Dunkel ist die Sonne
die Beleuchtung fast so schwach war wie sonst das Tageslicht, wenn das Schwarze Tier den Himmel bedeckte. Viele undeutliche Formen schwammen in der Luft herum. Sie glänzten matt, und dieses Glänzen machte den größten Teil des Lichts aus. Sie schimmerten in vielen Farben und waren wie Kaulquappen geformt. Sie drehten sich um sich selbst oder bäumten sich plötzlich auf.
Er überlegte noch, ob er, um eine Fackel zu holen, z u rückgehen oder, besser noch, ob er sich ganz von dem Raum fernhalten sollte. Da kam Vana hinzu, und durch ihre Gesellschaft ermutigt, beschloß er, sich die G e schöpfe näher anzusehen. Er hatte kaum die Schwelle überschritten, als eine der scharlachroten Gestalten auf ihn zuschnellte, sich drehte, kurz bevor sie ihn berührte, und den Schwanz herumwarf. Deyv schrie vor Schmerz auf und griff sich ans Gesicht.
Da rannte Vana in den Raum hinein und schrie: „Was ist los?“ Eine zweite Gestalt in Türkisblau wand sich auf sie zu und berührte flüchtig ihren Kopf. Stöhnend sank sie zu Boden. Deyvs Pein war ebenso schnell vergangen, wie sie gekommen war. Er beugte sich zu ihr hinab, um ihr wieder auf die Beine zu helfen, aber sie sagte: „Laß mich. Es ist alles in Ordnung.“
„Ich dachte, du seist verletzt.“
„Ganz und gar nicht“ , erwiderte sie. „Ich war wie in Ekstase. Schade, daß es schon wieder vorbei ist.“
Sie stand auf. „Wo ist das türkisfarbene Ding, das mich berührt hat? Ich wünschte, daß es das noch einmal täte. Ich hatte noch nie ein so phantastisches Gefühl.“
Deyv nahm ihren Arm und zog sie nach draußen.
„Ich weiß zwar nicht, was für Wesen das sind, aber sie sind gefährlich.“
Nachdem er ihr das zögernd gegebene Versprechen, nicht in den Raum zurückzugehen, abgenommen hatte, begab er sich wieder zu den anderen. Feersh erklärte ihm sofort, auf was sie da gestoßen waren.
„Die Shemibob besitzt viele künstliche Wesen der A l ten. Jener Raum enthält nur eine bestimmte Art. Sie wu r den von den gleichen gemacht, die auch die Seeleneie r bäume pflanzten, von denen nämlich, die beim Sturz des Planetoiden untergingen.“
„Wozu sind sie gut?“
Die Hexe zuckte mit den Achseln. „Was ist der Zweck einer jeden Kunst? Diese Wesen hier geben einem a n scheinend ein intensives Gefühl des Schmerzes oder der Freude, je nachdem, welches einen berührt. Auch ist es ein wahres Vergnügen, ihnen einfach nur von weitem beim Spiel zuzuschauen. Wenn man das eine Zeitlang tut, fallen einem irgendwann bestimmte Muster auf, die sie alle zusammen bilden.
Die Shemibob glaubte, daß ihnen auch eine therape u tische Wirkung zu eigen sein müßte. Aber um von dieser Wirkung etwas zu haben, muß man schon sehr stark sein. Sie pflegte sich manchmal so in den Raum zu stellen, daß sie gleichzeitig von einem Wesen, das Schmerz veru r sacht, und einem, das einen in Ekstase versetzt, berührt wurde. Wie sie sagte, konnte sie die einander entgege n gesetzten Empfindungen aber nicht lange ertragen. Aber wenn sie den Raum wieder verließ, hatte sie das Gefühl, ein wenig weiser geworden zu sein. Nicht auf intellekt u ellem Gebiet, sondern mehr auf emotionalem.
Ich begriff damals nicht, was sie meinte. Und ich leh n te ihre Einladung, den Raum ebenfalls zu betreten, ab. Ich hatte vor allem Angst, nur davor nicht, mich draußen hinzustellen und den Mustern zuzusehen.“
Sloosh machte einen Vorschlag. Von nun an sollte j e der, der an einen Raum geriet, in dem etwas war, das a u ßerhalb seiner Erfahrung lag, vom Betreten desselben Abstand nehmen.
„Die Kunst kann sowohl lohnend als auch gefährlich sein. Die Alten haben in ihrer Kunst beides zu einem vor ihnen – und nach ihnen – unbekannten Grade ve r feinert.“
Deyv und Vana gingen mit den Tieren hinaus, um auf der Zugbrücke zu Mittag zu essen. Anschließend b e schlossen sie, einen Spaziergang zu machen. Aber als sie die Brücke fast zur Hälfte überquert hatten, wurden sie durch etwas gebremst. Irgend etwas Unsichtbares und Unfaßbares hinderte sie daran, auch nur einen Schritt weiterzugehen.
Beunruhigt gingen sie zurück zu den anderen. Sloosh untersuchte die Schranke und kam auch nicht weiter als Deyv und Vana zuvor. Dann schickte er Deyv in den Burggraben hinunter. Als er halb hinübergeschwommen war, gelangte er an denselben unbeugsamen Widerstand. Er schwamm zurück und wurde mit Hilfe eines Seils an der steilen Wand des Grabens hochgezogen. Sie gingen zur Rückseite des Schlosses, und dieses
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