Dunkel ist die Sonne
einigen Aufruhr u n ter den Tsimmanbul. Die beiden hölzernen Tore gege n über dem Pfad, der über die Klippe zum Meer hinunte r führte, öffneten sich weit, und mehrere Krieger stürmten laut pfeifend herein. Der Schamane wurde gerufen, und er sprach einige Zeit mit den Kriegern. Dann führte er die gesamte Bevölkerung mit Ausnahme der Wächter durch das Tor. Die Zeit verging. Deyv wollte gerade Schlafe n gehen, als er die zurückkehrenden Eingeborenen laut miteinander reden hörte. Er stand auf und lauschte, wä h rend ihm die Frau eines Wächters erzählte, was gesch e hen war.
Mehrere Männer waren von der Jagd zurückgeko m men, als einer von ihnen etwa sechs Meter hinter der Klippenkante und zwölf Meter von der Einfriedung en t fernt einen großen Riß bemerkte. Die Untersuchung hatte gezeigt, daß das Erdbeben den ganzen Felsen gespalten hatte. Noch ein solches Beben, und der über dem Meer hängende Teil würde wahrscheinlich abbrechen.
Der Schamane warf seine Stöcke und schüttelte die Rassel. Würden die Götter entscheiden, daß es für die Dorfbewohner am besten war, sich zurückzuziehen, weit weg von dem Riß? Nein, sagte der Schamane nach einem Dutzend solcher Würfe. Die Götter sagten, daß es – noch – keine Gefahr gäbe.
Sechs Ruhezeiten darauf brachten die Leute, die auf dem Kriegspfad gewesen waren, noch einen Gefangenen mit, einen Yawtl. Er wurde in die Hütte gesteckt, die schon den vorherigen Feind aufgenommen hatte, und der riesige Leuchtkäfer wurde auch ihm gezeigt. Sloosh bat Deyv, einen der Wächter zu fragen, ob der gefangene Yawtl vielleicht Narakannetishaw sprach. Als der Wäc h ter dies bejahte, meinte Sloosh: „Ah ja, das hatte ich mir schon gedacht.“ Wieso, wollte er jedoch nicht sagen.
Es kam die Zeit, da der Yawtl schwarz angemalt und auf der Sänfte hinausgetragen wurde. Sloosh machte abermals einige Bemerkungen zu den Löchern in Brus t bein und Schädel.
Die Gefangenen sollten keine weitere Hinrichtung mehr erleben. Fetter Bulle teilte ihnen mit, daß sie, selbst wenn noch mehr Gefangene gemacht werden sollten, dem Gott als nächste würden ins Gesicht sehen müssen.
„Ihr beherrscht unsere Sprache nun gut genug.“
Er drehte sich um und schnippte mit den Fingern. Ein Wächter brachte einen Bambuskäfig, in dem sich neun riesige Leuchtkäfer befanden. Fetter Bulle nahm einen heraus und hielt ihn hoch, so daß sie ihn aus der Nähe sehen konnten. Das Insekt sträubte sich nicht, obwohl es seine Facettenaugen hin und her bewegte.
„Seht ihr den grünen Fleck auf dem Rücken?“ sagte der Schamane. „Paßt jetzt auf, wie ich das Leuchten des Schwanzes steuere. Ich lege meine Daumen auf den gr ü nen Fleck. Ich übe einen sanften Druck auf die Stelle aus.“
Der Schwanz des Insekts erstrahlte in einem ruhigen Licht, das stark genug war, um die in der Hütte her r schende Dämmerung zu vertreiben.
„Jetzt hebe ich den Daumen wieder. Der Leuchtkäfer wird sofort wieder dunkel. Er ist darauf dressiert, auf Druck zu reagieren. Wenn ihr nun den Daumen auf diese Stelle legen würdet, würde der Käfer so lange Licht au s strahlen, bis die Quelle erschöpft ist.
Aber seine Energie ist sehr groß, und ihr würdet sie nicht verbrauchen können. Seht jetzt genau zu, was ich tue. Achtet auf die Dauer der vier Lichtimpulse, die ich den Käfer abgeben lasse. Vier Einheiten von Licht, jede etwas größer als die vorhergehende. Mit etwas Übung werd et ihr Impulse von ganz bestimmter Dauer hervorr u fen können. Und dann werdet ihr lernen, wie man unsere Sprache spricht, ohne zu sprechen. Ihr werdet jedes Wort in eine bestimmte Zahl von Impulsen übersetzen, wodurch das Wort zu einer Menge von bestimmten Impulsen von ganz bestimmter Dauer werden wird. Versteht ihr?“
„Das ist leicht“, sagte Deyv. „Die Leuchtkäfer machen mit Licht das, was der Archkerri mit dem Ton macht. Wir alle haben reichlich Erfahrung mit seinem Gesu m me. Es wird uns keine Mühe machen, uns auf Lichti m pulse umzustellen.“
„Ausgezeichnet“, bemerkte Fetter Bulle. „Blauvogel-Frau hat euch unsere Sprache gelehrt, damit sie euch auch beibringen kann, wie man mit den Leuchtkäfern umgeht. Das Licht wird euch fast genauso geläufig we r den wie der Ton. Und dann werdet ihr die große Ehre haben, mit Phemropit sprechen zu dürfen.“
„Ich bin dieser Ehre nicht würdig“, sagte Hoozisst.
Der Tsimmanbul pfiff Gelächter. „Wenn das stimmt, dann können wir dich ja auch gleich töten.
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