Dunkel ist die Sonne
anderen Aufzeichnungen vermischt. Bevor ich mit me i ner Befragung beginnen könnte, müßte ich wenigstens ungefähr die Gegend kennen, in der sich die Stämme aufhalten. Dann müßte ich noch die nicht relevanten D a ten aussortieren. All das würde eine Menge Zeit und A r beit bedeuten. Es wäre also eine Aufgabe, die praktisch aussichtslos wäre.
Dann kommt noch hinzu, daß die Erdstöße meine I n formanten in Verwirrung bringen. Sie sind einer ganzen Menge von dem, was ich als Lärm bezeichnen würde, ausgesetzt. Das Problem ist ähnlich schwerwiegend wie das der Bewegungslosigkeit, wenn auch nicht annähernd dasselbe. Die Weitergabe der Daten wird immer schwi e riger werden, und es wird sogar noch schlimmer ko m men, und zwar daher, weil die Erdbeben noch häufiger und noch stärker auftreten werden. Die Masse im Raum verdichtet sich mehr und mehr, und bei steigender Dichte wird auch der Druck auf den Planeten größer. Die Sh e mibob sagte mir, daß sie zwanzig tote Sterne kenne, die nicht weiter als – ich habe dir doch erzählt, was ein Lichtjahr ist?“
Deyv nickte und sagte: „Ja, ein Lichtjahr ist die Zeit, die das Licht braucht, um – “
„Es war nur eine rhetorische Frage; ich weiß, daß ich dir erzählt habe, was ein Lichtjahr ist. Wie dem auch sei, jedenfalls sind diese Sterne nicht weiter als ein Lichtjahr von der Erde entfernt. Es sind die Vorboten des Schwa r zen Tieres, und hinter ihnen stehen in einer weiteren En t fernung von nur einem Lichtjahr zehn davon. Und hinter diesen, nur zwei Lichtjahre entfernt, kommt ein ganzer Haufen. Und dahinter befindet sich die Hauptmasse des Schwarzen Tieres.“
Das Blättergesicht und der auf ein Summen b e schränkte Schnabel mochten vielleicht nicht immer so ausdrucksfähig sein wie Gesicht und Stimme des Me n schen. Aber Slooshens Erregung teilte sich in diesem Augenblick nur allzu deutlich mit. Bei Deyv verfehlte sie auch nicht ihre Wirkung. Er hatte das Gefühl, zum bald i gen Untergang verurteilt zu sein; das Ende war unsich t bar, aber von bedrückender Nähe.
„Überleg mal“, sagte Sloosh, „wie gut es war, daß ihr eure Reise aufgeschoben habt. Sonst wärt ihr nur in eure Heimat zurückgekehrt, um festzustellen, daß euer Volk weggezogen ist. Ihr hättet nicht die geringste Ahnung gehabt, wie ihr es hättet ausfindig machen können. Und wenn ihr hierher zurückgekommen wärt, wäre es vie l leicht zu spät gewesen. Das Tor wäre möglicherweise verschwunden oder nicht mehr zu sehen gewesen. Oder es hätte sich soweit verschoben haben können, daß es unerreichbar geworden wäre.“
Deyv fiel auf die Knie und begann laut zu klagen. Sein Stamm, seine Eltern – alles für immer verloren!
Nachdem er seine Tränen der Feuchtigkeit der Erde noch hinzugefügt hatte, so viele Tränen, bis er keine mehr hatte, lag er mit dem Gesicht nach unten ruhig da. Dann stellte ihn Slooshens halb mit Blättern besetzte Hand wieder auf die Füße.
„Vana hat sich immer noch nicht ganz von dem Er d beben erholt. Sie hat sich große Sorgen um das Baby und um das Leben in ihrem Leib gemacht. Ich würde ihr nichts sagen, bevor es ihr nicht wieder besser geht.“
Deyv rieb sich die Tränen aus den Augen und sagte: „Ich wollte eigentlich gleich zu ihr gehen und ihr alles erzählen. Aber ich werde warten und tun, wie du mir g e raten hast. Du bist sehr sensibel, Sloosh. Fast wie ein Mensch.“
„Ich nehme an, daß das ein Kompliment sein soll. Darum will ich es auch als ein solches auffassen, aber …“
Deyv hatte gehofft, seinen Bericht so lange aufschi e ben zu können, bis Vana sich richtig ausgeschlafen hätte. Er war jedoch nicht imstande, seinen Schmerz zu verbe r gen, wenngleich er nichts darüber verlauten ließ und sich so zu benehmen suchte, als ob nichts geschehen sei. Es hatte keinen Zweck. Vana wußte sofort, daß ihn irgend etwas aufgeregt hatte. Er leugnete es zuerst, aber sie hö r te nicht auf, ihm bohrende Fragen zu stellen, bis sie ihm schließlich auf den Kopf zusagte, daß er log. Das gefiel ihr nicht; sie waren immerhin verheiratet, seine Sorgen waren auch ihre Sorgen und umgekehrt. Wenn er ihr nicht die Wahrheit sagte, war er ein Shrinkell, ein kle i nes, Mist fressendes Tier, das einen widerwärtigen G e ruch von sich gab.
Deyv erzählte ihr, was ihn beunruhigte. Sie wurde blaß und begann zu schreien und wankte davon, um sich mit einem Messer ins eigene Fleisch zu schneiden. Er ging ihr nach, um ihr das Messer
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