Dune-Stories: Träume vom Wüstenplaneten
zu ihm.
Soll ein Wurm kommen, dachte er. Ich muss zumindest versuchen, dort oben im Freien zu sterben, mit beiden Beinen auf meinem Planeten. Er holte den Sandverdichter aus dem Fremkit und begann sich schräg nach oben zu bohren. Sand wurde abgeschabt und rieselte bei der Arbeit um ihn herum zu Boden. Sand kratzte über das Fremkit, als er es mit einem Gurt am Fuß befestigte, hinter sich her zog – ein Trick, den Otheym ihm beigebracht hatte.
Otheym war nun tot, verkohlt im sengenden Strahl des Steinbrenners. Doch einer seiner Überlebenstricks lebte fort. Otheym hatte ihn zuvor von einem anderen gelernt. Und davor hatte noch ein anderer dieses Wissen weitergereicht. Es war ein einfacher Gedanke, aber lebenswichtig: Verliere dein Fremkit nicht, aber lass dich dadurch nicht beim Graben behindern. Nimm es mit, indem du es mit einem Gurt an deinem Fuß befestigst.
Paul hatte das Gefühl, dass sein Fuß eigentlich der eines anderen Mannes war, der lange vor ihm auf dem Wüstenplaneten gelebt hatte. Er erinnerte sich an einen seiner frühen Tage auf diesem Planeten, bevor die Fremen ihn gefunden und ausgebildet hatten. Er hatte ein Fremkit verloren, den Schlüssel zum Überleben. Draußen in der Wüste hätten er und seine Mutter ohne die darin enthaltenen Hilfsmittel sterben können. Damals hatte ihre Prana-Bindu-Ausbildung sie gerettet – das Training, das in die Tiefen des Verstands und bis zum winzigsten Muskel reichte.
Ihm wurde plötzlich klar, dass er sich für den größten Teil seiner Zeit auf Arrakis für seine Mutter geschämt hatte. Sie war eine Bene Gesserit. In ihren Adern floss das verhasste Blut der Harkonnens, die seinen Vater getötet hatten. Aber vor ihr hatte es andere gegeben – zahllose Menschen, die alle in gewisser Weise einen Fuß im Gurt eines Fremkits hatten.
Während sein Verstand sich mit solchen Überlegungen herumschlug, hatte er sich fast bis zur Oberfläche hinaufgegraben. Jetzt kam der behutsame Durchbruch. In jenem Moment war ein Fremen praktisch hilflos. Dort draußen konnte ihn alles Mögliche erwarten – tödliche, von den Grabgeräuschen angelockte Feinde.
Vorsichtig bohrte er nach dem Dünenhang, der nah sein musste. Seine Instinkte sagten ihm, dass er nah war.
Mit einer kleinen Explosion herabrieselnden Sandes fiel Tageslicht zu ihm herein.
Paul wartete, horchte, sandte all seine Sinne aus.
Kein Schatten passierte das Loch, nichts als grauer Himmel, der sich mit der herannahenden Abenddämmerung verdunkelte. Allerdings roch es stark nach Gewürz, und kühle Luft berührte seine Wangen, wo die Kapuze des Destillanzugs seine Haut nicht bedeckte. Das leichte Zischen von windgetragenem Sand war als beständiges Hintergrundgeräusch zu hören. Er drückte ein Ohr an die Wand seines Baus – kein entferntes Tosen eines Wurms, keine Schritte, kein Sand, der von achtlosen Füßen losgetreten wurde.
Paul setzte seine Nasenstopfen ein, verschloss seinen Anzug sorgfältig, sicherte sein Fremkit und schlüpfte aus dem Bau auf die windzugewandte Seite einer Düne. Der Sand war hier vom Wind fest zusammengedrückt. Unter seinen Füßen fühlte er sich wie eine Kruste an. Auf dem Dünenkamm über ihm hob der leichte Wind irgendetwas trudelnd in die Höhe. Überall um ihn herum gingen braune Flocken nieder. Paul fing eine, hielt sie an seine Stopfen und roch den kräftigen, schwindelerregenden Duft von frischer Melange. Er ließ den Blick über die Dünen schweifen. Die Wüste um ihn herum war von Gewürz bedeckt – ein Vermögen an Melange. Irgendwo in der Tiefe war eine Gewürzblase aufgebrochen. Er warf die Gewürzflocke in die Luft und kletterte durch Melange-Verwehungen den Dünenhang hinauf.
Kurz vor dem Kamm legte er das Ohr an den Sand und lauschte. Kein Wurmgeräusch war zu hören, trotz des Lärms, den er beim Graben verursacht hatte.
Vielleicht gibt es in dieser Gegend keine Würmer, dachte er.
Unmittelbar vor dem Kamm legte er sich nach Fremen-Art flach hin, kroch hinauf und schaute sich um. Schlagartig erstarrte er und blieb regungslos liegen, als er sah, dass von einer windabwärts gelegenen Düne Sand aufstieg. Eine Gestalt im Kapuzenmantel kletterte dort eine Düne hinauf. Dahinter kamen noch mehr – insgesamt über zwanzig Personen. Einen Moment lang richteten sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Himmel im Nordosten, dann schwärmten sie in einem vertrauten Muster über den Sand aus. Paul erkannte, dass sie einen Wurm rufen wollten. Gelegentlich hielten sie
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