Dune Legenden 02 - Der Kreuzzug
fragen. »Ich sehe ihn nicht mehr.«
»Er ist hinter uns«, antwortete Chirox und drehte sich zu Noret um. »Wenn dies kein Spiel gewesen wäre, hätte er uns alle getötet.«
Zwanzig Augenpaare wandten sich ihm zu.
Jool Noret stand in Kampfhaltung hinter ihnen. Im nächtlichen Zwielicht wirkte sein bronzefarbenes, vernarbtes Gesicht noch rätselhafter. Ohne Vorwarnung stürmte er an den Schülern vorbei und sprang mit wehenden Haaren von der Klippe, um im Dunkel zu verschwinden.
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Manchmal ist die Trennlinie zwischen Tapferkeit und Leichtsinn kaum noch zu erkennen.
Zufa Cevna,
Erinnerungen an den Djihad
Über sieben Jahre nach dem Beginn des gewaltigen Bauprojekts produzierten die Kolhar-Werften endlich die erste Flotte von Handelsschiffen mit der neuen Raumfalttechnik. Zahllose Prototypen waren bereits getestet worden, und nun war Venport bereit, sie für kommerzielle Zwecke anzubieten. Sie sollten überall in der Liga der Edlen dringend benötigte Fracht transportieren.
Trotz ihres Unbehagens bliebt Norma nichts anderes übrig, als wenigstens teilweise computerisierte Navigationssysteme für die komplexen Raumfaltschiffe zu entwickeln. Die Holtzman-Formeln zur Erzeugung des Verzerrungsfeldes erforderten eine so komplizierte Mathematik, dass kein Heer menschlicher Rechenknechte sie jemals bewältigen konnte. Und die Daten, die sie bei den jahrelangen rigorosen Tests gesammelt hatte, zeigten, dass die Flüge ohnehin ein hohes Risiko bargen. Der Prozentsatz der havarierten Schiffe war immer noch unvertretbar hoch.
Sie hoffte, dass die ausgefeilten Navigationssysteme für Abhilfe sorgten, aber sie achtete darauf, keine KI-Gelschaltkreise zu erschaffen, die möglicherweise eigenständig wurden. Norma würde eher die gesamte VenKee-Handelsflotte versenken, als unabsichtlich einen weiteren Omnius zu kreieren. Sie war die einzige Person mit Zugang zu den Navigationsräumen der neuen Raumfaltschiffe. Nicht einmal ihr Ehemann Aurelius durfte diese abgeriegelten Bereiche betreten.
Norma war allein zwischen den schwarzen Wänden der Steuerzentrale ihres neuesten Schiffes, als sie einen kleinen Zylinder in einen Aktivierungsport steckte und dann beobachtete, wie ein dreidimensionaler Holobildschirm die Myriaden Koordinaten sämtlicher jemals kartografierter Himmelskörper auflistete. Sie dachte, dass kein Mensch, nicht einmal ein Genie ihres Kalibers, jemals einen sicheren Kurs durch sämtliche Windungen des gefalteten Raumes und die überall lauernden Gefahren finden konnte. Ihr blieb keine andere Wahl, als sich auf Computer zu verlassen, mochten sie auch noch so gefährlich sein.
Als die Datenbank mit den detaillierten Koordinaten vollständig geladen war, entfernte Norma den Programmierungszylinder und versteckte ihn in einer großen Tasche ihres blassgrünen Laborkittels.
Trotz der gewaltigen Geldmengen, die nach Kolhar geflossen waren, war der Liga der Edlen bislang nichts von diesem bemerkenswerten neuen Schiffstyp bekannt. Irgendwann jedoch würden die Menschen neugierig werden, wenn hunderte kleiner und schneller VenKee-Schiffe auftauchten und dem übrigen Handel auf dramatische Weise Konkurrenz machten. Sobald die Neuigkeit bekannt wurde – und das musste zwangsläufig geschehen –, würde Norma dafür sorgen, dass Aurelius Venport als die treibende Kraft hinter der revolutionären Technik gefeiert wurde. Sie hatte sich nie für Ruhm oder Macht interessiert, weil die damit verbundenen Verpflichtungen ihr kostbare Zeit rauben würden. Sie hatte als Zuschauerin in der ersten Reihe hautnah die Tragödie um Tio Holtzman miterlebt und gesehen, wie Hybris und das Streben nach Ruhm ein Genie zerstören konnten.
Da ihr Ehemann schon immer an sie geglaubt und für die nötigen Investitionen gesorgt hatte, war sie glücklich damit, wenn ihm die ganze Ehre zufiel. Aurelius war ein kluger Politiker und konnte viel mehr bewirken, wenn er offiziell federführend war. Er würde die Aufmerksamkeit genießen und Fragen nach der Technologie geschickt ausweichen. Norma war ohnehin nur daran gelegen, dass das Projekt Erfolg hatte.
Über einhundert kleine Frachtschiffe waren bereits in Dienst gestellt worden und wurden von Söldner-Piloten geflogen, die die Risiken kannten und akzeptierten. Nach vielen Jahren und kolossalen Kosten stand Aurelius kurz davor, gewaltige Profite einzustreichen – obwohl immer wieder Schiffe und Fracht verloren gingen. Und ohne seinen Partner von Tlulax herrschte Venport allein
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