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Dungirri 01 - Schwarze Dornen

Titel: Dungirri 01 - Schwarze Dornen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronwyn Parry
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aber spürte sie instinktiv, dass sich hinter diesem trotzigen Stolz ein Leid und ein Gefühl des Betrogenseins verbargen, die auch heute noch, nach fünfzig Jahren, zu sehr schmerzten, um sie mit anderen zu teilen.
    Sie konnte ihr dieses Leid, dieses Betrogensein nachfühlen, und in ihrem Herzen verstand sie, weshalb Delphi alle Gefühle, ja die ganze Welt verbannen wollte. Sie hatte schließlich dasselbe getan. Wenn man nichts an sich heranließ, dann wurde man auch nicht verletzt.
    Doch ganz so einfach war es nicht. Man konnte zwar sein Herz verschließen, aber davon ging der Schmerz nicht weg, das sah sie jetzt in Delphis Blick, und im selben Moment erkannte sie, dass ihr eigenes Herz auf die Menschen, die sie umgaben, reagierte - erst Beth, nun Delphi.
    So viel zum Thema nichts an sich heranlassen.
    Aber was sollte sie tun? Sie hätten dir nicht verwehren dürfen, Mutter zu sein , wollte sie sagen und konnte es nicht. Nicht jetzt, nicht, wenn sie umständlich hätte erklären müssen, woher sie das wusste; nicht, wenn sie sich nicht stark genug fühlte, um Delphis Schmerz zu ertragen; nicht, wenn Tanya immer noch da draußen war und eine andere Mutter das Wenige brauchte, das sie geben konnte.
    Stattdessen verblüffte Isabelle sie beide, indem sie ihrer Tante einen schnellen Kuss auf die ledrige Wange drückte und ihr ins Ohr murmelte, sie werde wiederkommen. Als
sie ins Auto stieg, bemerkte sie, dass Delphi den Kuss nicht fortwischte, wie sie es eigentlich erwartet hätte.
    Alec hielt beim Fahren den Blick stur auf die Straße gerichtet, das Gesicht grimmig und verschlossen. Hatte Delphi ihn irgendwie beleidigt? Oder verdächtigte er sie, etwas mit Tanyas Entführung zu tun zu haben?
    »Ich habe sie nicht nach dem Baby gefragt«, sagte Isabelle nach ein paar Kilometern des Schweigens. »Meinen Sie, ich hätte es tun sollen?«
    Er zog eine Braue in die Höhe. »Aus ermittlungstechnischer Sicht, nein.«
    »Sie glauben nicht, dass sie es ist?«
    »Ich bin sicher, dass sie es nicht ist.«
    »Wie können Sie so sicher sein?«
    Er sah sie an. »Es passt nicht.«
    »Aber sie ist manchmal so … schwierig …«
    Sein Mundwinkel zuckte. »Ich bin auch manchmal schwierig. Aber das macht mich - oder Delphi - noch lange nicht zum Mörder.«
    Alec - schwierig? Dieses Wort hätte sie auf ihn nicht angewandt. Zumindest nicht in dem Sinn, wie es auf Delphi zutraf. Sie konnte sich gut vorstellen, dass er das, wovon er überzeugt war, verteidigte und sich nicht davon abbringen ließ, auch gegenüber seinen Vorgesetzten; dass er von seinen Leuten bedingungslosen Einsatz forderte und ihnen keinerlei Nachlässigkeit durchgehen ließ. Sie zweifelte nicht daran, dass er bisweilen zornig, kritisch, sogar grob werden konnte. Und doch nahm sie an, es müsse schon viel passieren, bis ihm der Kragen platzte. Alles, was er bis jetzt unternommen hatte, war kontrolliert gewesen. Kontrolliert, aber nicht kalt. Das Mitgefühl und die Einfühlsamkeit, mit denen er den Wilsons
begegnet war, bewiesen, dass unter seinem beherrschten, professionellen Äußeren ein reges, aktives Gefühlsleben existierte. Viel zu viele Cops schalteten ihre Gefühle aus, wurden durch den täglichen Kontakt mit den übelsten Vertretern der Spezies Mensch pessimistisch und zynisch. Aber Alec hatte es irgendwie geschafft, seine Gefühlswelt intakt zu halten, wenn er sie auch hinter der Maske des erfahrenen DCI verbarg.
    »Ihre Tante gefällt mir«, fuhr er fort. »Sie ist geradeheraus und macht keinen Hehl aus ihren Überzeugungen. Außerdem hat sie keineswegs einen Sprung in der Schüssel. Sie würde nie das Kind einer anderen für die eigene Tochter halten.«
    Isabelle erwiderte nichts, doch in ihrer Kehle steckte ein Hauch der Erleichterung, halb Seufzen, halb Schluchzen. Ihr war nicht bewusst gewesen, wie viel Angst sie davor gehabt hatte, die eigene Tante all die Jahre so völlig falsch eingeschätzt zu haben. Vor zwölf Monaten, bevor man sie zur Suche nach Jess abkommandiert hatte, hätte sie keine Sekunde an Delphi gezweifelt. Inzwischen aber zweifelte sie an sich und ihrem Urteilsvermögen beinahe ebenso sehr, wie sie der gesamten Menschheit misstraute.
    »Dann stehen wir also wieder am Anfang. Und jetzt?« Sie sprach ihre Gedanken laut aus.
    »Je mehr ich darüber nachdenke, desto zweifelhafter erscheint es mir, dass wir nach einer Frau suchen.« Sie erreichten den Ortsrand, und er schaltete einen Gang herunter. »Als man Kasey und Jess fand, trugen beide noch

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