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Dungirri 01 - Schwarze Dornen

Titel: Dungirri 01 - Schwarze Dornen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronwyn Parry
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er müsste hilflos herumsitzen, wahrscheinlich empfände er genauso. Selbst jetzt und obwohl er Tanya nicht kannte, spürte er den Zorn, der unter der Oberfläche seiner Selbstbeherrschung brodelte. Um wie viel intensiver das bei einem Vater sein musste, konnte er bestenfalls ahnen.
    Ryan betrachtete ihn stumm und wartete auf eine Reaktion, während Alec nach Worten suchte.
    »Ich werde Sie nicht beleidigen, indem ich behaupte, ich könne es Ihnen nachfühlen«, sagte er bedächtig, »denn ich habe keine Kinder, und ich kann es nicht. Ich kann Ihnen nicht sagen, was ich in dieser Situation tun oder empfinden würde. Ich hoffe nur, ich würde nicht vergessen, dass diese Art der Rache - und ich habe das mehr als einmal mit ansehen müssen - nicht hilft. Sie bringt niemanden zurück, macht nichts ungeschehen, vertreibt den Schmerz nicht.«
    Und Menschen werden verletzt , fügte er insgeheim hinzu. Wie Bella, die sich allein dem wütenden Mob entgegengestellt hatte, um Dan Chalmers zu schützen. Kein Wunder, dass ein entsetzlicher Schmerz in ihrem Blick lag
und sie sich vor der Welt zurückgezogen hatte. Die körperlichen Wunden waren verheilt, doch wie lange würde es dauern, bis sie wieder Vertrauen zu den Menschen fasste?

    Isabelle wünschte sich fort von hier, fort aus dieser Küche, die ihr einst so vertraut gewesen war und in der Beth sie aus großen, braunen Augen um Hoffnung und Trost anflehte. Die kleine Beth, das Mäuschen, die unter den Hänseleien der anderen Kinder in der Schule gelitten hatte, ohne dass ihre Warmherzigkeit dadurch Schaden genommen hatte, sie brauchte jetzt etwas von ihr, und Isabelle wusste nicht, ob sie noch imstande war, es zu geben.
    Wie konnte sie Beth trösten, wenn sie ihr eigenes Herz hatte verschließen müssen? Sie hatte erlebt, zu welchen Gewalttaten Menschen fähig waren, sie wusste, dass es keine Garantie gab, Tanya lebendig wiederzufinden. Ihr eigener Schmerz und ihre eigene Furcht waren schwer genug zu tragen, auch ohne dass sie Beths Leiden auf sich nahm.
    Der anheimelnde Duft von frischem Backwerk in der Küche stand in völligem Gegensatz zur Düsterheit ihrer Empfindungen. Immer noch stand der alte Holzofen da und strahlte eine Hitze aus, die das Unerträgliche der sommerlichen Temperaturen noch steigerte. Die Zeit verschwamm, und sie sah in ihrer Erinnerung den alten Schaukelstuhl vor ebendiesem Ofen stehen, sah sich selbst eingekuschelt auf dem Schoß des Vaters, wie sie beide dort nach dem Tod der Mutter die langen Nächte der Trauer durchwiegten.
    Wir schaffen das schon, Kleines , hörte sie ihn im Geiste flüstern. Wir machen uns gegenseitig stark und geben nicht
auf . Fast konnte sie seine Arme um sich spüren, das Gefühl von Geborgenheit, von Liebe und Schutz.
    Ich schaffe das nicht, Dad , schrie ihr Herz, doch sofort trat die unbeirrte Antwort, die er stets in seiner aufmunternden Art gegeben hatte, in ihre Gedanken: Doch, du schaffst das, Liebes .
    Eine Träne rann über Beths Wange. Und Isabelle fand die Kraft, die sie brauchte, und öffnete ihre Arme für die Freundin.
    »Es tut mir so leid«, schluchzte Beth an ihrer Schulter und ließ den Tränen freien Lauf. »Ich dürfte nicht …«
    »Ist schon gut - du darfst«, murmelte sie.
    Brennend stauten sich die Tränen hinter ihren Lidern. Es war nicht gerecht, dass das passierte - nicht Beth, der sanften Beth, die nie die Stimme erhob, nie jemandem Böses wollte. Sie war die Ausnahme von der Regel, ein Mensch, der nie im Zorn die Kontrolle über sich verlieren würde. Der alte Beschützerinstinkt, den sie dem jüngeren Mädchen gegenüber stets empfunden hatte, brachte aus dem kleinen Winkel ihres Herzens, den sie aufgeschlossen hatte, eine Woge des Mitgefühls und der Zuneigung an die Oberfläche.
    »Es ist nicht gut, wenn du allein bleibst. Soll ich eine von deinen Freundinnen verständigen?«, fragte sie, als Beths Schluchzer verebbten, und rang darum, sich auf das Praktische zu konzentrieren, um nicht von Zweifeln und Ängsten überwältigt zu werden.
    Beth zog eine Handvoll Papiertücher aus einer Schachtel auf der Arbeitsplatte und wischte sich die Augen ab. »Jeanie war die ganze letzte Nacht und heute Vormittag hier. Sie ist ein Schatz. Meine Eltern machen gerade ihre erste Überseereise, und unsere Freunde sind alle beim
SES und suchen die Gegend ab. Ein paar von den älteren Damen waren da und haben angeboten hierzubleiben, aber das wollte ich nicht, verstehst du? Das ganze vergangene Jahr war so

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