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Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel

Titel: Dunkel - Hohlbein, W: Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Treppenschacht um eine wirklich historische Anlage handelte und die Architekten dieser Anlage versucht hatten, die Rückseite der Tür entsprechend zu gestalten –, erschien ihm so grotesk, daß er sie sofort wieder verwarf.
    Außerdem hatte er im Moment ein anderes, viel dringlicheres Problem: Er fand auch im Dunkeln ohne große Mühe die Türklinke und drückte sie hinunter, aber die Tür rührte sich nicht. Sein kleiner Sabotageakt von vorhin schien nicht zu funktionieren.
    Jan versuchte es noch einmal und dann noch ein drittes Mal und mit aller Kraft, rüttelte und zerrte mit fast verzweifelter Gewalt einige Sekunden lang an der Tür und begann schließlich mit den Fäusten dagegen zu hämmern. Er schrie, zwei-, drei-, viermal und so laut er konnte, trat schließlich wuchtig gegen die Tür und gab seine Bemühungen dann auf.
    Es war sinnlos. Die Tür war so massiv, als wäre sie aus Stahl, und wenn die Bohlen auch nur annähernd so dick waren, wie er vermutete, dann mußte sie absolut schalldicht sein. Er konnte sich die Kehle aus dem Hals brüllen, ohne daß ihn jemand hörte, selbst wenn er direkt auf der anderen Seite stünde.
    Er war gefangen.
    Jan dachte diesen Gedanken vollkommen ohne Angst. Er sollte Angst haben. Er litt an Klaustrophobie, und nach dem, was er in den letzten Tagen erlebt hatte, hatte er angefangen, die Dunkelheit zu fürchten. Vielleicht spürte er keine Angst, gerade weil all diese Faktoren zusammenkamen. Etwas in ihm wußte genau, was passieren würde, wenn er sich selbst gestattete, in Panik zu geraten, und hatte die Notbremse gezogen.
    Er fragte sich, wie lange diese Betäubung wohl anhaltenwürde. Vielleicht wenigstens lange genug, bis er einen Weg hier heraus fand. Daß er ihn finden würde, stand für ihn unumstößlich fest. Alles andere war einfach undenkbar.
    Jan drehte sich herum, griff instinktiv nach dem Feuerzeug und zog die Hand dann wieder zurück. Er hatte keine Ahnung, wie lange er brauchen würde, um einen anderen Ausgang zu finden, und das Gas in dem einfachen Einwegfeuerzeug reichte wahrscheinlich nur für wenige Minuten. Außerdem war das Ding nun mal nicht als Lampenersatz gedacht und ging leicht kaputt, wenn man es überhitzte.
    Er tastete sich blind die Treppe hinunter, zählte dieses Mal die Stufen und erlebte eine weitere Überraschung: Es waren sechsundvierzig. Er befand sich mindestens fünfzehn Meter weit unter dem Rathaus, vermutlich noch tiefer, denn die Stufen waren ziemlich hoch.
    Allmählich wurde ihm doch mulmig zumute. Das war kein alter Keller, auf den man zufällig während Umbauarbeiten gestoßen war. Selbst für einen Teil der Kanalisation waren diese Gänge zu tief. Niemand verlegte ein Kanalisationssystem mehr als zwanzig Meter weit unter die Erde. Wo also war er?
    Jan erreichte das Ende der Treppe, ging noch zwei Schritte und leuchtete dann mit dem Feuerzeug. Er konnte nur wenige Schritte weit sehen: modrige Wände aus grob behauenen Steinquadern, die sich in nichts von dem unterschieden, was er zuvor gesehen hatte. Und auch die nächsten fünf- oder sechsmal, die er stehenblieb und das Feuerzeug benutzte, sah er nichts anderes.
    Der Gang schien kein Ende zu nehmen. Jan tastete sich mit der linken Hand an der Wand entlang und streckte die andere weit vor sich aus, um nicht gegen ein Hindernis zu stoßen, aber es war eine überflüssige Vorsichtsmaßnahme. Er traf so wenig auf ein Hindernis, wie die nackte Mauer neben ihm aufhörte. Seiner Rechnung nach mußte er mittlerweile einen guten halbenKilometer weit gelaufen sein. Irgendwann mußte dieser verdammte Gang doch enden!
    Er tat es, allerdings auf völlig andere Weise, als Jan erwartet hatte. Er machte noch drei weitere Schritte, und als er den Fuß zum vierten Mal senkte, war kein Boden mehr da. Er trat ins Leere, warf sich mit einer verzweifelten Bewegung zurück und verlor prompt das Gleichgewicht.
    Er verletzte sich nicht, als er fiel, aber der Aufprall war so hart, daß er sekundenlang benommen und mit hämmerndem Herzen liegenblieb, ehe er es wagte, sich behutsam wieder aufzurichten. Das war knapp gewesen! Eine halbe Sekunde später, und …
    Jan verscheuchte den Gedanken und drehte sich in eine kniende Haltung. Das Feuerzeug war ihm aus der Hand gefallen, und er tastete etliche Sekunden blind im Dunkeln herum, ehe er es wiederfand. Er drehte sich herum, suchte mit der Linken nach der Kante, die seiner Expedition ins Unbekannte um ein Haar ein jähes Ende bereitet hätte, und ließ das

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