Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Titel: Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
dem Geschmack seines eigenen Blutes im Mund und dem sicheren Gefühl, daß viel Zeit verstrichen sein mußte. Darüber hinaus sah er nur vollkommene Dunkelheit.
    Jan richtete sich auf und bedauerte die Bewegung schon, bevor der Schmerz zwischen seinen Schläfen in grellen Funken explodierte. Bunte Lichtblitze zuckten durch die Schwärze vor seinen Augen, und für einen Moment wurde der Schmerz so schlimm, daß ihm übel wurde. Dann erlosch der Schmerz wie abgeschaltet. Zurück blieb ein leichtes Brennen an seiner linken Schläfe; unangenehm, aber nicht quälend.
    Er setzte sich weiter auf, lauschte einen Moment in sich hinein und kam zu dem Schluß, daß er offensichtlich nicht schwer verletzt war. Ihm tat buchstäblich jeder Knochen im Leib weh, aber das war nach einem Sturz kopfüber die Treppe hinunter ja auch nicht weiter verwunderlich. Er schien sich jedoch weder einen Knochen gebrochen noch eine andere schwere Verletzung eingehandelt zu haben; so wie die Dinge lagen, war das wohl schon mehr, als er erwarten konnte.
    Wieso aber war er überhaupt die Treppe heruntergestürzt?
    Jan versuchte, sich an die letzten Augenblicke zu erinnern, die seiner Bewußtlosigkeit vorausgegangen waren, aber er konnte es nicht. Allerdings machte er sich keine großen Sorgen deswegen. Kurzzeitiger Gedächtnisverlust nach einem Schlag auf den Kopf war nichts Außergewöhnliches.
    Mehr Kopfzerbrechen bereitete ihm die Tatsache, daß er nichts sah. Aber er gestattete sich nicht, in Panik zu geraten: noch nicht. Er griff in die Tasche, grub nach dem Feuerzeug und ließ es aufflammen. Die winzige gelbe Flamme erhellte nur einen Umkreis von einem Meter oder weniger, aber er sah immerhin, daß er sich am Fuß der Treppe befand. Vor ihm setzte sich der Gang auf die gleiche Weise – nur ohne Stufen – fort, während die Treppe über ihm in der Dunkelheit verschwand, ohne daß er ihr Ende erkennen konnte. Jan schauderte, als er die Stufen betrachtete. Es war ein Wunder, daß er sich nicht den Schädel eingeschlagen oder das Genick gebrochen hatte.
    Das Metall des Feuerzeugs wurde schnell heiß. Jan ließ die Flamme erlöschen, ehe er sich den Daumen verbrannte, steckte das Feuerzeug ein und streckte die linke Hand aus, bis er auf rauhen Stein stieß. Sehr vorsichtig, aber zügig begann er die Treppe hinaufzugehen, wobei er die rechte Hand tastend nach vorne streckte und jederzeit darauf gefaßt war, auf Widerstand zu stoßen.
    Die Treppe war sehr viel länger, als er erwartet hatte. Jan zählte die Stufen nicht, aber es waren mehr als ein Dutzend; viel mehr. Und als er endlich die Tür erreichte, da … fühlte sie sich falsch an. Nicht wie lackiertes Eisen, sondern wie …
    Jan zog die Hand fast erschrocken zurück und zog mit der anderen das noch immer warme Feuerzeug aus der Tasche.
    Selbst als er die Tür im flackernden Licht der kleinen Feuerzeugflamme sah, fiel es ihm im ersten Moment schwer, zu glauben, was er sah.
    Es war keine grau oder sonstwie gestrichene Feuerschutztür, sondern ein mächtiges, halbrundes Tor, das aus gewaltigen, eisenhart gewordenen Bohlen gefertigt war, zwischen denen sich Feuchtigkeit und schmieriger Schimmel gesammelt hatte. Bevor das Feuerzeug wieder so heiß wurde, daß er es ausmachen mußte, konnte er noch erkennen, daß es schwere, rostzerfressene Beschläge aus schwarzem Eisen und dazu passende Ziernägel gab. Dann hüllte ihn die Dunkelheit wieder ein.
    Jan war verwirrt, gelinde gesagt. Dies war eindeutig nicht die Tür, durch die er oben getreten war, und das wiederum bedeutete, daß er nicht am Ende der Treppe aufgewacht war, die er dahinter entdeckt hatte. Und das wiederum bedeutete …
    Was eigentlich?
    Daß ihn jemand bewußtlos gefunden und weggeschleppt hatte, um ihn dann am Fuß einer anderen, nahezu identischen Treppe abzulegen? Was für ein Unsinn.
    Jan wartete ungeduldig ab, bis das Feuerzeug wieder ein wenig abgekühlt war, dann ließ er sich in die Hocke sinken und untersuchte in ein paar Sekunden die obersten drei oder vier Stufen. Diesmal blieb ihm wirklich nicht viel Zeit, ehe er Gefahr lief, sich die Finger zu verbrennen. Trotzdem fand er genau das, was er erwartet hatte: Auf der vierten Stufe klebte ein wenig angetrocknetes Blut. Dies hier war die Treppe, die er hinuntergestürzt war, ganz eindeutig.
    Woher aber kam die seltsame Tür?
    Jan fand nicht einmal die Spur einer Erklärung. Die einzige, die ihm nach einigem Nachdenken einfiel – nämlich, daß es sich bei diesem

Weitere Kostenlose Bücher