Dunkel ist die Sonne
Stadium des roten Riesen erreichte. Nun war die Erde zu einem Mond geworden, der den Planeten umkreiste. Als dieser ausbrannte, wurde wieder ein anderer Planet benutzt, und danach noch einer.
Während dieser ganzen Zeit brachen die Kulturen des Menschen einige Male zusammen. Aber er hatte das Glück, jedes Mal, wenn sein Planet gerettet werden mußte, wieder auf dem Höhepunkt seiner Macht zu stehen.
Lange, lange vor dieser Zeit hatte die Materie ihre Grenzen erreicht und damit begonnen, zum Mittelpunkt aller Dinge zurückzustürzen. Sterne starben; Sterne wurden geboren. Endlich verwandelte sich die Sonne der Erde in einen schwarzen Zwerg. Man kann sie noch als winzigen dunklen Fleck vor der Glut der dichtgedrängt stehenden Sterne und der Gasmeere erkennen, wenn das Schwarze Tier nicht gerade am Himmel steht. Das Schwarze Tier ist übrigens eine riesige Wolke aus ausgebrannten Galaxien. Es taucht immer während der sehr langsamen Achsendrehung der Erde auf.“
Deyv sah zum Horizont hinüber. Dort war immer ein Streifen hellen Lichts zu sehen. Wenn das Schwarze Tier aus dem Blickfeld verschwunden war, flammte gewöhnlich der ganze Himmel auf, der dann hier und da mit einzelnen schwarzen Punkten oder größeren schwarzen Gebilden gesprenkelt war. Man sprach von ihnen manchmal als den Kindern des Schwarzen Tieres; die größten hatten auch Namen.
Deyv rang eine Weile nach Luft, bis er wieder etwas sagen konnte.
„Du meinst, es kommt einst die Zeit, wo die Sterne so eng nebeneinander stehen werden, daß sie mit ihrer Hitze oder irgendwelchen anderen Strahlen alles Leben auf der Erde vernichten?“
„Wenn das die Erdbeben nicht schon vorher besorgen. Der Einfluß vieler Himmelskörper, die ganz nahe bei der Erde stehen, ist nämlich für die Beben verantwortlich. Vulkanausbrüche – und was das ist, habe ich euch ja schon erklärt – wird es keine geben, weil der Erdmittelpunkt bereits abgekühlt ist. Eine Energiequelle, die sich die Alten zunutze machten, war nämlich der flüssige Nickel-Eisen-Kern unseres Planeten. Sie zapften ihn an, und heute ist der Kern kalt. Oder vielleicht sollte ich besser sagen, lauwarm. Außerdem bauten sie eine gewisse Menge des Kerns ab, weil er eben Nickel und Eisen enthielt. In den höhergelegenen Stufen der Erdschichten würde es so gut wie kein Eisen geben, wenn die Metalle nicht aus dem Kern nach oben geholt worden wären.“
„Wieviel Zeit bleibt uns noch?“ fragte Deyv.
„Nach eurer Rechnung vielleicht noch hundert Generationen. Diese Schätzung basiert allerdings auf dem Tod durch Wärme. Welchen Effekt die Erdbeben haben werden, kann ich nicht vorhersagen. Es kann sein, daß lange vorher die dicht gedrängt stehenden Sterne alles mit ihrem Licht verzehren. Vielleicht wird dieses Land aber auch bald so sehr erschüttert, daß das Leben auf ihm bei den folgenden Überschwemmungen verschluckt wird. Aber vielleicht versinkt auch alles einfach im Meer.“
Sloosh hatte erklärt, daß das ganze Land jetzt eine einzige Masse bildete. Einst, lange vor der Entstehung des Menschen, war dieses Land schon einmal eine einzige Masse gewesen und dann in einzelne Teile auseinandergebrochen. Diese waren über die Oberfläche des Planeten gewandert, hatten sich wieder verbunden und wieder geteilt, waren weiter gewandert und abermals zusammengewachsen. Einzelne Stücke waren gesunken und wieder aufgetaucht.
„Dieses Land erstreckt sich entlang des Äquators über den gesamten Planeten, aber die beiden Enden treffen sich nicht. Alles übrige ist Wasser. Nicht Salz-, sondern Süßwasser. Das letzte Volk der Alten hat das Salz aus dem Meer entfernt; das war vor vielleicht zweitausend Generationen. Es war auch nicht das erste Mal.“
Im Moment fühlte sich der Boden fest unter den Füßen an, und Deyv hatte nicht den Eindruck, daß etwas in Bewegung war. Wenn aber das, was Sloosh sagte, stimmte, dann stürzte er dem jähen Ende entgegen. Er selbst würde es nicht mehr erleben, aber seine Nachfahren. Oder, wenn er keine Kinder haben sollte, die Nachfahren seiner Brüder und Schwestern.
Vana hatte das alles schon von dem Archkerri gehört, als er noch in ihrem Stammesgebiet lebte. „Sloosh ist sehr weise, und er weiß viel“, meinte sie zu Deyv. „Aber er kann sich irren. Er ist weder Gott noch Göttin. Mein Schamane sagte, daß, wenn Sloosh recht hat, unsere Religion unrecht hätte. Darum muß Sloosh unrecht haben.“
„Aber er weiß alles über die Vergangenheit“, erwiderte
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