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Dunkel ueber Longmont

Dunkel ueber Longmont

Titel: Dunkel ueber Longmont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Farland
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Bart.
    »Und wie gefällt es Euch? Wie gefällt Euch dieses Land?«
    Gaborn wollte sagen, daß er es bewunderte, daß er das Königreich über alle Maßen schön fand, stark und nahezu makellos, doch Binnesman sprach mit einem Unterton in seiner Stimme, legte einen solchen Respekt in das Wort Land, daß Gaborn spürte, sie sprachen nicht über dasselbe. Vielleicht aber doch. War dieser Garten nicht auch ein Teil von Heredon? Waren die exotischen, in den entlegenen Ecken der Welt gesammelten Bäume nicht Teil Heredons?
    »Ich fand es bewundernswert.«
    »Hm«, brummte Binnesman und warf einen Blick auf die Sträucher und die Bäume um ihn herum. »Das hier wird die Nacht nicht überdauern. Die Flammenweber, müßt Ihr wissen.
    Ihre Magie ist zerstörerisch, meine bewahrend. Sie dienen dem Feuer, und ihr Meister wird sie nur dann wieder menschliche Gestalt annehmen lassen, wenn sie den Flammen Nahrung geben. Was wäre besser geeignet als dieser Garten?«
    »Und Ihr? Werden sie Euch töten?« fragte Gaborn.
    »Das… steht nicht in ihrer Macht«, antwortete Binnesman.
    »Wir stehen an einem Wechsel der Jahreszeiten. Bald wird sich mein Gewand rot färben.«
    Gaborn überlegte, ob er das wörtlich meinte. Das Gewand des alten Mannes war von einem tiefen Grün, der Farbe des Laubs im Hochsommer. Konnte es von selbst die Farbe wechseln? »Ihr könntet mich begleiten«, bot Gaborn an. »Ich könnte Euch bei der Flucht helfen.«
    Binnesman schüttelte den Kopf. »Ich habe keinen Grund zu fliehen. Ich verfüge über einige Fertigkeiten als Arzt. Raj Ahten wird wollen, daß ich in seine Dienste trete.«
    »Werdet Ihr es tun?«
    Binnesman erwiderte leise: »Ich bin andere Verpflichtungen eingegangen.« Er sprach das Wort »Verpflichtungen« mit dem gleichen seltsamen Respekt im Tonfall aus, den er auch bei dem Wort »Land« benutzt hatte. »Aber Ihr, Gaborn Val Orden, müßt fliehen.«
    In diesem Augenblick vernahm Gaborn fernes Bellen, Knurren und heiseres Gekläff von Kampfhunden. Binnesmans Augen zuckten. »Habt keine Angst vor ihnen. Die Hunde können meine Sperre nicht durchbrechen. Die es versuchen, werden sterben.«
    In seiner Stimme lag eine gewisse Traurigkeit. Es tat ihm weh, die Mastiffs zu töten. Ächzend stieg er aus dem Bach, mit hängenden Schultern, als sei er besorgt. Zu Gaborns Überraschung bückte sich der Zauberer in der fast völligen Dunkelheit, pflückte eine Kletterpflanze am Rand des Wassers und bat Gaborn: »Macht Euren rechten Arm frei. Ich spüre die eiternde Wunde dort.«
    Gaborn tat wie gebeten, und Binnesman legte die Blätter auf die Wunde und hielt sie mit der Hand dort fest. Sofort begannen die Blätter, Hitze und Schmerz herauszuziehen.
    Vorsichtig rollte Gaborn den Ärmel wieder herunter, so daß das Hemd den Blätterumschlag festhielt.
    Im Plauderton fragte Binnesman sowohl Gaborn als auch die Küchenmagd: »Wie fühlt Ihr euch? Müde? Angespannt?
    Hungrig?«
    Er schlenderte über die Wiese los, bückte sich im Gehen dann und wann und pflückte ein Blättchen hier und eine Blüte dort. Gaborn staunte, daß er sie in der Dunkelheit überhaupt fand, doch es war, als hätte sich der Zauberer ihren Standort eingeprägt und wüßte genau, wo jede einzelne von ihnen wuchs. Eben noch hatte er Gaborns Füße mit Zitronengras eingerieben, kurz darauf mit etwas Würzigerem. Er pflückte drei Borretschblüten, deren blaue Blätter schwach im Dunkeln leuchteten, faßte jede der fünfblättrigen Blüten vorsichtig mit den Fingern und zog dann so daran, daß die schwarzen Staubfäden an den Blütenblättern hängenblieben. Er sagte Gaborn, er solle die honigsüßen Blütenblätter essen. Gaborn folgte seiner Aufforderung, dabei spürte er, wie ein plötzliche Woge der Ruhe von ihm Besitz ergriff, eine vollkommene Furchtlosigkeit, die er unter solch bedrückenden äußeren Umständen nie für möglich gehalten hätte.
    Der Kräutersammler gab dem Küchenmädchen ebenfalls Borretschblüten und dazu ein wenig Rosmarin, um die Müdigkeit zu bekämpfen.
    Dann schlenderte Binnesman gemächlich zu einem grasbewachsenen Hang, bückte sich und brach den Stengel einer blühenden Pflanze ab. »Augentrost«, erklärte er leise und nahm den Stengel in die Hand. Ein duftender, öliger Saft tropfte heraus, und Binnesman zog damit eine Linie über Gaborns Stirn sowie über seine Wangen.
    Plötzlich schienen die nächtlichen Schatten nicht mehr so tief zu sein, und Gaborn staunte. Er hatte Gaben des Augenlichts

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