Dunkel ueber Longmont
waren weder übermäßig gepflegt noch in Reihen gesetzt. Statt dessen wuchsen sie überall in wilder Fülle und großer Vielfalt, als sei der Boden so lebendig, daß er gar nicht anders konnte, denn sie alle in so großer Zahl an sich zu binden.
Seltsame Sträucher mit Blüten wie weiße Sterne verschlangen sich über ihren Köpfen zu einem Bogen, und Kletterpflanzen rankten sich an der gesamten steinernen Gartenmauer entlang, als wollten sie fliehen.
Der Garten breitete sich eine halbe Meile weit in alle Richtungen aus. Eine Wiese voller Blumen lag direkt vor ihnen, dahinter ein kleiner Hügel mit Fichten und fremd artigen Bäumen aus dem Süden und Osten.
Das war höchst eigentümlich: Orangen-und Zitronenbäume wuchsen an einem warmen Teich, Bäume, die den Winter hier nicht hätten überleben dürfen.
Hinter ihnen sah Gaborn andere Bäume mit seltsamen, haarähnlichen Blättern und langen Wedeln und verdrehten roten Ästen, die den nächtlichen Himmel zu durchharken schienen.
Durch die Wiese plätscherte ein kleiner Bach. Eine Hirschfamilie trank dort an einem kleinen Teich. Die fahlen Umrisse von Blumen und Kräutern schossen überall üppig blühend hervor.
Im Osten und im Westen erhoben sich exotische Wälder.
Selbst so spät am Abend, nach Sonnenuntergang, war die Luft vom Summen der Bienen erfüllt.
Gaborn atmete tief ein, und es schien, als strömten die Gerüche aller Wälder, aller Blumen-und Kräutergärten auf einmal in seine Lungen. Er hatte das Gefühl, diesen Duft für immer bei sich behalten zu können, und er schien jede Faser seines Seins zu kräftigen.
Alle Mattheit, aller Schmerz der vergangenen Tage wurde aus ihm herausgespült. Der Duft des Gartens war schwer.
Berauschend.
Bis zu diesem Augenblick, überlegte er, hatte er nie wirklich gelebt. Er verspürte kein Verlangen fortzugehen, hatte es nicht eilig aufzubrechen. Es war nicht so, als hörte die Zeit hier auf zu existieren. Nein, eher verspürte er ein Gefühl von…
Sicherheit. Als beschützte ihn das Land vor seinen Feinden, so wie es Binnesmans Pflanzen vor den Verheerungen des Winters schützte.
Binnesman bückte sich, streifte seine Schuhe ab und machte Gaborn und der Dienstmagd ein Zeichen, dasselbe zu tun.
Dies mußte der Garten des Zauberers sein, der sagenumwitterte Garten, den Binnesman, wie manche behaupteten, nur höchst selten verließ.
Vier Jahre zuvor, nach dem Tod des alten Zauberers Yarrow, hatten einige Gelehrte im Haus des Verstehens gewollt, daß Binnesman die Stellung des Lehrmeisters im Haus der Erdkräfte übernehme. Es handelte sich um eine Stellung von solchem Ansehen, die kaum ein Zauberer jemals abgelehnt hatte. Doch dann hatte Binnesman ein Kräuterbuch veröffentlicht und darin Kräuter beschrieben, die der Menschheit nützlich waren. Ein Erdwächter namens Hoewell hatte das Kräuterbuch kritisiert und behauptet, es enthalte zahlreiche Irrtümer; Binnesman habe mehrere seltene Kräuter falsch identifiziert und Abbildungen von Wegerich verkehrt herum hängend gezeichnet, zudem behaupte er, Safran – ein geheimnisvolles und wertvolles Gewürz, das von Inseln weit im Süden importiert wurde – stamme von einer bestimmten Blumensorte, wo doch in Wirklichkeit jeder wisse, daß es sich um eine Mischung aus Pollen handelte, die man aus den Schnäbeln nistender Kolibris gewann.
Einige schlugen sich auf Binnesmans Seite, Hoewell jedoch war nicht nur ein meisterhafter Gelehrter, sondern auch ein skrupelloser Intrigant. Irgendwie war es ihm gelungen, eine Zahl weniger bekannter Kräutersammler zu demütigen und zu verstimmen, obwohl seine magischen Kräfte, da er der Ausbildung nach Erdwächter war, der Schaffung magischer Gegenstände dienten ein Gebiet, das nichts mit Kräutern zu tun hatte. Dennoch brachte er durch seine hinterlistigen Winkelzüge eine Reihe prominenter Gelehrter auf seine Seite.
Binnesman hatte die Stellung als Lehrmeister im Saal der Erdkräfte also nie bekommen. Nun behaupteten manche Leute, Binnesman habe das Angebot aus Schamgefühl nicht angenommen, andere, daß seine Ernennung nie bestätigt worden sei. In Gaborns Augen deuteten Lügen und Gerüchte darauf hin, daß Hoewell an die Öffentlichkeit gegangen war, um sich selbst ins beste Licht zu rücken.
Dennoch wurde ein Gerücht laut, das sich hartnäckiger hielt als alle anderen, und dieses glaubte Gaborn: im Haus des Verstehens
tuschelten
einige
gute
Männer
hinter
vorgehaltener Hand, daß Binnesman, trotz der
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