Dunkel ueber Longmont
handelte es sich nicht um einen Kampf zwischen einfachen Sterblichen, in den er verwickelt war. Dies war das Feuer, das ihm nach dem Leben trachtete.
Dann liefen sie durch den Wald, über morastiges Gelände am Bach entlang. Bereits ein paar zweihundert Schritte den Hügel hinunter mündete der Wasserlauf in den Wye, und dort hoffte Gaborn eine Fluchtmöglichkeit zu finden. Die Magd und der Zauberer konnten mit seinem Tempo nicht mithalten.
Er sprang über ein paar niedrige Sträucher hinweg, und ein paar Augenblicke später erreichten sie eine kleine Kate mit weißgetünchtem, lehmbeworfenem Flechtwerk und einem Strohdach.
»Ich muß gehen und mein Saatgut retten«, zischte Binnesman. »Rowan, du kennst den Weg zur Mühle. Nimm Gaborn mit. Möge die Erde stets mit euch sein!«
»Kommt!« forderte ihn Rowan, die Magd, auf. »Hier entlang.«
Sie packte seinen Ärmel und zog ihn eine gepflasterte Straße entlang. Gaborn tat, was man von ihm verlangte, und lief mit einem wiedererwachten Gefühl der Dringlichkeit weiter.
In den Wiesen hinter sich hörte er Rufe. Noch immer hatte er seine Stiefel in der Hand und wurde sich mit jedem Schritt schmerzlich bewußt, daß er sie anziehen mußte, während Rowan ohne Schuhwerk unbekümmert über das holprige Pflaster lief, ohne etwas zu spüren.
Noch im Laufen staunte er… war voll von Verwunderung und unfähig, all das zu begreifen, was gerade geschehen war.
Er wollte stehenbleiben, sich Zeit zum Nachdenken nehmen.
Aber er wußte, im Augenblick war das zu gefährlich.
Am Rand des Gartens meinte Gaborn zu Rowan: »Warte, warte! Zieh deine Schuhe an, bevor du dir die Füße verletzt.«
Rowan blieb stehen, zog ihre Schuhe an, während Gaborn seine Stiefel überstreifte, dann liefen sie noch schneller weiter.
Sie rannte zum Gartentor hinaus, eine Straße entlang zu den Stallungen des Königs, einem gewaltigen Gebäude aus frischem Holz, und riß eine der Türen auf.
Ein Stallbursche, der gleich hinter der Tür im Haus schlief, schrie erschrocken auf, doch Gaborn und Rowan rannten weiter, vorbei an den Boxen der Pferde. Hier, in Bauchgurten von der Decke herabhängend, befanden sich Dutzende der Übereignerpferde des Königs Pferde, die ihrer Geistes-oder Körperkraft beraubt worden waren, ihrer Widerstandskraft oder ihres Stoffwechsels, damit die Kraftpferde des Königs über größere Stärke verfügten.
Rowan eilte an den Pferdeboxen vorüber und floh dann zur Hintertür hinaus. Hier wand sich ein Bach, derselbe, der auch den Garten des Zauberers durchquerte, durch einen morastigen Pferch, wo Pferde verängstigt stampften und wieherten. Der Wasserlauf floß unter einer hohen Steinmauer hindurch, der äußeren Mauer der Verteidigungsanlagen der Stadt.
Gaborn konnte das Bauwerk, das gut fünfzig Fuß hoch war, nicht ersteigen. Statt dessen zwängte Rowan sich unter der Mauer hindurch, wo die Steine über die Jahre verwittert waren. Das Schlupfloch war eng, zu eng für einen Krieger in Rüstung, aber das schlanke Mädchen und Gaborn quetschten sich hindurch und wurden dabei von dem eiskalten Wasser durchnäßt.
Von hier aus stürzte der Bach bergab, eine steile Böschung hinunter.
Ringsumher
am
Ufer
wuchsen
hohe
Weidensträucher.
Gaborn schaute nach oben. Direkt über ihnen war ein Bogenschütze postiert. Der blickte nach unten, sah sie fliehen und wandte sich in die entgegengesetzte Richtung ab.
Man hatte das Gelände hier, in der Nähe der Mauern, offen gelassen, damit die Bogenschützen, wenn nötig, von oben freies Schußfeld hatten. Gaborn hätte niemals von hier aus in die Burg hineinschleichen können – nicht ohne bemerkt zu werden.
Unterhalb der Weiden wurde der Hang sehr steil, führte in einen tiefen Birken-und Erlenwald hinein, der so dunkel war, daß Gaborn kaum etwas erkennen konnte. Es war jedoch nur ein kleines Wäldchen, ein kleiner, dreieckiger Hain, kaum vierhundert Schritte lang und zweihundert Schritte breit.
Nun konnte Gaborn zwischen den Bäumen den Fluß erkennen, breit und dunkel, und hörte seine leise gurgelnde Stimme.
Er blieb stehen, packte Rowan am Unterarm, damit sie anhielt. Auf der anderen Seite des Flusses bewegte sich etwas: Nomen und Frowth-Riesen, die in der Dunkelheit ihr Lager aufschlugen. Die Nomen waren schwarze gedrungene Schatten inmitten des Getreidefeldes, die mit den Klauen scharrten. Gaborn wußte, daß sie ihre Beute mit Vorliebe im Schein der Sterne aus den Bäumen ansprangen und des Nachts gut sehen
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