widersprach allem, wofür Liet sich einsetzte. Er wehrte sich gegen jede Veränderung, hatte aber auch keine vernünftigen Alternativen anzubieten. Die anderen Fremen hatten ihn wiederholt niedergeschrien, bis sich der störrische Greis endlich murrend in den Hintergrund zurückgezogen hatte.
Mehrere Tage lang hatten die Versammelten hin und her diskutiert. Ein paar untereinander zerstrittene Mitglieder waren sogar entrüstet aufgesprungen und gegangen, um später zurückzukehren. In jeder Nacht hatte Faroula ihren Mann
Weitere Kostenlose Bücher