Dune Legenden 02 - Der Kreuzzug
bieten.
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Wenn der menschliche Geist auf echte Herausforderungen verzichten muss, stagniert er. Daher ist es für das Überleben der Menschheit als Spezies von essenzieller Bedeutung, Schwierigkeiten zu schaffen, sich ihnen zu stellen und sie zu überwinden. Butlers Djihad war ein Auswuchs dieses größtenteils unbewussten Prozesses, dessen Wurzeln bis zur Entscheidung, den Denkmaschinen zu viel Einfluss zu erlauben, und dem unvermeidlichen Aufstieg des Omnius-Imperiums zurückreichen.
Prinzessin Irulan,
Lektionen der Großen Revolte
Da die Kolonie auf Kolhar nur wenig Handel mit der Außenwelt trieb, war Aurelius Venport noch nie dort gewesen. Der triste und unterentwickelte Planet war kein Ort, von dem er sich einen Profit erwartet hätte.
Doch als er die Nachricht von Norma erhielt – sie war am Leben! –, gab es keinen Ort, an dem er lieber sein wollte. Er wäre überallhin gereist, um sie wiederzusehen, ungeachtet ihrer kryptischen Bemerkung: »Du könntest von dem überrascht sein, was du sehen wirst.«
Als Geschäftsmann wusste Venport, dass Überraschungen häufig mit ausbleibenden Einnahmen verbunden waren. VenKee Enterprises machte den größten Umsatz mit gründlich geplanten Unternehmungen, die auf bewährten Geschäftspraktiken, persönlicher Erfahrung und zuverlässigen Instinkten beruhten. Aber er konnte sich keine freudigere Überraschung vorstellen als die Neuigkeit, das seine liebe, kostbare Norma überlebt hatte.
Ihre kurze Nachricht hatte ihn auf den pharmazeutischen Feldern von Rossak erreicht, aber keine weiteren Einzelheiten enthalten. Wie war sie der Revolte auf Poritrin entkommen? Was war mit dem Prototyp des Raumfaltschiffs geschehen? Wo war Tuk Keedair? Warum – und wie – war sie ausgerechnet nach Kolhar gereist?
Als er auf dem heruntergekommenen Raumhafen eintraf, steigerte sich Venports Erstaunen sogar noch, als er sah, dass Zufa Cevna ihm entgegenkam, um ihn zu begrüßen. Seine frühere Geliebte schien sich verändert zu haben. Ihre Miene war nicht mehr so verbissen, und ihre sonst so eisige Schönheit war ein paar Grade wärmer geworden.
»Zufa, was machst du hier? Ich habe eine Nachricht von Norma erhalten ...«
»Genauso wie ich.« Sie wirkte nun viel sanfter und optimistischer als während der ganzen Zeit, die sie zusammen gewesen waren. »Du wirst staunen, Aurelius. Es ... wird alles verändern, was mit dem Djihad zu tun hat.«
Doch wenig später nahm sie wieder ihre frühere Haltung an, und mit ihrer alten Überheblichkeit weigerte sie sich, irgendeine seiner Fragen zu beantworten. Sie versicherte ihm, dass Norma lebte und bei bester Gesundheit war, doch mehr wollte sie nicht offenbaren. Ungeduldig und frustriert sah er sie an. Zufa hatte schon immer gern psychische Duelle ausgefochten, wie eine Ringkämpferin, die ihn zu Boden zwingen wollte.
Sie brachte ihn mit einem Schienentaxi von der Stadt an einen noch abgelegeneren Ort auf einer kalten, sumpfigen Hochebene inmitten zerklüfteter Berge. Der zum Teil gefrorene Boden war mit Flecken aus schmutzigem Schnee bedeckt und knirschte unter seinen Schritten, als der Händler der Zauberin zu einer einfachen Holzhütte folgte. Eine schlichte Bank war der einzige Schmuck auf der winzigen Veranda. Auf einer Seite des Hauses befand sich ein Anbau mit Feuerholz, auch wenn Venport nirgendwo Bäume sah.
Zufa schritt über die hölzerne Veranda, öffnete die quietschende Vordertür und winkte ihm, ihr zu folgen. Er hatte längst damit aufgehört, sich Gedanken über seine Fragen zu machen, und eilte weiter, in der Hoffnung, dass er drinnen Norma wiedersehen würde. Er erinnerte sich an ihre Botschaft – Du könntest von dem überrascht sein, was du sehen wirst – und atmete tief durch. Lächelnd betrat er die bescheidene Behausung.
Drinnen spürte er sofort die Wärme von einem Kamin mit echtem, flackerndem Feuer. Der angenehme Duft von Holzrauch hing in der Luft. Eine große, ausgesprochen hübsche Frau mit Haar in der Farbe von blassem Gold und milchweißer Haut drehte sich zu ihm um. Sie grinste und lachte. Ihr Gesicht zeigte den Ausdruck eines entzückten Mädchens. Was hatte eine von Zufas Zauberinnen hier zu suchen?
»Aurelius!« Sie lief auf ihn zu.
Obwohl sie ihn umarmte, stand er vor Schock erstarrt da. »Norma?« Er schob sie auf Armeslänge von sich, damit er sie ansehen konnte. Ihre Augen waren hellblau und funkelten, ihre perfekten Gesichtszüge raubten ihm den Atem. »Meine kleine
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