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Dungirri 01 - Schwarze Dornen

Titel: Dungirri 01 - Schwarze Dornen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronwyn Parry
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dieselbe Kleidung wie am Tag der Entführung. Ihre Haare waren ungepflegt, hatten wahrscheinlich seit Tagen weder Kamm noch Bürste gesehen. Sie waren mit Beruhigungsmitteln betäubt, wahrscheinlich die meiste Zeit über.«

    Sie wusste, was er meinte. »Wenn eine Frau ein Kind entführt, dann spielt gewöhnlich mütterliche Fürsorge eine Rolle. Neue Kleidung, Spielzeug oder Geschenke. Der Versuch, eine Beziehung aufzubauen. Aber bei Jess und Kasey gab es davon … nichts.«
    »Ganz genau.« Kurz vor dem Truck Stop Café bremste Alec. »Ich möchte Tanyas Weg abfahren. Das ist doch die Straße?«
    Er bog rechts ab, passierte die Schule, wendete dann und fuhr langsam die ganze Straße zum Festplatz entlang. Vorbei am Café, vorbei an den verlassenen Buden des heruntergekommenen Festplatzes, vorbei am ehemaligen Sägewerk, bis er schließlich vor dem Gatter der Zwischenweide anhielt.
    Isabelle wusste, dass Kris und die anderen den Weg gestern Abend genauestens abgesucht hatten, inklusive Festplatz und Sägewerk. Ob Tanya überhaupt bis hierher gekommen war?
    Alec ließ den Motor laufen und den Blick schweifen, während Isabelle auf die Zwischenweide starrte. Praktisch jeden Nachmittag war sie während ihrer Grundschulzeit hier durchspaziert.
    Das bisschen Gras, das trotz der Dürre wuchs, hatten Rinder und Wildtiere abgefressen und nicht viel mehr als Staub hinterlassen. Staub und Kuhfladen, stellte Isabelle fest. Eine Herde von fünfhundert Rindern ergab natürlich eine beträchtliche Hinterlassenschaft.
    Sie ließ den Blick über die wenigen Häuser entlang der Zwischenweide schweifen. Mehrere waren mit Brettern vernagelt, und vor einem steckte ein ausgeblichenes »Zu verkaufen«-Schild windschief im Boden. Auf dem Grundstück daneben ragten nur noch die Eckpfosten in
die Höhe - wohl eins der vielen Häuser, die man nach Birraga oder sonst wohin versetzt hatte, nachdem die Einwohnerzahlen in Dungirri mit der Schließung des Sägewerks rapide gesunken waren.
    Alles in allem hieß das, es hatte nicht viele Augen gegeben, die gestern Nachmittag hätten beobachten können, wie ein kleines Mädchen über die Zwischenweide lief.
    Sie löste den Sicherheitsgurt und stieß die Wagentür auf, bevor Alec sie mit einem festen Griff um den Arm zurückhielt.
    »Sie gehen nicht ins Freie, O’Connell.«
    Warm prickelte seine Hand auf ihrem nackten Unterarm. Sofort zog er sie zurück, fast als habe er sich verbrannt, doch sie spürte noch immer ihren Druck.
    »Ich muss mir die Zwischenweide ansehen.«
    »Matthews hat uns erklärt, dass dort gestern schon erfolglos gesucht wurde.«
    »Ja, aber wahrscheinlich wurde nur der direkte Weg vom Gatter zum Haus abgesucht. Ich glaube nicht, dass sie diesen Weg genommen hat.«
    Fragend kniff er die Augen zusammen, und sie bemühte sich, ihn zu überzeugen. »Als ich klein war, war das auch mein Heimweg. Kinder nehmen oft nicht den kürzesten Weg.«
    »Trotzdem will ich nicht, dass Sie da auf der Weide stehen - Sie wären ein leichtes Ziel.«
    Genervt machte sie eine Handbewegung nach hinten zur Straße. »Niemand folgt uns. Niemand weiß, dass wir hier sind. Außerdem ist es denkbar, dass der Schuss vorhin gar nicht mir galt - womöglich war er ungezielt. Und ich kenne die Gegend hier besser als irgendwer sonst.«

    Er zögerte lange, dann nickte er bedächtig. »Gut - aber nur ein paar Minuten. Und Sie bleiben dicht bei mir.«
    Auf der Zwischenweide ließ sie Finn von der Leine, denn sie wusste, er würde sich nicht weit von ihr entfernen. Aufgeregt wedelte er mit dem Schwanz, während er wie ein Welpe herumtollte und versuchte, allen interessanten Misthaufen und sonstigen Düften gleichzeitig hinterherzuschnüffeln. Sollte sich hier wirklich jemand verstecken, würde Finn es melden.
    »Dann sind Sie also mit acht auch hier langgegangen?«, wollte Alec von ihr wissen.
    »Ja - wenn das Gras kurz war. Die Schlangengefahr war zu groß, wenn es hoch stand. Aber das kam nicht oft vor.«
    Das Gatter im Rücken, sah sie sich um und schickte ihre Gedanken siebenundzwanzig Jahre in die Vergangenheit zurück. Die Zwischenweide umfasste fünfzehn Hektar, und das Land stieg sanft an bis zu einer Formation aus gewaltigen Granitfindlingen am Nordende. Hier und da standen uralte Eukalyptusbäume, die in der unbarmherzigen Sonne ein wenig Schatten spendeten. Das war ihr Spielplatz gewesen, ihr Abenteuerland. Wer brauchte schon einen Vergnügungspark, wenn man das offene Land hatte, ein paar Requisiten und

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