Dune Legenden 02 - Der Kreuzzug
die Möglichkeiten unbegrenzt sind, Mutter. Bist du in der Lage, mich in einer anderen Gestalt zu sehen?«
Erschrocken riss Zufa den Kopf zurück. Dann trat sie vor, die Augen misstrauisch zusammengekniffen. »Das ist unmöglich!«
»Komm mit, Mutter. Wir werden reden. Ich habe dir viel anzuvertrauen.«
In einem Bodenfahrzeug mit durchsichtiger Kanzel fuhr Norma mit ihr weiter, fort vom Dorf und auf ein ödes Hochland aus halb gefrorenen Sümpfen. Während sie sich einen Weg über das raue, straßenlose Gelände suchten, erzählte Norma eine erstaunliche Geschichte. Zufa kamen die Offenbarungen unglaublich vor, aber sie konnte nicht verleugnen, was sie mit eigenen Augen sah. »Also hast du doch Potenzial!«
»Die Folter der Cymeks hat mein Gehirn zu Fähigkeiten angestachelt, von denen ich bislang keine Ahnung hatte. Mein Geist wandte sich nach innen, wo ich meine eigene Schönheit und Ruhe fand. Ein Soostein, den Aurelius mir gegeben hat, löste etwas in mir aus und half mir, mich zu konzentrieren ... und damit hatten die Cymeks nie gerechnet. Und dafür haben sie mit dem Leben bezahlt. Anschließend erhielt ich die einmalige Gelegenheit, meinen Körper neu zu gestalten, nach den Vorlagen, die in meinen Genen gespeichert sind. Angesichts des Potenzials meiner Vorfahren ist dies die Gestalt, die mein Körper hätte haben sollen.«
Zufas maßloses Erstaunen war offensichtlich. »Mein ganzes Leben lang habe ich nichts anderes von dir erwartet – und sogar von dir verlangt. Obwohl du nie zuvor Anzeichen einer Begabung erkennen ließest, stelle ich nun mit Freude fest, dass ich mich nicht geirrt habe. Ich habe dich mit Härte erzogen, weil du genau das gebraucht hast. Du hattest es tatsächlich in dir.« Sie nickte und brachte zum Ausdruck, was von ihr als Kompliment gemeint war. »Schließlich hast du dich doch noch als meines Namens würdig erwiesen.«
Norma blieb völlig gelassen. Es gab nichts mehr, womit ihre Mutter sie hätte verletzen können. Doch in ihrem Blick lag eine Spur von Skepsis, als würde sie nicht alles glauben, was Zufa sagte.
»Meine Schönheit ist irrelevant für die Arbeit, die ich jetzt leisten kann. Als mein Körper zerstört wurde, habe ich ihn rekonstruiert, nach Vorbildern aus der Linie meiner weiblichen Vorfahren. Dieser Körper passt zu mir, obwohl ich vielleicht zu meiner früheren Gestalt zurückkehren könnte, wenn ich es wünsche. Ich habe mich nie so sehr daran gestört wie du. Die äußere Erscheinung ist eben nur äußerlich.«
Zufa war perplex. Nachdem sie viele Jahre als bedauernswerter Gnom gelebt hatte, schien ihre Tochter die neu gewonnene körperliche Schönheit als völlig unwesentlich zu betrachten. Norma hatte diese perfekte weibliche Gestalt nicht angenommen, um irgendjemanden zu beeindrucken. Zumindest behauptete sie es.
»Du hättest mich nicht so schnell aufgeben sollen, Mutter.« Trotz ihrer unverblümten Worte schien Norma keinerlei Wut oder Rachegefühle zu hegen, da sie nun ein überlegenes Selbstvertrauen gewonnen hatte. »Viele deiner Schülerinnen sind bei den mentalen Angriffen auf Cymeks ums Leben gekommen. Ich jedoch konnte einen telepathischen Holocaust beherrschen, von dem jede andere Zauberin hinweggefegt worden wäre – sogar du.«
Zufa dachte erstaunt über diese Möglichkeit nach. Sie hatte so viele ihrer talentierten Schwestern im Kampf gegen die Maschinen mit menschlichen Gehirnen sterben sehen. »Du musst mir zeigen, wie es geht.« Sie beobachtete ihre Tochter und fragte sich, was sie denken mochte.
Norma stellte das Fahrzeug nicht weit entfernt von einer einsamen Hütte ab und stieg mit ihrer Mutter aus. Als hätte der eiskalte Wind sie auf der Stelle gefrieren lassen, konzentrierte sich Norma auf eine kleine Gesteinsformation ein paar Meter weiter. Seit dem Vorfall, der ihr Leben völlig verändert hatte, waren Wochen vergangen, und in dieser Zeit hatte sie nicht versucht, ihre Fähigkeiten ein weiteres Mal anzuwenden. Nicht aus Erschöpfung, sondern aus Unsicherheit und Besorgnis, dass sich ihre Fähigkeiten auf unerwartete Art und Weise manifestieren könnten. Am meisten Angst hatte sie davor, ihrer Mutter Schaden zuzufügen.
Norma entspannte ihren Körper. »Nicht jetzt. Ich bin noch nicht bereit. Als ich mich transformierte, geschah es nur äußerlich – und es wurde durch eine Extremsituation ausgelöst. Aber ich spüre, dass das nur der Anfang war, Mutter, dass ich mich immer noch in einem Übergangsstadium befinde. Sei nicht
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