Dune Legenden 03 - Die Schlacht von Corrin
mentale Galaxie. Stets war es eine ihrer ausgeprägtesten Begabungen und ihr stärkstes Bedürfnis gewesen, alle Ablenkung von sich fern zu halten.
Um ihre Bemühungen voranzutreiben, griff sie unbewusst nach der offenen Dose und nahm drei weitere Melange-Kapseln heraus, um sie in schneller Reihenfolge zu schlucken. Zimtgeruch verbreitete sich in der Luft, die sie atmete, und sie spürte in sich eine Art von beruhigendem Wind, als wäre ihr Körper die Wüste, aus der das Gewürz stammte, und hätte gerade ein gewaltiger, reinigender Sandsturm eingesetzt. Ihre Gedanken wurden heller und klarer; alles Störende im Hintergrund nahm sie nicht mehr wahr.
Wie konnte man ein Navigationsproblem erkennen, bevor es entstand? Wie sollte man ein Unglück voraussehen, das innerhalb des winzigsten Sekundenbruchteils geschah? Bei derartigen Geschwindigkeiten musste man bereit sein und reagieren, bevor irgendetwas auf eine Schwierigkeit hinwies – das aber war unmöglich, es verstieß gegen die Regeln der Kausalität. Keine Wirkung konnte ihrer Ursache vorhergehen ...
Wie Donner rollte das Dröhnen einer Explosion durch die Werft, gefolgt vom Krachen, mit dem Plaz-Verkleidung barst und Metallplatten brachen. Schwere Bauteile beschädigten Lagerschuppen und schrammten über gepflastertes Werkgelände. Es war, als hätte eine starke Cymek-Streitmacht Kolhar angegriffen. Die Druckwelle der Detonation erreichte Normas Laborgebäude und beulte die Außenwände ein. Auf der anderen Seite des Konstruktionsbüros ließ der Überdruck die Plaz-Fenster zerspringen.
Norma hörte nichts davon. Papiere, ihr Trinkbecher und einige Zeicheninstrumente fielen zu Boden, nicht jedoch die elektronische Zeichenfläche, die ihre Hände umklammerten, um sie vor ihren starrenden Augen zu fixieren. Für sie bestand das gesamte Universum nur noch aus diesen Zahlen und Formeln.
Warnsirenen und Signalgeber heulten, in der Werft ertönten weitere Explosionen. Menschen schrien durcheinander. Rettungsmannschaften eilten zum Unglücksort, um Verletzte zu bergen, während die Unverletzten das Weite suchten. Wie ein Wirbelsturm leckten Flammen am Laborgebäude empor, versengten und zerfraßen die Wände. Norma jedoch hatte den Blick längst abgewandt. Obwohl sich ihre Gestalt nicht regte, vollführte ihr Geist hoch komplizierte mentale Akrobatik, erprobte verschiedenste Ansätze, etliche Möglichkeiten. Ihr Denken beschleunigte sich, gewann an Schwung; kam der Lösung immer näher ...
So viele Alternativen. Aber welche funktioniert?
Durch die geplatzte Versiegelung der Wände drang beißender Rauch herein, wehte durch die zersprungenen Fenster ins Büro, brodelte über den Fußboden auf Norma zu. Die von Chemikalien genährten Flammen prasselten heißer. Draußen ertönte das Geschrei lauter.
Ich bin der Lösung so nah, stehe dicht vor der Antwort!
Norma kritzelte hastig Eintragungen auf die Zeichenfläche, fügte eine dritte Zahlenreihe hinzu, die den Faktor Raumzeit in ein Verhältnis zu Entfernung und Fluggeschwindigkeit setzte. Plötzlich folgte sie einer Eingebung und benutzte die galaktischen Koordinaten von Arrakis als Nullpunkt, als wäre der Wüstenplanet der Mittelpunkt des Universums. Dadurch eröffnete sich ihr unvermutet eine neuartige Perspektive. Erregt ordnete Norma die drei Zahlenreihen nebeneinander an, während ihr völlig unerwartete Gedanken kamen.
Die Drei gilt als heilige Zahl. Die Dreifaltigkeit. Ist das der Schlüssel?
Dann dachte sie an den Goldenen Schnitt, den schon die Grogypter der Alten Erde gekannt hatten. In ihrer Vorstellung ordnete sie drei Punkte auf einer Linie an, A und B an den Seitenenden und C dazwischen, sodass die Distanzformel AC / CB = ¦ lautete. Das Ergebnis war der grogyptische Buchstabe Phi, dessen Dezimalwert annähernd 1,618 betrug. Bekanntlich konnte eine Strecke, die man durch den Quotienten ¦ teilte, stetig weiter unterteilt werden, sodass immer wieder die gleiche Ratio resultierte. Eine einfache und offenkundige Relation grundsätzlicher Natur. Diese Faltung war ein elementares Gesetz der Mathematik.
Für Norma deutete diese mathematische Tatsache auf einen religiösen Zusammenhang hin, und unwillkürlich fragte sie sich nach dem Ursprung der Enthüllungen, die sich in ihrem Geist abzeichneten. Göttliche Inspiration? Sowohl Wissenschaft wie auch Religion trachteten danach, esoterische Mysterien des Universums zu ergründen, auch wenn sie aus völlig verschiedenen Richtungen auf die Suche nach
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