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Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Titel: Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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abgefunden hatte, daß ohnehin das Schlimmstmögliche passieren würde. Wie konnte ihn jetzt noch etwas überraschen.
    »Ich kann nicht bei dir bleiben«, sagte Vera. »Es war dumm von mir, überhaupt herzukommen.«
    »Du willst mich doch jetzt nicht hier allein lassen«, sagte er stockend.
    »Nicht für lange«, antwortete Vera. »Es muß sein. Keine Angst. Ich habe noch eine kleine Überraschung für ihn vorbereitet. Aber ich kann dich nicht begleiten. Nicht jetzt. Wenn er spürt, daß ich in der Nähe bin, dann wird er sich niemals zeigen. Er wird Katrin töten und auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Willst du das?«
    »Nein«, antwortete Jan.
    »Er ist nicht weit weg«, fuhr Vera fort. »Ich kann ihn spüren …«
    Nachdenklich drehte sie sich einmal im Kreis, machte zwei Schritte nach links und ging dann in die entgegengesetzte Richtung. Jan folgte ihr, bis sie vor einer schmalen, graugestrichenen Feuerschutztür angekommen waren. Sie war verschlossen.Jan wollte sich schon wieder umdrehen, aber Vera schüttelte hastig den Kopf, legte beide Hände auf den Türgriff und spannte die Muskeln an. Ein helles, scharfes Krachen ertönte, und in der nächsten Sekunde schwang die Tür auf. Der daumendicke Riegel aus Metall war glatt durchgebrochen.
    Vera streckte die Hand aus. Jan zog die Taschenlampe hervor, die er mitgenommen hatte, und reichte sie ihr. Vera schaltete die Lampe ein und ließ den Strahl in die Dunkelheit jenseits der Tür fallen. Jan erkannte nackte Betonwände und die ersten Stufen einer schmalen Treppe, die steil in die Tiefe führte. Ein muffiger, von Fäulnis durchtränkter Geruch schlug ihnen entgegen. Allein bei dem Gedanken, dort hinunterzusteigen, drehte sich Jan schier der Magen um.
    »Dort«, sagte Vera. Sie reichte ihm die Lampe. »Geh. Ich komme nach, sobald ich kann.«
    Jan griff ganz automatisch zu, und Vera drehte sich ohne ein weiteres Wort um und verschwand. Jan blieb allein zurück. Er hätte erleichtert sein sollen, aber das Gegenteil war der Fall. Er fühlte sich nicht unbedingt einsam, aber vollkommen hilflos. Seine linke Hand glitt in die Tasche und schloß sich um den Griff des silbernen Steak-Messers, das er darin trug. Die Berührung spendete keinen Trost. Sie gab ihm nicht einmal das Gefühl wenigstens trügerischer Sicherheit. Dieses Messer war lächerlich. Er hatte Vlad einmal mit einer Waffe aus Silber überrascht, aber darauf würde der Vampir bestimmt nicht noch einmal hereinfallen. Vlad würde ihn töten, so schnell und mühelos, wie er selbst ein Insekt zerquetschte.
    Aber er hatte keine Wahl.
    Jan trat auf die oberste Treppenstufe und zog die Tür hinter sich ins Schloß, soweit es der zerbrochene Riegel zuließ. Im blaßweißen Licht der Taschenlampe konnte er erkennen, daß die Treppe gute zehn oder zwölf Meter weit in die Tiefe führte, wo sie vor einer weiteren Metalltür endete. Wenn sie ebenfallsverschlossen war, dann war seine Rettungsexpedition zu Ende, noch bevor sie richtig begonnen hatte.
    Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Jan lief mit schnellen Schritten die Treppe hinunter, legte die Hand auf den Türgriff und versuchte ihn herunterzudrücken. Er bewegte sich nur einen knappen Zentimeter weit und blockierte dann. Die Tür war abgeschlossen.
    Für einen kurzen Moment war Jan regelrecht verzweifelt. So grausam konnte das Schicksal nicht sein! Er rüttelte noch einmal und mit größerer Kraft an der Tür. Diesmal bewegte sich der Griff ein kleines Stück weiter, und er glaubte zu spüren, wie sich im Innern der Tür etwas bewegte, knirschend und widerwillig, aber spürbar. Möglicherweise war sie gar nicht verschlossen, sondern lediglich so lange nicht mehr benutzt worden, daß der Mechanismus eingerostet war.
    Jan legte die Taschenlampe auf den Boden, griff mit beiden Händen zu und versuchte mit aller Kraft, die Türklinke hinunterzudrücken. Im ersten Moment rührte sich das rostige Metall nicht, aber in seiner gebrochenen rechten Hand erwachte ein scharfer Schmerz. Jan ignorierte ihn, biß die Zähne zusammen und verdoppelte seine Anstrengungen, und das Schloß – vielleicht auch die Knochen in seiner rechten Hand – zersprang mit einem peitschenden Knall, und Jan stürzte haltlos durch die aufschwingende Tür und fiel hart auf die Knie. Der Schmerz in seiner rechten Hand war grauenhaft. Jan krümmte sich, preßte die Hand gegen den Leib und versuchte die Übelkeit niederzukämpfen, die mit dem Schmerz gekommen war.
    Er wartete eine

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