Duniyas Gaben: Roman
verscheuchen , wi e jeman d a m frühe n Aben d Insekte n vertreibt.
»Waru m lügs t d u mic h an , Bosaaso? « fragt e sie . E r fuh r mit stumme r Gründlichkei t wi e ei n Fahrlehrer , de r einer Fahrschüleri n ei n Beispie l gibt . Un d si e beka m ei n Lächeln mit , da s vielleich t fü r si e bestimm t war , abe r verging , bevo r es richti g ausreifte , womöglic h ei n Ergebni s ihre r unerwarteten Frage . »Waru m meins t du , ic h würd e dic h anlügen? « wollt e er wissen.
Duniy a versan k i n tiefe s Schweigen , da s si e ein e ganz e W e ile umfange n hielt . Al s si e darau s wiede r auftauchte , sagt e sie:
»Wa s sol l dies e Abholerei , Bosaaso ? Bitt e sa g di e Wahrheit.«
»Waru m läß t d u dic h vo n mi r abholen? « fragt e e r zurück.
»Da s is t ein e dumm e Frage , d a dei n Angebo t meiner Annahm e ode r Ablehnun g v orausgeht. Meine Annahme des Geschenks der Fahrgelegenheit ist selbst ein Gegengeschenk. Dar f ic h nu n als o fragen , waru m d u mei n Geschenk annimmst?«
»Waru m zögers t du , etwa s vo n andere n anzunehmen?«
»Wei l unerbeten e Großzügigkei t etwa s a n sic h hat , da s ei n em das Gefühl gibt, verpflichtet zu sein, gefangen in einem Labyrint h de r Abhängigkeit . D u kenns t dic h i n diese n Dingen besse r aus , abe r habe n wi r i n de r Dritte n W e l t nich t unser Selbstvertraue n un d unsere n Stol z gerad e wege n der sogenannte n Hilf e verlore n , die wir ungefragt von der sogenannte n Erste n W e l t empfangen?« Schließlich erschien au f seine m Gesich t ei n fließende s Lächeln , s o träg e wie auslaufende s Eiweiß , un d e r sagt e nur : »E s zieh t mic h z u dir.«
Ers t al s e r einparkte , merkt e sie , da ß si e vo r ihre m Haus standen . Wohe r wußt e er , w o si e wohnte ? Si e lu d ih n nich t ein un d schlu g auc h kei n weitere s Treffe n vor . Geschichten verfolgen Zuhörer in ihre Verstecke, sagte sie sich. Bosaaso wa r ihr e Erzählun g geworden . »Danke« , sagt e sie.
Er blendete das Licht v ol l au f un d zo g dami t frühe Nachtfalte r an , di e hektisc h tanzte n un d i n irre r Unruh e gegen di e Scheinwerfe r stießen.
»Dan n gut e Nacht« , sagt e er , setzt e zurüc k un d verschwand. Si e winkt e ih m nich t zu.
MOGADISCH U (SONNA , MITTWOCH)
Übe r ei n Dutzen d Lände r de r Dritte n W e l t haben die Annahme vo n Molkereiprodukte n de r E U al s Tei l einer Entwicklungsspend e verweigert . Dies e Produkte , darunter Butte r un d Milch , sin d a n di e Gebernatio n zurückgeschickt worden , wei l si e aufgrun d de s Reaktorunfall s i n Tschernobyl i m Verdach t stehen , radioakti v verseuch t z u sein . Die Demokratisch e Republi k Somali a schließ t sic h de n Ländern an , di e dies e Produkt e zurückschicken . Ministe r de r EU beteuern jedoch, daß der Radioaktivitätsgehalt in diesen Molkereiprodukte n s o gerin g ist , da ß e r keine n Anla ß zur Besorgni s ode r ga r ein e gesundheitlich e Gefährdun g darstelle.
3
Duniy a verzehr t ei n vo n ihre r Tochte r Nasiib a zubereitetes Essen , un d di e be iden ergehen sich in Erinnerungen. Die junge Fra u erinner t sic h a n ihr e Kindheit , a n di e Zeit , bevo r Duniya ihren letzten Mann Taariq heiratete; Duniya erzählt von ihrer Heira t mi t de m Vate r ihre r jüngere n Tochter.
Eine n schwache n Nachhal l vo n Bosaaso s S timm e noc h im Ohr, drückte Duniya die Haustür auf. Genau in dem Augenblick gab es wieder Strom, und sie verspürte einen Anflu g vo n Freude . Doc h si e blie b a n de r Schwell e stehen, eine m Fußgänge r ähnlich , de r sic h anschickt , ein e gefährliche Hauptverkehrsst r aße zu überqueren. Dann aber hörte sie, wie eine Musik nach zögerlichem Start an Tempo und Lautstärke gewann . Als o mußt e Nasiib a z u Haus e sein ; de r au s de r Küche dringend e Knoblauchduns t bestätigt e ihr , da ß ihr e Tochter tatsächlic h d a un d mi t Koche n besch ä ftigt war.
I n ihre r aufgeregte n Has t verlo r Duniy a eine n Schuh. Daraufhi n bewegt e si e sic h ungleichmäßi g wi e ein e Hyäne, dere n Hinterläuf e kürze r sin d al s di e Vorderläufe . Si e schaltete de n Plattenspiele r ab , sicher , da ß di e Still e Nasiiba augenblicklic h i n s Zimme r treibe n würde . Si e blie b sitze n und wartete , z u keine r Entschuldigun g bereit . Schlan k un d nach Duniyas Meinung etwas anämisch aussehend, eilte Nasiiba herein , bereit , Strei t mi t ihre m
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